Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafaussetzung zur Bewährung: Reststrafenaussetzung bei Betäubungsmitteltätern
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem Täter, der mit Betäubungsmitteln handelte, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob die mit einer vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft verbundene Verantwortung übernommen werden kann. Das gilt auch bei Ersttätern.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 04.01.2001; Aktenzeichen 18 VRs 69 Js 14/94 - 541 StVK 877/00) |
Gründe
Das Landgericht Berlin verurteilte den Beschwerdeführer am 16. September 1996 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln und zugleich unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren. Zwei Drittel der Strafe waren am 13. November 1999 verbüßt. Das Strafende ist auf den 14. Juli 2002 notiert. Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag des Verurteilten abgelehnt, die Vollstreckung der Reststrafe zur Bewährung auszusetzen. Die sofortige Beschwerde (§ 454 Abs. 3 Satz 1 StPO) des Verurteilten hat keinen Erfolg.
Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht angenommen, daß eine Reststrafenaussetzung nicht zu verantworten ist. Dem Beschwerdeführer kann eine günstige Prognose nicht gestellt werden (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB).
Auf den Grundsatz, daß bei einem Erstverbüßer besonders dann, wenn er sonst nicht oder wie der Beschwerdeführer nur geringfügig vorbelastet ist, im allgemeinen erwartet werden kann, der Strafvollzug übe auf ihn eine deutliche Wirkung aus und halte ihn von der Begehung weiterer Straftaten ab, kann sich der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg berufen. Der vorgenannte Grundsatz erfährt wegen der vom Gesetzgeber in den Vordergrund gestellten Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine Einschränkung, wenn besondere Umstände vorliegen. Denn in welchem Maße es wahrscheinlich sein muß, daß der Täter nicht wieder straffällig wird, hängt, von dem Gewicht der bedrohten Rechtsgüter und den Eigenheiten der Persönlichkeit des Verurteilten ab (vgl. KG, Beschluß vom 22. September 2000 - 5 Ws 635-637/00 -; Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., § 57 Rdn. 14). Danach ist bei einem Täter, der mit Betäubungsmitteln handelte, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob die mit einer vorzeitigen Entlassung aus der Strafhaft verbundene Verantwortung übernommen werden kann. Das gilt auch bei Ersttätern (vgl. KG, Beschlüsse vom 11. Dezember 2000 - 5 Ws 804/00 - und vom 29. Juli 1996 - 5 Ws 387/96 -).
Nach den Feststellungen des Landgerichts im Urteil vom 16. September 1996 war der Beschwerdeführer gemeinsam mit mehreren Mittätern daran beteiligt, in der Zeit von März bis Juni 1994 mindestens 300 g und mindestens 152 g Kokain gewinnbringend zu veräußern. Im Juli 1994 wirkte er daran mit, 610 g und 703,632 g Kokain durch Kuriere von Kolumbien nach Deutschland einschmuggeln zu lassen, damit das Rauschgift hier verkauft werden konnte. Die auch in den verhängten Einzelfreiheitsstrafen von vier Jahren und sechs Monaten und zweimal fünf Jahren zum Ausdruck kommende besondere Gefährlichkeit der innerhalb eines kurzen Zeitraumes begangenen Betäubungsmitteldelikte und die nicht zuletzt durch die gemeinschaftliche Begehungsweise gezeigte kriminelle Energie führen zu einem hohen Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit. Es erfordert, daß die durch die Tat offenbarten Charaktermängel des Beschwerdeführers behoben sein müssen, um eine günstige Prognose wagen und die Verantwortung für ein Gelingen der kritischen Probe in Freiheit übernehmen zu können. Damit wird nicht, wie in der Beschwerdebegründung vorgetragen, unzulässigerweise (vgl. BVerfG NStZ 1994, 53 = NJW 1994, 378) auf den Schuldgehalt der Tat abgehoben, sondern auf die Persönlichkeit des Beschwerdeführers, zu der auch die von ihm ausgehende Gefahr gehört (vgl. KG, Beschlüsse vom 29. Juni 1996- 5 Ws 387/96 - und 12. Januar 1996 - 5 Ws 528/95 -).
Tatsachen, die künftige Straffreiheit erwarten lassen, sind noch nicht in genügendem Maße vorhanden. Zwar hat sich der Beschwerdeführer, wie die Strafvollstreckungskammer dargelegt hat, im Vollzug beanstandungsfrei geführt und konnte seit dem 1. August 2000 zu selbständigen Vollzugslockerungen zugelassen werden. Insbesondere ist auch anzuerkennen, daß er sich offenbar mit Erfolg darum bemüht hat, seine zur Tatzeit bestehende Alkoholabhängigkeit zu überwinden. Gleichwohl liegen die aus den vorgenannten Gründen erforderlichen besonderen Anhaltspunkte für ein künftiges straffreies Leben des Verurteilten noch nicht vor. Derzeit ist ungewiß, ob und wie seine berufliche Integration zu erreichen sein wird; davon hängen jedoch seine künftigen wirtschaftlichen Verhältnisse ab. Ob sich seine persönlichen Verhältnisse, die sich wesentlich auf seine Beziehung zu seiner geschiedenen Ehefrau und den beiden gemeinsamen Söhnen stützen, künftig als tragfähig erweisen werden, vermag der Senat ebenf...