Leitsatz (amtlich)

1. a) Auch im Verfahren über die Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des Ausgangsgerichtes durch einen Beschluss zu erfolgen; eine bloße Verfügung ist unzureichend.

b) Erfolgt die Nichtabhilfe und Vorlage durch bloße Verfügung kann das Beschwerdegericht die Sache zur ordnungsgemäßen Bescheidung an das Ausgangsgericht zurückverweisen; es kann allerdings auch über die Beschwerde sogleich entscheiden.

2. Die anwaltliche Geschäftsgebühr, die der spätere Prozessbevollmächtigte des Kostengläubigers wegen seines vorprozessualen, anspruchszurückweisenden Schreibens verlangen kann, ist nicht Teil der Kosten des Rechtsstreits, die im Kostenfestsetzungsverfahren Berücksichtigung finden können (entgegen OLG Hamburg OLGReport Hamburg 2006, 691 [692]).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 17.04.2007; Aktenzeichen 27 O 1332/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Berlin vom 17.4.2007 - Geschz.: 27 O 1332/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 335,90 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Nach Veröffentlichungen der Beschwerdeführerin über die Beschwerdegegnerin forderte diese die Beschwerdeführerin unter Fristsetzung auf, bestimmte Äußerungen über sie künftig zu unterlassen. Die Beschwerdeführerin gab darauf durch Anwaltsschreiben vom 11.12.2006 (Bl. 25 f. d.A.) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hinsichtlich eines Teiles der beanstandeten Äußerungen ab und bestritt im Übrigen den Unterlassungsanspruch der Beschwerdegegnerin. Diese beantragte unter dem 18.12.2007 beim LG, es der Beschwerdeführerin durch einstweilige Verfügung zu verbieten, die übrigen Behauptungen weiter zu verbreiten. Schließlich wurde die Beschwerdegegnerin in erster Instanz zur Tragung der Verfahrenskosten verurteilt.

Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beschwerdeführerin die Festsetzung der vorprozessual angefallenen Geschäftsgebühr i.H.v. 0,65 Gebühren - 315,90 EUR - sowie des diesbezüglichen Teils der Pauschale für Telekommunikationsdienstleistungsentgelte - 20 EUR - beantragt (Bl. 68 f. d.A., Bl. 18 f. d. AH). Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass das Anwaltsschreiben vom 11.12.2006 der Abwehr eines konkreten gerichtlichen Verfahrens diente, weshalb die Geschäftsgebühr, die durch dieses anwaltliche Tätigwerden ausgelöst wurde, gemäß der Entscheidung des OLG Hamburg vom 7.6.2006 (OLGR 2006, 691) als Kosten des Rechtsstreits festsetzungsfähig sei. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.4.2007, der Beschwerdeführerin zugestellt am 3.5.2007, lehnte das LG die Festsetzung dieser Positionen ab (Bl. 78 f. d.A., Bl. 20 f. d. AH). Gegen die Nichtfestsetzung der beantragten Kostenpositionen richtet sich die bei Gericht am 8.5.2007 eingegangene sofortige Beschwerde (Bl. 119 ff. d.A.). Das LG hat ihr mit Verfügung vom 30.8.2007 nicht abgeholfen und sie dem Kammgericht zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 131 d.A.).

II.1. Das Beschwerdegericht ist zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde befugt.

Zwar ist die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung des LG gem. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO insofern verfahrensfehlerhaft als diese Entscheidung durch schlichte Verfügung getroffen wurde. Dass die Nichtabhilfe- und Vorlageentscheidung durch Beschluss zu ergehen hat, entspricht der ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (OLG Stuttgart MDR 2003 110 [111]; OLG Koblenz Rpfleger 1978, 104 [105], zur Nichtabhilfe und Vorlage nach § 11 RPflG a.F.; Lipp in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl. 2007, § 572 Rz. 10; Gummer in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 572 Rz. 10; Hartmann in Baubach/Lauterbach, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 572 Rz. 8; Grunsky in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1994, § 571 a.F. Rz. 4 und 6). Dieser Auffassung hat sich der Senat in einer Reihe kürzlich ergangener Entscheidungen angeschlossen (zuletzt KG, Beschl. vom 6.9.2007 - 2 W 147/07). Für die Auffassung spricht vor allem, dass bei sofortigen Beschwerden gegen Entscheidungen von Kollegialspruchkörpern der gesamte Spruchkörper - durch Beschluss - über die Nichtabhilfe und Vorlage entscheiden soll, nicht aber etwa nur sein Vorsitzender durch Verfügung. § 572 Abs. 1 Satz 1 ZPO enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Nichtabhilfeverfahren je nach Zusammensetzung der Einheit des Ausgangsgerichts, die für die angefochtene Entscheidung zuständig ist - sei es als Kollegium, sei es als eine mit einem einzelnen Richter bzw. Rechtspfleger besetzte Einheit, unterschiedlich ausgestaltet ist. Im Übrigen ist es in aller Regel angemessen und für den weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens zweckmäßig, wenn das Ausgangsgericht den Parteien Kenntnis von seiner Nichtabhilfe, d.h. insbesondere von den der Nichtabhilfe zugrunde liegenden Erwägungen, und von der Vorlage der sofortigen Beschwerde an das Beschwerdegericht gibt. Eine solche Kenntnisgabe ist im Falle des Erlass...

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