Leitsatz (amtlich)
Die Erläuterung einer einzelnen, vom Tatrichter gegebenenfalls unzutreffend bewerteten Rechtsfrage durch das Rechtsbeschwerdegericht (hier: Tilgung sog. Altfälle im Fahreignungsregister) kann der “Wiederholungsgefahr„ und damit der Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung entgegenstehen.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 03.07.2018; Aktenzeichen 347 OWi 391/18) |
Tenor
Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 3. Juli 2018 wird, ohne dass der Beschluss einer Begründung bedarf (§ 80 Abs. 4 Satz 3 OWiG), verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seiner nach § 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG als zurückgenommen geltenden Rechtsbeschwerde zu tragen (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).
Gründe
Der Senat merkt Folgendes an:
Mit Blick auf die Höhe der Geldbuße bedarf die Rechtsbeschwerde vorliegend der Zulassung, die nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG zur Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgen kann. Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
1. a) Eine Verletzung formellen Rechts durch mangelnde Gewährung rechtlichen Gehörs vermag der Zulassungsantrag nicht aufzuzeigen.
aa) Soweit der Betroffene vorträgt, "keinerlei rechtlichen Hinweis" auf eine mögliche Erhöhung der ursprünglich durch die Verwaltungsbehörde gegen ihn festgesetzten Geldbuße erhalten zu haben, ist die behauptete Verletzung rechtlichen Gehörs als Verfahrensrüge nicht in der vorgeschriebenen Form ausgeführt (§ 79 Abs. 3 Satz 1, § 80 Abs. 3 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Hierfür hätte es insbesondere einer konkreten Darlegung der mit dem erlassenen Bußgeldbescheid übermittelten Rechtsbehelfsbelehrung bedurft (vgl. Senat, Beschlüsse vom 12. Juli 2017 - 3 Ws (B) 166/17 - und vom 3. März 2016 - 3 Ws (B) 108/16 -; Senat NZV 2015, 355; OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. Mai 2013 - 4a SsRs 66/13 - [juris]). Ob ein derartiger Hinweis entsprechend § 265 StPO tatsächlich zu erteilen gewesen wäre (so OLG Jena VRS 113, 330 [bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen]; OLG Hamm DAR 2009, 99) - was mit Blick auf die Rechtslage, wie sie sich nach herrschender Meinung im Verfahren über den Einspruch gegen einen Strafbefehl darstellt (vgl. hierzu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 61. Aufl., § 411 Rn. 11), eher zweifelhaft erscheint -, hat der Senat mithin nicht zu entscheiden.
bb) Auch sonst ist eine Verletzung formellen Rechts durch mangelnde Gewährung rechtlichen Gehörs nicht ersichtlich. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat in ihrer Zuschrift vom 14. September 2018 hierzu wie folgt Stellung genommen:
"Die Verfahrensrüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist - ihre Zulässigkeit unterstellt - jedenfalls unbegründet. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör bedeutet, dass dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden muss, sich dem Gericht gegenüber zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen, und dass das Gericht seine Darlegungen zur Kenntnis nehmen und in seine Erwägungen einbeziehen muss (vgl. KG-Beschluss vom 30. März 2000 - 5 Ws (B) 177/00 -). Dass dies nicht geschehen ist, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht. Der Antragsteller verkennt, dass er nur einen Anspruch darauf hat, gehört, nicht aber auch erhört zu werden (vgl. KG-Beschluss vom 4. Juli 2013 - (3) 161 Ss 58/13 (44/13) und 3 Ws 144, 145/13)."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie sich zu eigen.
b) Auch die weitere Verfahrensrüge, der Bußgeldrichter habe durch mangelnde Einholung eines Sachverständigengutachtens seine Aufklärungspflicht verletzt, ist nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 79 Abs. 3 Satz 1, § 80 Abs. 3 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt. Das Beschwerdevorbringen lässt bereits offen, für welche Tatsache(n) das vermisste Sachverständigengutachten hätte Beweis erbringen sollen.
2. In materieller Hinsicht deckt die auf die erhobene Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler auf, der nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG die Zulassung der Rechtsbeschwerde geböte.
a) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist hinreichend geklärt und bedarf deshalb keiner (weiteren) Entscheidung durch den Senat, welchen Anforderungen die Gründe eines Urteils in Bußgeldsachen gemäß § 71 Abs. 1 OWiG, § 267 StPO genügen müssen. Unerlässlich ist danach die Angabe der für erwiesen erachteten Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der verwirklichten Ordnungswidrigkeit gesehen werden; darüber hinaus müssen die Urteilsgründe in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zum Ausdruck bringen, welchen gesetzlichen Tatbestand das Gericht als erfüllt ansieht und welche Vorschriften für die Bemessung von Rechtsfolgen maßgeblich waren (vgl. etwa Senat, Beschlüsse vom 6. August 2018 - 3 Ws (B) 168/18 - und vom 29. August 2016 - 3 Ws (B) 410...