Entscheidungsstichwort (Thema)

grundlose inhaltsgleiche Zweitbeschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft. Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn die Wohnungseigentümer grundsätzlich berechtigt sind, über eine schon geregelte Angelegenheit erneut zu beschließen (BGHZ 113, 197 = NJW 1991, 979), ist jedenfalls die grundlose inhaltsgleiche Wiederholung früherer Eigentümerbeschlüsse, die bereits angefochten worden sind, mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nicht vereinbar, so daß ein solcher Wiederholungsbeschluß schon deshalb nach rechtzeitiger Anfechtung für ungültig zu erklären ist.

 

Normenkette

WEG § 21 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 70 II 176/90 (WEG))

LG Berlin (Aktenzeichen 150 T 94/91 (WEG))

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4. wird zurückgewiesen.

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5. wird der angefochtene Beschluß teilweise aufgehoben.

Auf die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 5. wird der Beschluß des Amtsgerichts Wedding vom 21. Februar 1991 – 70 II 176/90 (WEG) – teilweise geändert und der Antrag der Beteiligten zu 1. und 2., den in der Wohnungseigentümerversammlung vom 14. September 1990 zu TOP 11 (Heizkostenabrechnung 1989/90) gefaßten Beschluß für ungültig zu erklären, zurückgewiesen.

Im übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5. zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten haben zu tragen:

  • In erster Instanz die Eigentümergemeinschaft (Verwaltungsvermögen) 1/2, die Beteiligten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner 1/4 und die Beteiligten zu 3. und 4. jeweils 1/8;
  • in zweiter Instanz die Beteiligten zu 5. bis 7. und 9. als Gesamtschuldner 5/9, die Beteiligten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner 2/9 und die Beteiligten zu 3. und 4. jeweils 1/9;
  • in dritter Instanz die Beteiligte zu 5. 22/25, die Beteiligten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner 2/25 und die Beteiligte zu 4. 1/25.

Außergerichtliche Kosten sind in allen drei Instanzen nicht zu erstatten.

Der Geschäftswert wird – zugleich in Änderung der Wertfestsetzungen der Vorinstanzen – für die erste Instanz auf 72.000,– DM, für die zweite Instanz auf 54.000,– DM und für die dritte Instanz auf 34.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1. bis 9. sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum näher bezeichneten Wohnanlage.

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 14. September 1990, zu der die seinerzeit die Verwaltung ausübende Beteiligte zu 9. geladen hatte und in der sämtliche Wohnungseigentümer anwesend bzw. vertreten waren, faßten die Eigentümer eine Reihe von Mehrheitsbeschlüssen. Die Beschlußfassungen zu TOP 5 bis 9 sowie 12 und 13 sind inhaltsgleiche Wiederholungen früherer Eigentümerbeschlüsse, die Gegenstand verschiedener Anfechtungsverfahren waren.

Auf rechtzeitige Anfechtung der Antragsteller hat das Amtsgericht Wedding mit Beschluß vom 21. Februar 1991 u. a. die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 1 bis 9 und 11 – 13 für ungültig erklärt. Die gegen diesen Beschluß eingelegte Erstbeschwerde der Beteiligten zu 4. hat das Landgericht durch Beschluß vom 21. Mai 1993 als unzulässig verworfen. Auf die Erstbeschwerden der Beteiligten zu 5. bis 7. und 9. hat das Landgericht durch den vorgenannten Beschluß unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen die amtsgerichtliche Entscheidung teilweise geändert und die gegen die Eigentümerbeschlüsse zu TOP 1 bis 4 der Wohnungseigentümerversammlung vom 14. September 1990 gerichteten Anfechtungsanträge zurückgewiesen. Soweit es sich um die frühere Eigentümerbeschlüsse wiederholenden Beschlußfassungen zu TOP 5 bis 9 sowie 12 und 13 handelt, hat das Landgericht die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 5. bis 7. und 9. für unbegründet erachtet und zur Begründung ausgeführt, daß das Amtsgericht diese Beschlußfassungen bereits deshalb zu Recht für ungültig erklärt habe, weil die grundlose inhaltsgleiche Wiederholung früher gefaßter und angefochtener Eigentümerbeschlüsse gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoße. Zwar sei die Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich befugt, über eine schon geregelte Angelegenheit erneut zu beschließen. Auch eine bloße Wiederholung früherer Entscheidungen könne eine sinnvolle Regelung enthalten, wenn etwa ernsthafte formelle Bedenken gegen die frühere Beschlußfassung bestanden hätten und etwaige Formfehler bei der Wiederholung vermieden worden seien. Wörtlich heißt es in dem Beschluß des Landgerichts weiterhin wie folgt:

„Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn aus materiellen Gründen angefochtene Beschlüsse ohne ersichtlichen Anlaß und ohne Vermeidung früherer Fehler bestätigt werden. Solche Beschlüsse sind allein geeignet, weitere inhaltsgleiche Anfechtungsverfahren mit entsprechenden Kosten zu provozieren und damit den Streit zwischen den Wohnungseigentümern zu vertiefen. Die Hoffnung der Mehrheit der Eigentümer, bei der dritten oder fünften Wiederholung werde die Minderheit die Anfechtungsfrist versäumen oder aufgrund psychischer oder finanzieller Erschöpfung auf eine...

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