Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 29 O 49/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten vom 29.10.2019 wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 16.08.2019 - 29 O 49/18 - geändert wie folgt:
Der Streitwert wird auf EUR 25.625,00 festgesetzt. Der Vergleichswert übersteigt den Streitwert um EUR 10.125,00.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
l. Der Kläger macht gegen die Beklagte als Bauträgerin einen Anspruch auf Zustimmung zur Übertragung des Eigentums hinsichtlich einer von ihm erworbenen Wohnung und eines Stellplatzes sowie die Bewilligung der Eintragung dieser Rechtsänderungen im Grundbuch geltend.
Der Kläger hat auf den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von insgesamt EUR 374.500,00 einen Betrag von EUR 355.775,00 bezahlt und die restlichen 5 % (EUR 18.725,00) bzw. einen restlichen Kaufpreisanteil als Sicherheit wegen Mängeln am Sondereigentum einbehalten. Am 24.06.2019 haben die Parteien sich verglichen. Am 16.08.2019 hat das Landgericht den Streitwert auf EUR 374.500,00 festgesetzt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beklagten mit dem Antrag, den Streitwert auf EUR 18.725,00 festzusetzen.
Il. Die Beschwerde der Beklagten ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 s. 2 GKG. Sie ist im tenorierten Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kaufpreis in Höhe von EUR 374.500,00 für die Streitwertberechnung maßgeblich ist. Vielmehr ist vorliegend von einem Streitwert in Höhe der letzten, noch offenen Kaufpreisraten, die der Kläger wegen bestehender Mängel am Gemeinschaftseigentum zurückhält, d.h. in Höhe von EUR 25.625,00 auszugehen.
1. Der Senat hat für die Fallkonstellation, dass der Käufer einer Eigentumswohnung den Bauträger auf Übergabe der Wohnung in Anspruch nimmt, nachdem er 91,5 % des Kaufpreises gezahlt hat und sich im Übrigen auf die fehlende Fälligkeit der Schlussrate von 3,5 % bzw. des dem Sicherheitseinbehalt nach § 632a BGB entsprechenden Kaufpreisanteils in Höhe von 5 % beruft, im Beschluss vom 14. August 2018 - 21 W 5/18 - ausgeführt:
"Jedenfalls wenn der Bauträger seine Übergabepflicht nicht generell bestreitet, sondern sie nur deshalb nicht erfüllen will, weil aus seiner Sicht der Erwerber einen zu hohen Kaufpreisanteil einbehält, ist zwischen den Parteien in der Sache nur die Höhe dieses Einbehalts umstritten, den der Erwerber typischerweise mit der fehlenden Fälligkeit von Kaufpreisraten, seinem Sicherheitseinbehalt nach § 632a Abs. 3 S. 1 BGB a.F. oder einem weiteren Mängeleinbehalt begründet. Deshalb ist es gerechtfertigt, auch den Streitwert nur mit der Höhe dieses umstrittenen Kaufpreisanteils anzusetzen.
Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts nach §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ff. ZPO sollte sich nach Möglichkeit an der wirtschaftlichen Bedeutung orientieren, die ein Rechtsstreit für die Parteien hat. Aufgrund dieses allgemeinen Grundsatzes, der als Grundprinzip bei der Streitwertfestsetzung zu beachten ist, ist der Gebührenstreitwert in einem Rechtsstreit um den Besitz einer Sache abweichend von § 6 ZPO nicht mit ihrem Wert, sondern dem (geringeren) Betrag anzusetzen, dessen Nichtzahlung durch den Herausgabegläubiger Ausgangspunkt für den Rechtsstreit ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 30.05.2014, 22 U 139/13, Rz. 12 m.w.N.; OLG Hamm, Beschluss vom 20.01.2013, 12 W 37/12; Kammergericht, Beschluss vom 23.02.2002, 12 W 202/02; offen gelassen von BGH, Beschluss vom 06.122001, VII ZR 420/00, Rz. 5; vgl. auch Herget in: Zöller, ZPO, Kommentar, 32, Auflage, 2018, § 6 ZPO, Rz. 1 m.w.N. auch zur abweichenden Auffassung). Dies ergibt sich aus dem Gebot einer wirtschaftlichen Bewertung des Streitgegenstands, der für die Gebührenbestimmung maßgeblich ist und der den Vorrang gegenüber einer am Wortlaut haftenden Auslegung von § 6 ZPO (i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG) hat. Diese wirtschaftliche Sichtweise gilt stets bei der hier erörterten Fallkonstellation und nicht nur dann, wenn die höhere Wertbestimmung nach § 6 ZPO wegen ihrer Auswirkung auf die Prozesskosten eine Partei vom Beschreiten des Rechtswegs abhalten würde (hierzu BVerfG, Beschluss vom 16.1 1.1999, 1 BvR 1821/94)."
2. Diese Ausführungen gelten auch für den vorliegenden Fall. Dabei macht es nach Ansicht des Senats keinen Unterschied, dass die Klage nicht nur - wie in der Entscheidung des Senats vom 14.08.2018, 21 W 5/18, auf Übergabe der Wohnung, sondern auf Abgabe der Auflassungserklärung betreffend die Wohnung gerichtet ist. Nach herrschender Ansicht ist das Eigentum in gebührenrechtlicher Hinsicht wie der Besitz zu behandeln und fällt daher grundsätzlich unter die Regelung des § 6 ZPO (vgl. Wöstmann in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 6 Rn. 6). Dann ist aber in Fällen wie dem vorliegenden, in denen nicht die Verpflichtung zur Abgabe der Auflassungserklärung an sich streitig ist, so...