Leitsatz (amtlich)

Die StVO vom 6. März 2013 (BGBl. I 2013, S. 367) enthält keinen relevanten Zitierfehler

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 06.08.2020; Aktenzeichen 345 OWi 99/20)

 

Tenor

Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 6. August 2020 wird, ohne dass der Beschluss einer Begründung bedürfte (§ 80 Abs. 4 Satz 3 OWiG), verworfen.

Das Rechtsmittel stellt in den Raum, das Amtsgericht habe nichtiges Recht angewendet. Hintergrund ist die anlässlich der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20. April 2020 (BGBl. I 2020, 814) aufgetretene Diskussion um die Folgen eines Zitierfehlers (Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) und die in diesem Zusammenhang offenbar durch ein Rundschreiben des Justizministeriums Baden-Württemberg publizierte Auffassung, auch frühere Fassungen der StVO seien in diesem Sinn fehlerbehaftet.

 

Gründe

Hierzu bemerkt der zuständige Einzelrichter des Senats:

1. Ob und inwieweit die 54. Änderungsverordnung wirksam ist, kann hier offen bleiben, weil die durch den Betroffenen begangene Verkehrsordnungswidrigkeit bereits 2019 und mithin vor dem Inkrafttreten der Novelle begangen worden ist. Schon die Einschätzung der Verteidigung, das Amtsgericht habe die geänderte StVO angewendet, entbehrt jeder Grundlage. Im Übrigen sind weder der vom Betroffenen verwirklichte Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO noch die im Bußgeldkatalog bezeichneten Regelrechtsfolgen durch die StVO-Novelle geändert worden.

2. Der durch das Rechtsmittel vertretenen Auffassung, die durch das Amtsgericht angewendete StVO vom 6. März 2013 (BGBl. I 2013, S. 367) sei nichtig, wird nicht gefolgt. Einer Publikation des ADAC vom 4. September 2020 ("Mitteilungen der Juristischen Zentrale Nr. 57") entnimmt der Senat die vom Justizministerium Baden-Württembergs vertretene Ansicht, bei der 2013 in Kraft getretenen Neufassung der StVO fehle ein Hinweis auf einen Satzteil in § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG, nämlich "erster Halbsatz". Dies überzeugt nicht. Die Eingangsformel der Verordnung vom 6. März 2013 zitiert alle Buchstaben des § 6 Abs. 1 Nr. 3 mit Ausnahme der Buchstaben a und b, nämlich zum ersten Spiegelstrich "c, f bis i" und zum zweiten Spiegelstrich "d und e". Für die nicht genannten Buchstaben a und b enthält der Gesetzestext den Hinweis "(weggefallen)"; sie enthalten keine Regelungen mehr. Damit erübrigt sich ein Hinweis darauf, dass die ausdrücklich bezeichneten Buchstaben c bis i der im ersten Halbsatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG bezeichneten "Erhaltung der Sicherheit und Ordnung auf öffentlichen Straßen" dienen. Zum selben Ergebnis kommt das OLG Oldenburg (Beschluss vom 8. Oktober 2020 - 2 Ss OWi 230/20 - [bei juris; zur Veröffentlichung vorgesehen im DAR]), das nur etwas anders formuliert: "Durch die in der Eingangsformel erfolgte Nennung verschiedener Buchstaben von § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG ist auch der vorhergehende Satzteil der Nr. 3 mitumfasst, da der den Buchstaben nachfolgende Text mit dem vorhergehenden - vor der Buchstabenfolge stehendem Text - eine Einheit bildet."

3. Der offenbar von der Verteidigung erhobene Einwand, die StVO vom 6. März 2013 sei wegen eines im Zusammenhang mit § 26a StVG begangenen Zitierfehlers nichtig - der diesbezügliche Passus der Rechtsmittelschrift bricht mitten im Satz ab -, trifft nicht zu. § 26a StVG ermächtigt zum Erlass eines Bußgeldkatalogs. Hierbei handelt es sich um ein anderes Regelwerk als die StVO.

Der Betroffene hat die Kosten seiner nach § 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG als zurückgenommen geltenden Rechtsbeschwerde zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI14241161

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