Leitsatz (amtlich)
1. Die In-Vitro-Fertilisation (IVF) in Kombination mit einer intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) ist eine medizinisch anerkannte Methode zur Überwindung der Sterilität eines Mannes.
2. Die Aufwendungen hierfür sind nach gefestigter Rechtsprechung des BGH als medizinisch notwendige Heilbehandlung von der privaten Krankenversicherung aber nur dann zu erstatten, wenn die Maßnahme hinreichenden Erfolg verspricht. Bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht ist von der durch das IVF-Register seit 1982 umfassend dokumentierten Erfolgswahrscheinlichkeit der Behandlungen in Abhängigkeit vom Lebensalter der Frau auszugehen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, inwieweit individuelle Faktoren die Einordnung der Frau in die ihrem Lebensalter entsprechende Altersgruppe rechtfertigen, ob also ihre persönlichen Erfolgsaussichten höher oder niedriger einzuschätzen sind als die im IVF-Register für ihre Altersgruppe ermittelten Durchschnittswerte. Von einer nicht mehr ausreichenden Erfolgsaussicht ist dann auszugehen, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Embryotransfer zur gewünschten Schwangerschaft führt, signifikant absinkt und eine Erfolgsaussicht von 15 % nicht mehr erreicht wird (BGH, Urt. v. 3.3.2004 - IV ZR 25/03 VersR 2004, 588; Urt. v. 21.9.2005 - IV ZR 113/04, VersR 2005, 1673).
3. Auf die Feststellung der Erfolgsaussicht von mindestens 15 % kann auch angesichts der medizinischen Fortschritte im Bereich der künstlichen Befruchtung nicht verzichtet werden, da sich diese auch auf die statistische Erfolgsquote auswirken würden.
4. Bei einer zum Zeitpunkt der künstlichen Befruchtungsversuche 44-45-jährigen Frau müssen daher aufgrund sachverständiger Feststellungen Umstände festgestellt werden können, die die in dieser Altersgruppe unter 15 % liegende Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 07.12.2010; Aktenzeichen 7 O 301/08) |
Tenor
In dem Rechtsstreit S../. L.-K.-AG wird der Kläger gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer 7 des LG Berlin vom 7.12.2010 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung des Klägers nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind erfüllt, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordern.
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet, da dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten der in den Jahren 2007/2008 durchgeführten Kinderwunschbehandlung - mehrere Behandlungszyklen einer homologen In-Vitro-Fertilisation (IVF) mit intracytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI) - i.H.v. 17.706,86 EUR nebst außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.253,78 EUR nicht zusteht. Denn er hat nicht bewiesen, dass es sich bei den durchgeführten Behandlungen um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung handelte.
Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Vielmehr hat das LG unter zutreffender Anwendung der im angefochtenen Urteil zitierten Rechtsprechung des BGH, der auch der Senat folgt, über die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs ausreichend Beweis durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens Beweis erhoben und dieses unter Berücksichtigung der Einwendungen des Klägers zutreffend gewürdigt.
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass nach den - nicht eingereichten - vereinbarten Bedingungen des zwischen ihnen bestehenden Krankheitskostenversicherungsvertrags wie in den einschlägigen Musterbedingungen Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen ist. Die In-Vitro-Fertilisation (IVF) in Kombination mit einer intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) ist eine medizinisch anerkannte Methode zur Überwindung der Sterilität eines Mannes, die bei dem Kläger unstreitig vorliegt. Die Aufwendungen hierfür sind nach gefestigter Rechtsprechung des BGH als medizinisch notwendige Heilbehandlung von der privaten Krankenversicherung aber nur dann zu erstatten, wenn die Maßnahme hinreichenden Erfolg verspricht. Bei der Beurteilung der Erfolgsaussicht ist von der durch das IVF-Register seit 1982 umfassend dokumentierten Erfolgswahrscheinlichkeit der Behandlungen in Abhängigkeit vom Lebensalter der Frau auszugehen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, inwieweit individuelle Faktoren die Einordnung der Frau in die ihrem Lebensalter entsprechende Altersgruppe rechtfertigen, ob also ihre persönlichen Erfolgsaussichten höher oder niedriger einzuschätzen sind als die im IVF-Register für ihre Altersgruppe ermittelten Durchschnittswerte. Von einer nicht mehr ausrei...