Leitsatz (amtlich)
1. Im Bereich behaupteter Störungen - etwa auch durch (Tritt-) Schallimmissionen - ist danach zu differenzieren, ob eine Handlungsstörerhaftung oder eine Zustandsstörerhaftung in Rede steht.
2. Überschreitet ein Wohnungseigentümer den zulässigen Gebrauch, indem er - etwa durch Vornahme baulicher oder sonstiger Veränderungen - eine die Grenze des § 14 Nr. 1 WEG übersteigende Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer verursacht, setzt er sich als Handlungsstörer Ansprüchen gem. §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 Abs. 1 BGB aus, die auf Unterlassung oder Beseitigung des Zustands gerichtet sein können, der die Einhaltung der von § 14 Nr. 1 WEG auferlegten Verpflichtung verhindert. Haftet ein Wohnungseigentümer hiernach auf Unterlassung oder Beseitigung der Störung, so muss die Auswahl unter den geeigneten Abwehrmaßnahmen grundsätzlich ihm überlassen bleiben
3. Hat der Wohnungseigentümer nicht selbst zumindest mittelbar die von einer in seinem Sondereigentum stehenden Einrichtung oder die von einer im Bereich seines Sondereigentums befindlichen Einrichtung des gemeinschaftlichen Eigentums ausgehende Beeinträchtigung verursacht, kann er nicht als Handlungsstörer in Anspruch genommen werden. Eine Rechtsnachfolge in Wiederherstellungsansprüche aus Handlungsstörung ist nicht anzuerkennen. Der betreffende Wohnungseigentümer kann in diesem Fall allenfalls Zustandsstörer sein.
4. Als Zustandsstörer haftet ein Wohnungseigentümer nicht auf Beseitigung einer störenden Einrichtung, sondern allenfalls auf Duldung der Beseitigung durch die Gemeinschaft. Bei dem Anspruch auf Duldung handelt es sich um einen von einem Beseitigungsanspruch zu unterscheidenden Verfahrensgegenstand; dieser steht grundsätzlich allein der Wohnungseigentümergemeinschaft zu. Die einzelnen beeinträchtigten Wohnungseigentümer können in diesem Fall nur eine ordnungsmäßige, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechende Verwaltung verlangen, die sich u.a. auf die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums richtet.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 05.09.2006; Aktenzeichen 85 T 180/06 WEG) |
AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 17.03.2006; Aktenzeichen 76 II 353/03 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller haben die Gerichtskosten dritter Instanz als Gesamtschuldner zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten dritter Instanz wird nicht angeordnet.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Verfahrensgegenstand in dritter Instanz ist, entsprechend dem vom LG in dem angefochtenen Beschl. v. 5.9.2006 - 85 T 180/06 WEG - abgeänderten Ausspruch zu II. des AG Schöneberg im Beschl. v. 17.3.2006 - 76 II 353/03 WEG -,
der Antrag der Antragsteller, die Antragsgegner zu verpflichten, den Boden ihrer unteren Wohnung (Sondereigentumseinheit Nr. 9) in der verfahrensgegenständlichen Wohnanlage vollständig mit einem weichfedernden Bodenbelag (textiler Fußbodenbelag oder anderer) zu versehen.
B. Die nach §§ 27, 29 FGG, § 45 WEG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, § 27 Abs. 1 Satz 1 FGG. Das LG hat in dem angefochtenen Beschluss zu Recht unter Abänderung des Beschlusses des AG Schöneberg den unter A. genannten Antrag der Antragsteller zurückgewiesen. Denn die Antragsgegner sind ggü. den Antragstellern nicht verpflichtet, den Boden des direkt oberhalb der Wohnung der Antragsteller gelegenen unteren Teils ihrer Maisonettewohnung - ganz oder auch nur teilweise - mit einem weichfedernden Bodenbelag zu versehen. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich insb. nicht aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG.
1. Gemäß § 14 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den im Sondereigentum und den im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Gebäudeteilen nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst. Im Bereich behaupteter Störungen - etwa auch durch (Tritt-) Schallimmissionen - muss hierbei danach differenziert werden, ob eine Handlungsstörerhaftung oder eine Zustandsstörerhaftung in Rede steht.
Überschreitet ein Wohnungseigentümer den zulässigen Gebrauch, indem er - etwa durch Vornahme baulicher oder sonstiger Veränderungen - eine die Grenze des § 14 Nr. 1 WEG übersteigende Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer verursacht, setzt er sich als Handlungsstörer Ansprüchen gem. §§ 15 Abs. 3 WEG, 1004 Abs. 1 BGB aus, die auf Unterlassung oder Beseitigung des Zustands gerichtet sein können, der die Einhaltung der von § 14 Nr. 1 WEG auferlegten Verpflichtung verhindert (BayObLGv. 28.12.2001 - 2Z BR 163/01, BayObLGReport 2002, 119 =NJW-RR 2002, 660, Rz. 10 nach juris; BayObLG WuM 2003, 481 (LS), Rz. 14 nach juris; OLG Düsseldorf ZMR 2002, 69, Rz. 16 nach juris; OLG Köln WuM 2001, 37, Rz. 5 nach ...