Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Geldbuße von nicht mehr als 100 Euro findet ein zeitlich vor dem Urteil entstandenes Verfahrenshindernis im Zulassungsverfahren nur dann Beachtung, wenn die Zulassungsvoraussetzungen nach § 80 Abs. 1 OWiG unter besonderer Berücksichtigung der Beschränkungen nach § 80 Abs. 2 OWiG gegeben sind.
2. Bei der Frage, ob bereits vor dem Urteil Verjährung eingetreten ist, handelt es sich grundsätzlich um eine im Zulassungsverfahren nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG unbeachtliche Verfahrensfrage.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 14.11.2018) |
Tenor
Die gegen den Senatsbeschluss vom 30. Oktober 2018 gerichtete Anhörungsrüge des Betroffenen vom 14. November 2018 wird verworfen.
Der Betroffene hat die Kosten seiner Anhörungsrüge zu tragen.
Gründe
I.
Der Senat hat mit Beschluss vom 30. Oktober 2018 den Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 12. Juli 2018 verworfen. Hiergegen richtet sich die Anhörungsrüge des Betroffenen, mit der er geltend macht, die Gegenerklärung der Generalstaatsanwaltschaft nicht zur Kenntnis erhalten zu haben.
II.
Die Anhörungsrüge ist bereits unzulässig, aber auch unbegründet.
1. Die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Rechtsbeschwerdegericht bei einer Entscheidung auf Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht § 33a StPO, sondern § 356a StPO. Dies ergibt sich aus der sinngemäßen Anwendung der Vorschriften über die Revision (vgl. § 46 Abs. 1 OWiG), der die Rechtsbeschwerde nachgebildet ist (OLG Frankfurt NStZ-RR 2007, 211).
Der nach § 356a Satz 1 StPO erforderliche Antrag des Betroffenen ist am 14. November 2018 beim Kammergericht eingegangen. Der Verteidiger hat es aber entgegen § 356a Satz 3 StPO versäumt, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass der Antrag innerhalb der Frist von einer Woche nach Bekanntwerden des behaupteten Gehörsverstoßes gegenüber dem Betroffenen - und nur dessen Kenntnis ist maßgeblich, weil sein Anspruch auf rechtliches Gehör durch den Senat und nicht der des Verteidigers verletzt worden sein soll - gestellt worden ist.
Daher ist der mitgeteilte Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Verteidigers von der Senatsentscheidung unerheblich. Soweit der Verteidiger darauf hinweist, dass er dem Betroffenen nach eigener Kenntniserlangung den Beschluss per Post weitergeleitet hat und damit zum Ausdruck bringen möchte, dass der Betroffene auch nicht vor dem 7. November 2018 (Zeitpunkt seiner Kenntnisnahme) den Beschluss gekannt haben kann, übersieht der Verteidiger, dass der Betroffene die angegriffene Senatsentscheidung bereits durch die Geschäftsstelle des Senates (Abvermerk der Geschäftsstelle: 30. Oktober 2018) per Post übersandt bekommen hat. Unter Berücksichtigung der üblichen Postlaufzeit innerhalb Berlins ist es keinesfalls ausgeschlossen, dass der Betroffene vor dem 7. November 2018 Kenntnis von der Entscheidung hatte. Daher war die Darlegung und Glaubhaftmachung der Kenntnisnahme des Betroffenen auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.
2. Demnach ist der Antrag bereits unzulässig; er ist auch unbegründet.
Denn die Entscheidung des Senats beruht auch nicht auf der unterbliebenen Übersendung der Gegenerklärung der Generalstaatsanwaltschaft. Der Betroffene hat nicht dargetan, dass dadurch sein Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist.
Der Senat sieht darüber hinaus keinen Anlass, von seiner in der vom Betroffenen zitierten Entscheidung geäußerten Rechtsauffassung (Beschluss vom 21. Dezember 2017 - 3 Ws (B) 301/17 -, die Stellungnahmen der Generalstaatsanwaltschaft in vergleichbaren Fällen nicht zu übersenden, mit Blick auf die vom Verteidiger genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss vom 18. September 2018 - 2 BvR 745/18 - abzuweichen.
Dieser Beschluss des Bundesverfassungsgerichts befasst sich mit der unterbliebenen Übersendung von Stellungnahmen der Strafverfolgungsbehörde in einem Strafverfahren, in dem der Angeklagte Beschwerde gegen eine Haftfortdauerentscheidung eines Landgerichts eingelegt hatte. In diesem Zusammenhang sind - so auch das Bundesverfassungsgericht - stets die sich aus Art. 5 Abs. 4 EMRK ergebenen Verfahrensgarantien zu berücksichtigen. Das sind Garantien, die bei einem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde keine Rolle spielen.
Vielmehr bestehen im Rechtmittelverfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz eindeutige und klare gesetzliche Regelungen, in welchen Fällen die Übersendung der Stellungnahmen der Generalstaatsanwaltschaft zu erfolgen hat und damit liegt eine positiv gesetzliche Regelung zum Umfang des rechtlichen Gehörs des Betroffenen vor.
So ergibt sich die Verpflichtung zur Übersendung der Stellungnahmen der Generalstaatsanwaltschaft zwar nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG über § 349 Abs. 3 StPO für das Rechtsbeschwerdeverfahren. Diese Vorschrift ist aber auf das Zulassungsverfahren nach § 80 OWiG nicht anwendbar (vgl. OLG Düsseldorf VRS 39, 397; ...