Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 52 O 15/20)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin vom 18. Februar 2020 - 52 O 15/20 - abgeändert:

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 3.000 EUR.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist entsprechend § 99 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 569 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Landgericht auf das sofortige Anerkenntnis der Antragsgegnerin hin in Anwendung von § 93 ZPO die Kosten dem Antragsteller auferlegt. Diese Ausnahmevorschrift greift nicht, denn die Antragsgegnerin hat Veranlassung zur Einleitung des Eilverfahrens gegeben, da das (zweite) vorgerichtliche Abmahnschreiben des Antragstellers vom 18. Dezember 2020 (Anlage A 6) nicht zu einer Unterwerfungserklärung der Antragsgegnerin geführt hat. Es greift daher die Regelvorschrift des § 91 ZPO, wonach die Antragsgegnerin als Unterliegende die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

1. Nach § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Die als erstes genannte Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin hat zur Einleitung des Eilverfahrens "Veranlassung" i.S. von § 93 ZPO gegeben. Allerdings gibt dies regelmäßig nicht schon, wer das Recht verletzt, sondern nur, wer trotz - ordnungsgemäßer - Abmahnung kein strafbewehrtes Unterlassungsversprechen abgibt (vgl. Senat, Beschl. v. 10.02.2014 - 5 W 19/13; OLG Koblenz WRP 2017, 1522, 1523; OLG Saarbrücken GRUR-RR 2018, 171, 172; Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 12 Rn. 5, m.w.N.). Der Schuldner eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs, der vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens nicht abgemahnt wurde, wird somit grundsätzlich so behandelt, als habe er keine Veranlassung zur Klage gegeben (BGH GRUR 2010, 257, Rn. 17 - Schubladenverfügung). Die Abmahnung erfüllt ihren Zweck freilich nur, wenn sie den Verletzer auch erreicht (Hess a.a.O. Rn. 19). Die Klageveranlassung i.S. von § 93 ZPO bedingt also regelmäßig die Nichtunterwerfung des Schuldners trotz ihm zugegangener vorgerichtlicher Abmahnung (vgl. nur BGH GRUR 2007, 629, Rn. 6 ff. - Zugang des Abmahnschreibens).

2. Danach hat das erste Abmahnschreiben vom 5. Dezember 2019 (Anlage A 4) allerdings keine Klageveranlassung seitens der sich nicht unterworfen habenden Antragsgegnerin ausgelöst. Denn nachdem die Antragsgegnerin den diesbezüglichen Zugang bestritten hat, ist davon auszugehen, dass ihr diese Abmahnung nicht zugegangen ist, weil der Antragsteller seiner diesbezüglichen sekundären Darlegungslast (vgl. dazu auch BGH GRUR 2007, 629, Rn. 12 - Zugang des Abmahnschreibens) nicht genügt hat. Denn er hat, nachdem er diese Abmahnung per Einschreiben/Rückschein abgeschickt hat (siehe Adressfeld in der Anlage A 4), nichts zum Schicksal des Rückscheins vorgetragen, namentlich dass er ihn mit ordnungsgemäßem Zustellvermerk zurückerhalten hätte. Im Übrigen war diese Abmahnung auch nicht an den Wohnsitz der Antragsgegnerin, sondern an die Anschrift "ihres" Eisschnelllaufvereins adressiert. Aus diesem Grund kann hier auch kein seitens der Antragsgegnerin fahrlässig bewirktes Zugangshindernis angenommen werden. Denn ohne weitere Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie mit einer Übersendung geschäftlich relevanter Post an diese Anschrift hätte rechnen und sonach dort Vorsorge treffen müssen, dass solche, dort eingehende Post sie auch erreicht. Der Antragsteller stützt sich nach allem zu Recht in seiner sofortigen Beschwerde auch nicht mehr auf dieses erste Abmahnschreiben, bezeichnet vielmehr dessen Aussendung als "fehlgeschlagen" und hält es für "einleuchtend", hier auch keinen Zugang zu fingieren.

3. Das zweite, wiederum per Einschreiben/Rückschein versandte und an die aktuelle Meldeanschrift der Antragsgegnerin adressierte, Abmahnschreiben vom 18. Dezember 2019 (Anlagen A 5, 6) ist der Antragsgegnerin gleichfalls nicht zugegangen. Das ist nach den Feststellungen des Landgerichts unstreitig und folgt auch aus dem Rückschein, wonach das Schreiben "nicht abgeholt" worden ist (Anlage A 7). Dieser Nichtzugang führt nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Streitfall aber ausnahmsweise nicht zur Verneinung der Klageveranlassung i.S. von § 93 ZPO.

a) Wird - wie hier - bei der als Einschreiben mit Rückschein versandten Abmahnung beim Schuldner niemand angetroffen und nur ein Benachrichtigungsschein hinterlassen, kann es zu Lasten des Schuldners gehen, wenn er es versäumt, die Sendung innerhalb der Lagerfrist von sieben Werktagen abzuholen (vgl. BGHZ 67, 271, 277 f.; KG [25.Zs] GRUR 1989, 618, 619 f.; Bornkamm in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 12 Rn. 1.45). So verhält es sich hier.

b...

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