Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 88 O 94/19) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen.
Gründe
I. Der Senat ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Absatz 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO erfordern keine Entscheidung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung. Eine solche ist auch nicht nach § 522 Absatz 2 Nr. 4 ZPO geboten. Von ihr sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Die Klägerin hat keine Gründe aufgezeigt, die eine mündliche Verhandlung ansonsten geboten erscheinen lassen.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist vorliegend nicht der Fall.
Der Senat teilt die Ansicht des Landgerichts, wonach zwischen den Parteien ein Stromlieferungsvertrag nicht zustande gekommen ist, weshalb die Klage unbegründet, die Widerklage hingegen begründet ist. Der Senat macht sich insoweit die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung nach eigener Prüfung in vollem Umfang zu Eigen. Der Inhalt der Berufungsbegründung führt zu keiner anderen, der Klägerin günstigeren Bewertung.
Zwischen den Parteien ist kein Stromlieferungsvertrag durch Entnahme von Strom aus dem Netz zustande gekommen. Dies ist aber Voraussetzung für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch der Klägerin und der Unbegründetheit der auf negative Feststellung gerichteten Widerklage.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt ein Energielieferungsvertrag durch Entnahme elektrischer Energie im Rahmen einer Realofferte auf Verbraucherseite stets mit dem Inhaber der tatsächlichen Verfügungsgewalt zustande (BGH, Urteil vom 27. November 2019 - VIII ZR 165/18 -; Beschluss vom 5. Juni 2018 - VIII ZR 253/17 ; Urteil vom 2. Juli 2014 - VIII ZR 316/13). Dies ist anstelle des Eigentümers im Fall der Vermietung der Mieter oder - bei Überlassung der gesamten Wohnung - dessen Untermieter. Dagegen gibt es keinen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entnehmenden Rechtssatz, dass im Zweifel (d.h. bei Unklarheit über die Person des Mieters oder anderweitigen Nutzers) der Eigentümer haftet. Der Bundesgerichtshof stellt allein auf die tatsächliche Verfügungsgewalt ab. Denn (nur) an dessen Inhaber richtet sich die Realofferte des Energielieferanten, weshalb auch nur mit ihm der Vertrag geschlossen wird ((BGH, Urteil vom 27. November 2019 - VIII ZR 165/18 - Rn. 13 nach juris). Da ein Eigentümer, der nicht über die tatsächliche Verfügungsgewalt der Entnahmestelle verfügt, keinen Strom entnehmen kann, kann er auch die Realofferte nicht annehmen.
Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass den Beklagten als Eigentümer des Mehrfamilienhauses, in dem sich die streitbefangene Wohnung und der streitgegenständliche Stromzähler befindet, eine sekundäre Darlegungslast treffen kann, wenn die Klägerin mangels Meldung des Nutzers der Wohnung bei ihr nicht wissen kann, wer Inhaber der tatsächlichen Verfügungsgewalt ist. Der Beklagte ist dieser Darlegungslast jedoch ausreichend nachgekommen. Er hat insoweit vorgetragen, bereits seit dem Jahr 2012 nicht mehr über die tatsächliche Verfügungsgewalt am Haus und der Wohnung zu verfügen. In diesem Zusammenhang hat er vorgetragen, wie er die Verfügungsgewalt verloren und wann er sie wiedererlangt hat. Daraus ergibt sich, dass auch der Beklagte nicht wusste, wer im streitgegenständlichen Zeitraum die tatsächliche Verfügungsgewalt inne hatte. Die sekundäre Darlegungslast reicht nur so weit, wie es der an sich nicht darlegungsbelasteten Partei unschwer möglich und zumutbar ist, Angaben zu machen, die die darlegungsbelastete Partei nicht machen kann, weil sie außerhalb ihrer Erkenntnismöglichkeiten liegen. Soweit aber auch der Gegner der darlegungsbelasteten Partei keine Kenntnis hat, braucht und kann er nichts weiter vortragen. Soweit damit für die schlüssige Darlegung eines Anspruchs erforderliche Umstände nicht dargelegt werden können, weil keine Partei über die entsprechende Kenntnis verfügt, geht dies zu Lasten der darlegungspflichtigen Partei.
Es wäre nunmehr Aufgabe der Klägerin gewesen, andere Erkenntnisquellen zu nutzen oder Nachforschungen bei der vom Beklagten benannten Verwaltung zu betreiben, um den Nutzer für den streitgegenständlichen Zeitraum zu ermitteln. Immerhin war der Klägerin der vorhergehende Nutzer bekannt. Außerdem lässt sich der im Wege der Widerklage streitgegenständlichen Abrechnung vom 12. April 2018 entnehmen, dass am 13. Dezember 2017 eine Ablesung des Zählerstandes stattgefunden hat. Der Klägerin könnte es daher möglich sein herauszufinden, wer den Zählerstand abgelesen hat, möglicherweise war dies der Nutzer der Wohnung und damit der Inhaber der...