Leitsatz (amtlich)
Für den Vollverteidiger, der den Betroffenen auch gegen Abschöpfungsmaßnahmen verteidigt, entstehen nach revisionsgerichtlicher Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung in der neuen Tatsacheninstanz nicht nur die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 RVG-VV, sondern auch die (gerichtliche) Verfahrensgebühr und Terminsgebühren, und zwar auch dann, wenn das Urteil nur im Ausspruch über die Abschöpfungsmaßnahme aufgehoben worden ist.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 17.10.2017; Aktenzeichen (525 KLs) 254 Js 244/14 (20/16)) |
Tenor
Die Beschwerde der Bezirksrevisorin gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 17. Oktober 2017 wird verworfen.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Vor dem Landgericht Berlin wurde gegen den Verurteilten Ö., dem Rechtsanwalt F. als Pflichtverteidiger beigeordnet war, und gegen weitere Personen ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz geführt, und zwar zunächst vor der 4. großen Strafkammer, die jeden der damaligen Angeklagten durch Urteil vom 16. Oktober 2015 - (504 KLs) 254 Js 244/14 (10/15) - zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe verurteilte und gegen alle den erweiterten Verfall von Wertersatz in Höhe von insgesamt 253.490,00 Euro anordnete. Nachdem das vorbezeichnete Urteil auf die Revisionen des Verurteilten Ö. sowie weiterer damaliger Angeklagter aufgehoben und das Verfahren an eine andere Strafkammer des Landgerichts Berlin zurückverwiesen worden war (allerdings in Bezug auf ersteren nur hinsichtlich der erweiterten Wertersatzverfallsanordnung in einer 13.790,00 Euro übersteigenden Höhe), war die 25. große Strafkammer mit dem Verfahren befasst. In der sodann am 3., 20. und 25. April 2017 im Umfang der Aufhebung und Zurückverweisung durchgeführten neuen Hauptverhandlung, an der auch Rechtsanwalt F. teilnahm, wurde im Hinblick auf eine etwaige "Einziehungs- oder Verfallsentscheidung" nach § 430 Abs. 1 StPO a.F. verfahren, und zwar betreffend den Verurteilten Ö., der während des gesamten Verfahrens inhaftiert war, verbunden mit der Überbürdung der Kosten des Revisionsverfahrens, während seine notwendigen Auslagen für das Verfahren vor der 25. große Strafkammer der Landeskasse auferlegt wurden.
Der zuständige Rechtspfleger des Landgerichts Berlin hat auf verschiedene Anträge von Rechtsanwalt F. bereits dessen Vergütung gemäß § 55 Abs. 1 RVG festgesetzt, und zwar diejenige für das Verfahren vor der 25. großen Strafkammer am 3. Mai 2017 und dergestalt, dass neben der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4142 VV RVG, welche unbeanstandet geblieben ist, vor allem eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4113 VV RVG und drei Terminsgebühren gemäß Nr. 4115 VV RVG berücksichtigt worden sind. Gegen die Festsetzung der letztgenannten Gebühren, die sich zuzüglich Umsatzsteuer auf insgesamt 1.328,04 Euro belaufen, hat die Bezirksrevisorin zunächst Erinnerung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4142 VV RVG die gesamte Tätigkeit von Rechtsanwalt F. im Verfahren vor der 25. großen Strafkammer, wo es bezüglich des Verurteilten Ö. allein um die erweiterte Wertersatzverfallsanordnung in Höhe von 239.700,00 Euro gegangen sei, abdecke. Die Vorsitzende des vorbezeichneten Spruchkörpers hat sich diese Auffassung ebenso wenig zu eigen gemacht wie der zuständige Rechtspfleger und den Rechtsbehelf, dem letzterer nicht abgeholfen hat, am 17. Oktober 2017 als Einzelrichterin zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete - zulässige - Beschwerde der Bezirksrevisorin, über die der Senat nach Übertragung gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet, bleibt ohne Erfolg.
1. Die Vergütung des Verteidigers für das gerichtliche Verfahren im ersten Rechtszug ist für den bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt ebenso wie für den Wahlanwalt im Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG geregelt, wobei ihm nach dem Unterabschnitt 3 zuvörderst verschiedene Pauschgebühren zustehen. Diese umfassen für das erstinstanzliche Verfahren vor einer Strafkammer insbesondere die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4112 VV RVG und die Terminsgebühr gemäß Nr. 4114 VV RVG, wobei erstere die Tätigkeit des Verteidigers außerhalb der Hauptverhandlung honoriert und sich in Haftsachen nach Maßgabe von Nr. 4113 VV RVG erhöht, während letztere für die Verteidigung in der Hauptverhandlung anfällt, und zwar für jeden Sitzungstag gesondert und in Haftsachen mit dem Zuschlag gemäß Nr. 4115 VV RVG. "Zusätzliche Gebühren" kann der Anwalt, dem die Vollverteidigung - d.h. die Verteidigung insgesamt - übertragen wurde, nach dem Unterabschnitt 5 beanspruchen, und zwar namentlich die Wertgebühr gemäß Nr. 4142 VV RVG, wenn seine Tätigkeit zugleich eine - möglicherweise nur drohende - Einziehung betraf oder aber dieser verwandte Maßnahmen, zu denen vor den Änderungen durch das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene "Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung" auch der (erweiterte Wertersatz-) V...