Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung des Versuchs der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen
Leitsatz (redaktionell)
Der Beweis der Unpfändbarkeit kann um so weniger allein auf eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung gestützt werden, je länger der erfolglose Pfändungsversuch zurückliegt.
Normenkette
ZPO § 807 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 18.06.1997; Aktenzeichen 81 T 865/96) |
AG Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen 32 M 233/94) |
LG Berlin (Aktenzeichen 81 T 904/96) |
Tenor
1. Die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluß der Zivilkammer 81 des Landgerichts Berlin vom 18. Juni 1997 wird zurückgewiesen.
2. Der Gläubiger hat die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt bis zu 600,– DM.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 793, 568 Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie ist jedoch sachlich nicht begründet. Es ist nicht zu beanstanden, daß das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung den Nachweis des Gläubigers, die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen der Schuldnerin ohne vollständigen Erfolg versucht zu haben, als nicht hinreichend geführt angesehen hat.
Zulässig ist der Antrag auf Anordnung eines Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung – und damit auch die Anordnung der Haft selbst – nur dann, wenn der Schuldner verpflichtet ist, die Versicherung abzugeben. Voraussetzung für seine Verpflichtung ist wiederum, daß der Gläubiger anders keine oder keine vollständige Befriedigung erlangen kann, § 807 Abs. 1 ZPO. Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Schuldners muß ohne vollständigen Erfolg versucht sein, was der Gläubiger beweisen muß, oder von vornherein aussichtslos erscheinen, was der Gläubiger glaubhaft zu machen hat. Diese Voraussetzungen sind in jeder Lage des Offenbarungsverfahrens von Amts wegen zu prüfen (OLG Frankfurt/M., Z 1974, 486, 489; Rpfleger 1977, 144; Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 21. Aufl., § 807 Rdn. 9, 14).
Die vom Gläubiger vorgelegte Fruchtlosigkeitsbescheinigung des Gerichtsvollziehers vom 18. April 1994 hat hier keinen hinreichenden Beweis erbracht, und zwar schon zum Zeitpunkt des Termins und des Erlasses des Haftbefehls am 18. Juli 1996 bzw. 26. August 1996 nicht.
Der Beweiswert einer Fruchtlosigkeitsbescheinigung ist vom Gericht frei zu würdigen. Es ist unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten des Einzelfalles festzustellen, ob der Gläubiger mit einer Pfändung Befriedigung erlangen könnte oder nicht. Wie alt eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung im Zeitpunkt des Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und der Haftanordnung sein darf, um im Rahmen des § 807 Abs. 1 ZPO auszureichen, läßt sich mit starren Zeitschranken nicht bemessen. Der Beweis der Unpfändbarkeit kann aber um so weniger allein auf eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung gestützt werden, je länger der erfolglose Pfändungsversuch zurückliegt. Die Lebenserfahrung geht dahin, daß der Schuldner nicht durchgehend und unverändert arm oder vermögenslos bleibt. Davon geht ersichtlich auch das Gesetz aus, etwa indem es einen Schuldner verpflichtet, alle drei Jahre eine erneute Offenbarungsversicherung abzugeben, §§ 900 Abs. 2, 903 ZPO (OLG Frankfurt/M. a.a.O.). Maßgeblich für die hier vorzunehmende Erfolgsprognose einer erneuten Pfändung sind insbesondere – soweit bekannt – das Alter des Schuldners, seine Einkommens- und Vermögenslage (Münchener-Kommentar-Eickmann, ZPO, § 807 Rdn. 13), seine Wohnverhältnisse sowie die Höhe der Schuld (LG Lübeck, DEVZ 1991, 190 f.; Stein-Jonas-Münzberg, a.a.O., § 807 Rdn. 13).
Im vorliegenden Fall war die Fruchlosigkeitsbescheinigung im Zeitpunkt des Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung schon 2 Jahre und 3 Monate alt, also im Hinblick auf den vom Gesetzgeber allgemein vorgestellten drei-Jahreszeitraum nur noch von einem eher geringen Aussagewert. Allerdings hat die Schuldnerin hier selbst vorgetragen, nur von einer kleinen Rente zu leben, schwer krank zu sein und bei einem Einkommen von 999,19 DM eine Miete von 441,12 DM tragen zu müssen. Die – nunmehr – mehrfachen Wohnungswechsel der Schuldnerin und die zeitweilige Angabe eines Postfaches als Anschrift legen auch leicht lösliche Wohnverhältnisse nahe, so daß an sich wenig Pfändbares erwartet werden kann. Unter derartigen Umständen könnte auch eine mehrere Jahre alte Fruchtlosigkeitsbescheinigung genügen. Im vorliegenden Fall ist allerdings die beizutreibende Forderung mit 484,10 DM nebst Zinsen sehr gering. Selbst bei an sich schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen kann nach Ablauf von zwei Jahren und drei Monaten eine hinreichende Aussicht bestehen, daß eine derartig geringe Forderung durch eine erneute Pfändung befriedigt werden wird. Dies gilt um so eher, als inzwischen sogar weit mehr als drei Jahre vergangen sind.
Daß den Gläubiger dann keine neue Beweisführungslast treffen darf, wenn er das gesamte Offenbarungsverfahren bis hin zum Haftbefehl ohne eigene Säumnis betrieben ha...