Leitsatz (amtlich)
1. a) Wenn das Ehescheidungsverfahren vor einem inländischen Gericht geführt wurde, besteht für eine Güterrechtssache eine internationale (Annex-) Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5 Abs. 1 EuGüVO. Dabei müssen Güterrechts- und Ehesache nicht im gleichen Verfahren betrieben werden, sondern die Zuständigkeit nach Art. 5 Abs. 1 EuGüVO ist auch dann gegeben, wenn die Güterrechtssache in einem gesonderten Verfahren, unabhängig von der Ehesache, anhängig gemacht wird.
b) Nach Art. 69 EuGüVO ist getrennt zu prüfen, ob die EuGüVO in Bezug auf die internationale Zuständigkeit anwendbar ist (Art. 69 Abs. 1 EuGüVO) sowie - in einem zweiten Schritt -, ob sie auch hinsichtlich des anwendbaren Rechts gilt (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO).
2. Wenn der Beteiligte einer Beurkundungsverhandlung gegenüber dem beurkundenden Notar unzutreffende Angaben zu seinen Sprachkenntnissen macht, sich der Notar aufgrund dieser Angaben eine (möglicherweise unzutreffende) Überzeugung von den Sprachkenntnissen des Beteiligten verschafft und der Beteiligte im Verlauf der Beurkundung auch nicht auf seine (angeblich) fehlenden bzw. unzureichenden Sprachkenntnisse aufmerksam macht, muss der Beteiligte die vom beurkundenden Notar getroffenen, in der Urkunde vermerkten Feststellungen gegen sich gelten lassen mit der Folge, dass es ihm in einem nachfolgenden Rechtsstreit verwehrt ist, aus diesem Umstand Bedenken in Bezug auf die Gültigkeit des notariell beurkundeten Ehevertrags herzuleiten (Bejahung der Kenntnis der thailändische Amtssprache, obwohl angeblich nur ein thailändischer Regionaldialekt beherrscht werden soll).
3. Von einer Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages kann im Allgemeinen nicht ausgegangen werden, wenn:
a) der vereinbarte modifizierte Zugewinnausgleich, wonach es bei einer Beendigung der Ehe durch Tod eines Ehegatten bei den gesetzlichen Bestimmungen sein Bewenden haben soll, wohingegen im Scheidungsfall kein Zugewinnausgleich erfolgen soll, dazu dient, im Scheidungsfall den Bestand des (kleinen) Unternehmens eines der beiden Ehegatten abzusichern, das für diesen Ehegatten dessen Lebensgrundlage und alleinige Altersvorsorge darstellt und dessen Bestand deshalb nicht durch eventuelle Ausgleichszahlungen gefährdet werden soll;
b) der vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles ausschließlich dem wirtschaftlich schwächeren Ehegatten zugutekommt, weil der andere, als Unternehmer selbständig erwerbstätige Ehegatte keinerlei spezifische Altersvorsorge betrieben hat und dies auch künftig nicht beabsichtigt, wohingegen der wirtschaftlich schwächere Ehegatte aufgrund einer abhängigen Erwerbstätigkeit bzw. aufgrund der Betreuung eventueller, aus der Ehe hervorgehender Kinder Versorgungsanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben soll (und auch tatsächlich erworben hat), die ihm im Scheidungsfall auf diese Weise ungeschmälert erhalten bleiben;
c) der vereinbarte Ausschluss nachehelicher Unterhaltsansprüche die Unterhaltsansprüche wegen Kinderbetreuung und wegen Alters nach §§ 1570, 1571 BGB und damit solche Unterhaltsansprüche vom vereinbarten nachehelichen Unterhaltsverzicht ausnimmt, die nach der Kernbereichslehre des Bundesgerichtshofs an erster und zweiter Stelle rangieren. Dass die vom Unterhaltsausschluss ausgenommenen Unterhaltsansprüche im Hinblick auf Höhe und Dauer beschränkt werden, ist unschädlich, wenn die Beschränkung insgesamt maßvoll ausfällt und sich an den "Eckwerten" des früheren, bis zur Unterhaltsrechtsreform üblichen "Altersphasenmodells" orientiert;
d) die verbliebenen Nachteile aus dem Ehevertrag zugunsten des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten durch eine angemessene Abfindungsleistung kompensiert werden, deren Höhe sich an dem letzten, vom wirtschaftlich schwächeren Ehegatten unmittelbar vor der Eheschließung erzielten monatlichen Erwerbseinkommen orientiert und sich in einer Größenordnung von grob etwa 75% des monatlichen Durchschnittseinkommen im Heimatland des betreffenden Ehegatten im Zeitpunkt des Ehevertragsabschlusses bewegt, wenn dieser Ehegatte - dem Ehevertrag zufolge - im Scheidungsfall beabsichtigt, in sein Heimatland zurückzukehren.
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Aktenzeichen 23 F 4007/21) |
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin, ihr Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverfolgung in zweiter Instanz gegen den am 19. Januar 2022 verkündeten Teilbeschluss des Amtsgerichts Pankow - 23 F 4007/21 - gemäß ihrem Beschwerdeantrag vom 17. März 2022 zu gewähren, wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverfolgung in zweiter Instanz für die von ihr am 17. März 2022 angebrachte Beschwerde gegen den am 19. Januar 2022 verkündeten Teilbeschluss, mit der ihr (Stufen-) Antrag zurückgewiesen wurde, den Antragsgegner zu verpflichten, im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung bestimmte Auskünfte zu erteilen und die zu erte...