Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Qualifizierung einer Auseinandersetzung als Familiensache i.S.d. § 266 FamFG
Leitsatz (amtlich)
Kein zeitlicher Zusammenhang mit der Trennung oder Scheidung bei § 266 Nr. 3 FamFG erforderlich.
Normenkette
FamFG § 266 Abs. 3 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 01.08.2011; Aktenzeichen 20 O 249/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des LG Berlin vom 1.8.2011 wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Rechtsstreit an das AG Schöneberg - Familiengericht - verwiesen wird.
Der Beschwerdewert wird auf 2.670 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Parteien waren verheiratete Eheleute. Während der Ehe haben die Parteien 1997 ein Depotkonto bei der D...Bausparkasse AG eröffnet. Auf dieses wurden 30.000 DM eingezahlt. Das Kapital wurde mit 4,8 % Zinsen jährlich für 5 Jahre anlegt. Zugleich schloss die Beklagte und mit der D...einen Lebensversicherungsvertrag ab. Die Beiträge hierzu wurden aus dem Depotkonto getätigt. Ende 2002 war das Depotkonto erschöpft, der auf die Lebensversicherung eingezahlte Betrag wurde bis zur Fälligkeit verzinst und im Jahr 2009 ausgezahlt. Bereits im März 2005 ist die Ehe der Parteien geschieden worden.
Der Kläger hat mit seiner Stufenklage vor dem LG Berlin die Beklagte auf Auskunft über die Höhe des Lebensversicherungsbetrages und auf Zahlung des dann noch zu beziffernden hälftigen Erlöses verklagt.
Er macht geltend, dass es eine Absprache gegeben habe, wonach der Erlös aus der Lebensversicherung beiden Parteien je zur Hälfte habe zustehen sollen.
Die Beklagte, die der Klage entgegengetreten ist und im Wege der Widerklage außergerichtliche Kosten geltend macht, ist der Auffassung, dass es sich um eine Familiensache handle und der Anspruch verjährt sei. Zudem habe der Kläger keinen Anspruch auf eine Beteiligung an dem Erlös der auf ihren Namen abgeschlossenen Lebensversicherung, da es weder eine entsprechende Vereinbarung gebe noch der Kläger an dem Aufbau der Lebensversicherung beteiligt gewesen sei, da das Geld auf dem Depotkonto eine Schenkung ihres Vaters an sie gewesen sei.
Mit Beschluss vom 1.8.2011 hat das LG seine Unzuständigkeit festgestellt und zugleich das Verfahren an das für Familiensachen zuständige AG Frankfurt aM verwiesen.
Hiergegen hat der Kläger fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, dass die Zuständigkeit des LG gegeben sei. Eine Familiensache sei nur dann gegeben, wenn ein Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung bestehe, § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Es sei nicht ausreichend, dass der Vertrag während der bestehenden Ehe geschlossen worden sei, sondern erforderlich sei auch ein Zusammenhang mit der Beendigung der Ehe. Hieran fehle es aber vorliegend, zumal auch ein zeitlicher Zusammenhang erforderlich sei, der bei einer Scheidung vor mehr als 6 Jahren nicht mehr gegeben sei.
Die gem. § 17a Abs. 4 GVG zulässige sofortige Beschwerde ist mit der Maßgabe, dass das zuständige Familiengericht das AG Schöneberg und nicht das AG Frankfurt/M. ist, unbegründet.
Das LG hat zutreffend den vorliegenden Rechtsstreit als eine Familiensache gem. §§ 111, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG angesehen.
Mit der Regelung in § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG soll u.a. das sog. Güternebenrecht in die Zuständigkeit des Familiengerichts fallen (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 263). Damit sind von § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG u.a. Auseinandersetzungen zwischen getrennt lebenden Eheleute über während der Ehe getroffenen gemeinsamen Dispositionen und die im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe verbundenen Vorgänge erfasst (vgl. Zöller/Lorenz, ZPO, 28. Aufl., Rz. 17) wie z.B. die Verteilung vorhandene Kontoguthaben, Bausparkassenverträgen oder gemeinsamen Lebensversicherungen etc. (vgl. Burger FamRZ 2009, 1017 [1019]; Schulte-Bunert/Weinreich/Rehme, FamFG 2. Aufl., § 266 Rz. 14; Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 5. Aufl., § 266 Rz. 12; Keidel/Giers, FamFG, 17. Aufl., § 266 Rz. 13 ff.). Denn die Eheleute streiten sich anlässlich der Trennung/Scheidung um die Verteilung/Auseinandersetzung von während der Ehe geschaffenem Vermögen außerhalb des eigentlichen Güterrechts, wobei bei einem Fortbestand der Ehe dieser Streit regelmäßig nicht aufgekommen wäre, sondern im Rahmen des ehelichen Zusammenlebens einvernehmlich die Verteilung des Vermögens geregelt worden bzw. den Eheleuten gemeinsam zugute gekommen wäre. Der vorliegend vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf hälftige Beteiligung an einer während der Ehe gebildeten Kapitalanlage, die nach seiner Behauptung beiden Eheleuten gemeinsam zustehen sollte, ist damit eine Streitigkeit, die im Zusammenhang mit der Scheidung der Parteien steht, und daher eine sonstige Familiensache iS von § 266 Abs. 1 Nr. 3.
Fraglich ist allein, ob auch ein zeitlicher Zusammenhang zur Trennung/Scheidung der Parteien erforderlich ist. Dies hat das LG zutreffend in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 25.8.2011 verneint. Allerdings wird teilweise in der Literatur ein zeitlicher...