Leitsatz (amtlich)
Ist nach einem Anerkenntnis des Beklagten streitig, ob er Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat, so trifft den Beklagten die Beweislast für die fehlende Klageveranlassung (im Anschluss an BGH NJW 2007, 36,45 = MDR 2007, 1162).
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 13.03.2015; Aktenzeichen 21 O 385/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 13.3.2015 gegen den Beschluss der Zivilkammer 21 des LG Berlin - 21 O 385/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf bis zu 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 91a Abs. 2, 569 ZPO zulässige Beschwerde der Beklagten ist unbegründet.
Das LG hat, nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu Recht der Beklagten auferlegt. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung sowie den Nichtabhilfebeschluss vom 24.3.2015 Bezug genommen, die durch die Beschwerdegründe nicht entkräftet worden sind.
Ohne Erfolg macht die Beklagte mit der Beschwerde geltend, dass das LG sich rechtsfehlerhaft auf die Entscheidung des BGH v. 21.12.2006 - I ZB 17/06, MDR 2007, 1162 = NJW 2007, 3645 gestützt habe, der diese Beweisregeln für den Fall eines Unterlassungsanspruches im Wettbewerbsrecht aufgestellt hat und auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar seien. Sie argumentiert damit, dass der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs zuvor eine Rechtsverletzung begangen habe bzw. eine solche unmittelbar bevorgestanden habe, so dass der Schuldner in jedem Falle um das Vorliegen der Voraussetzungen eines solchen Anspruches wisse. Vorliegend habe die Beklagte vor Zustellung der Klage keine Kenntnis von einer fälligen Zahlungsaufforderung gehabt.
Diese Ansicht der Beklagten geht fehl, weil es für die Kostenentscheidung nicht auf die materielle Rechtslage ankommt (vgl. OLG Frankfurt Beschl. v. 25.1.1995 - 19 W 18/94, NJW-RR 1996, 62), sondern über die Kosten nach § 91a ZPO unter Berücksichtigung des Anerkenntnisses der Beklagten zu entscheiden ist. Im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO sind die allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen zugrunde zu legen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 91a ZPO, Rz. 24 ff.).
Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen; dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Beklagte aufgrund eines Anerkenntnisses in der Hauptsache unterliegt. Hiervon macht § 93 ZPO eine Ausnahme zugunsten des Beklagten, wenn dieser keine Veranlassung zur Klage gegeben und den geltend gemachten Anspruch sofort anerkannt hat. In diesem Fall sind dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, obwohl er in der Hauptsache obsiegt. Ist nach einem Anerkenntnis des Beklagten streitig, ob er Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben hat, so trifft ihn die Beweislast für die fehlende Klageveranlassung (vgl. BGH Beschl. v. 21.12.2006 - I ZB 17/06, a.a.O., Tz. 11 m.w.N.; vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 62; vgl. Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 93 ZPO Rz. 5 Stichwort "Beweislast"; Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. 12015, § 93 ZPO Rz. 2; Münchener Kommentar(/Schulz, ZPO, 4. Aufl., § 93 ZPO Rz. 9; Bork in Stein/Jonas; ZPO, 22. Aufl., § 93 ZPO Rz. 16 jeweils mit weiteren Nachweisen). Denn nach den allgemeinen Beweisregeln muss diejenige Partei, die sich auf einen Ausnahmetatbestand zu ihren Gunsten beruft, dessen Tatbestandsvoraussetzungen darlegen und beweisen (vgl. BGH, Urt. v. 18.7.2003 - V ZR 431/02, NJW-RR 2003, 1432). Dementsprechend obliegt der Beklagten die Darlegungs- und Beweislast für die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 ZPO, wie das LG zu Recht angenommen hat.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Beklagte darzulegen und zu beweisen hat, dass sie das vorprozessuale Aufforderungsschreiben des Klägers vom 14.8.2014, mit dem die Beklagte in Verzug gesetzt worden ist und woraus sich die Klageveranlassung ergibt, nicht erhalten hat. Bei der Ausgestaltung der den Beklagten treffenden Darlegungs- und Beweislast ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich insoweit um eine negative Tatsache handelt (hier: kein Zugang des Aufforderungsschreibens). Dies führt nicht zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast, sondern nur zu einer sekundären Darlegungslast des Klägers. Im Anschluss daran muss jedoch die darlegungspflichtige Partei ihren Vortrag konkretisieren und detailliert unter Beweisantritt auf das Bestreiten der Gegenpartei eingehen (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.2006 - I ZB 17/06, a.a.O., Tz. 12; vgl. auch BGHZ 100,190).
Der Kläger ist seiner sekundären Beweislast hinsichtlich der Absendung und des Zugangs des Aufforderungsschreibens ausreichend nachgekommen und hat ferner substantiiert vorgetragen, dass die Beklagte die Annahme der Sendung verweigert hat. Danach ist die Beklagte s...