Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausnahmsweise Zulässigkeit der einfachen Beschwerde gegen die Anordnung des persönlichen Erscheinens zum Anhörungstermin
Leitsatz (amtlich)
Die einfache Beschwerde gegen die Anordnung des persönlichen Erscheinens zum Anhörungstermin in einem FGG-Verfahren ist ausnahmsweise dann zulässig, wenn durch die Verfahrensgestaltung eine Grundrechtsverletzung zu besorgen ist.
Normenkette
FGG §§ 19, 50a, 50b, 13 S. 2, § 12
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 19.05.2006; Aktenzeichen 149 F 14035/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Mutter gegen die Anordnung des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 19.5.2006, dass die Mutter zum Termin am 26.7.2006, 11.30 Uhr, persönlich zu erscheinen und die Kinder zwecks Anhörung mitzubringen habe, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde der Mutter richtet sich gegen die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens zum Anhörungstermin im Umgangsregelungsverfahren am 26.7.2006 und die Auflage, die Kinder zum Termin zwecks Anhörung mitzubringen. Die Ladung der Antragstellerin war formularmäßig mit der Androhung eines Zwangsgeldes verbunden für den Fall des unentschuldigten Nichterscheinens zum Termin.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gem. §§ 19, 50a, 50b, 13 Satz 2, 12 FGG zulässig.
Das Rechtsmittel richtet sich zwar gegen eine verfahrensleitende Zwischenverfügung des Gerichts, die in der Regel nicht anfechtbar ist, weil sie der Aufklärung des Sachverhalts dient und üblicherweise keine Rechtsbeeinträchtigung beinhaltet, so dass es eines besonderen Rechtsschutzes nicht bedarf (vgl. u.a. Keidel/Engelmann, FGG, 15. Aufl., § 50 Rz. 47; § 19 Rz. 9; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 19 Rz. 6 jeweils mit w.N.). Ob etwas anderes gilt, wenn die Anordnung des persönlichen Erscheinens und die Auflage, die Kinder zum Termin mitzubringen mit der Androhung eines Zwangsgeldes verbunden ist (vgl. zum Diskussionsstand insoweit Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 13, Rz. 7), bedarf hier keiner Entscheidung, denn die Beschwerde der Mutter richtet sich in ihrem Kern dagegen, dass sie persönlich zum Termin zu erscheinen und die Kinder mitbringen müsse.
Insoweit ist die Beschwerde ausnahmsweise gem. § 19 FGG zulässig, denn die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens mit ihren Kindern erheblich in ihre Rechte eingreife, da sie im Falle eines Zusammentreffens des Kindes J. mit dem Vater eine Beeinträchtigung des Kindeswohls befürchte, so dass ihr Elternrecht auf Erziehung und Pflicht zum Schutz des Kindes berührt sei (Art. 6 II GG). Ferner fühle sie sich selbst von dem Vater und seinen Freunden bedroht, so dass ihr Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit bedroht sei (Art. 2 I GG).
Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass verfahrensleitende Zwischenverfügungen ausnahmsweise mit der unbefristeten Beschwerde gem. § 19 FGG dann angefochten werden können, wenn sie bereits in nicht unerheblichem Maße in die Rechtssphäre eines Beteiligten eingreifen (Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 19, Rz. 6 jeweils mit w.N.). Denn auch das Verfahrensrecht hat den Grundrechtsschutz der Verfahrensbeteiligten zu beachten (BVerfGE, FamRZ 2004, 254, 355; 1981, 124).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, denn die angegriffene Verfügung des AG verletzt die Mutter nicht in ihren Grundrechten aus Art. 2 und 6 Abs. 2 Satz 1 GG.
Das AG ist gem. §§ 50b Abs. 1, 50a Abs. 1 FGG verpflichtet, das Kind und die Eltern anzuhören, wenn Gegenstand des Verfahrens das Personensorgerecht ist, zu dem auch das vorliegende Umgangsregelungsverfahren gehört. Es kann deshalb zu diesem Zweck das persönliche Erscheinen der Eltern anordnen und ihnen aufgeben, die Kinder zum Zwecke der Anhörung mitzubringen (§§ 12, 13 Satz 2 FGG). Von einer Anhörung darf es nur aus schwerwiegenden Gründen absehen (§§ 50a Abs. 3, 50b Abs. 3 FGG).
Die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Gründe rechtfertigen bisher nicht das Absehen von einer persönlichen Anhörung.
Soweit die Mutter hier greifbar darlegt, dass schwerwiegende Gründe gegen eine gemeinsame Anhörung mit dem Vater sprechen könnten, da sie selbst schon vom Vater misshandelt worden ist und J. sich wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs durch den Vater in Therapie befindet, so dass er des besonderen Schutzes bedarf, obliegt es dem pflichtgemäßen Ermessen des amtierenden Richters das Verfahren so zu gestalten, dass es geeignet ist, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu erlangen unter Wahrung der Grundrechte der Verfahrensbeteiligten (BVerfGE, FamRZ 2004, 254, 355; 1981, 124; vgl. zu den Anforderungen an die Verfahrensgestaltung in Umgangsregelungsfällen bei häuslicher Gewalt, Ehinger FPR 2006, 171 ff.).
Aus der Stellungnahme des AG zur Beschwerde der Mutter vom 14.7.2006 ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der amtierende Richter dieser Verpflichtung nicht unter Berücksichtigung des Grundrechtsschutzes der Verfahrensbeteiligten nach pflichtgemäßem Ermessen nac...