Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Aufhebung der gemeinsamen Sorge bei einvernehmlich praktiziertem Wechselmodell
Leitsatz (amtlich)
Keine Aufhebung der gemeinsamen Sorge bei einvernehmlich praktiziertem Wechselmodell und bislang immer erfolgter Einigung über die grundsätzlichen Belange des Kindes.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 28.06.2005; Aktenzeichen 163 F 7505/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Vaters wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 28.6.2005 aufgehoben und der Antrag der Mutter auf Übertragung der alleinigen Sorge zurückgewiesen.
Ihre außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt jede Partei selbst. Die gerichtlichen Kosten erster Instanz tragen die Parteien je zur Hälfte, Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die elterliche Sorge für ihre am ...1997 geborene Tochter N. Die Parteien, die nicht verheiratet waren, haben im Januar 2000 eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben. Im April 2001 kam es zur Trennung der Parteien, die Mutter zog aus der gemeinsamen Wohnung aus. Zuvor verständigten sich die Eltern dahingehend, dass N. sich zunächst im halbwöchentlichen Wechsel bei der Mutter und dem Vater aufhalten sollte, bis eine andere einvernehmliche oder gerichtliche Regelung getroffen worden sei. Die Mutter leitete im April 2001 mit ihrem Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge und Regelung des Umgangs des Kindes mit dem Vater das Verfahren AG Tempelhof-Kreuzberg - 163 F 8584/01 - ein. Im Juli 2001 änderten die Parteien die bestehende Vereinbarung dahingehend, dass N. nunmehr alle zwei Wochen ihren Aufenthalt wechselte und die Übergabe im Kindergarten stattfand. Das AG holte ein Sachverständigengutachten ein zur Frage, ob die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl am besten entspreche und wenn ja, welcher Elternteil zur Ausübung der Alleinsorge dann am besten geeignet und welche Umgangsregelung im Interesse des Kindes angezeigt sei. Die Gutachterin kam in ihrem Gutachten vom 2.6.2002 zu dem Ergebnis, dass das Kind zwar eine stärkere Bindung zur Mutter habe, aber die Beschränkung des Vaters auf einen regelmäßigen vierzehntägigen Umgang am Wochenende dessen Rolle im Leben des Kindes und den vorhandenen Bindungen zwischen Vater und Tochter nicht gerecht werde. Das Gutachten schloss sich daher dem vom Vater in einem von diesem initiierten Abschlussgespräch mit der Gutachterin unterbreiteten Vorschlag an, wonach das Kind sich 10 Tage im Monat bei ihm und 20 Tage bei der Mutter aufhalten sollte. Am 3.3.2003 einigten sich dann die Parteien vor dem AG Tempelhof-Kreuzberg dahingehend, dass beginnend ab dem 28.4.2003 N. sich von Montagnachmittag bis einschließlich den darauffolgenden Montag beim Vater, dann die nächsten 12 Tage bei der Mutter, dann wieder von Freitagnachmittag bis Montagmorgen beim Vater und anschließend wieder eine Woche von Montagnachmittag bis den darauffolgenden Montagmorgen bei der Mutter aufhält. Dies entsprach dem vom Vater vorgeschlagenen Modell des 10- bzw. 20-tägigen Aufenthalts des Kindes bei den Eltern. Die Eltern einigten sich ferner über die Ferien, die hälftig aufgeteilt wurden, sowie über die Feiertage und Geburtstage des Kindes, die Geburtstage der Eltern und Großeltern. Ferner verständigten sich die Parteien, dass N. mit Beginn des Schuljahres 2003/2004 eine Privatschule in M. besuchen sollte, für die die Mutter das Schulgeld alleine aufbringt und im Gegenzug das Kindergeld erhält.
Die Parteien erklärten daraufhin das Verfahren in der Hauptsache für erledigt und das AG stellte fest, dass das Verfahren sich erledigt habe. Eine gerichtliche Genehmigung der Vereinbarung ist nicht erfolgt. Ein entsprechender Antrag des Vaters ist mit Beschluss des AG vom 7.7.2005 zurückgewiesen worden.
Die am 3.3.2003 getroffene Vereinbarung wird von den Eltern bis zum heutigen Tag praktiziert. Die Umsetzung der Vereinbarung begann allerdings zunächst mit Schwierigkeiten. So gab es Ostern 2003 zwischen den Eltern eine heftige Auseinandersetzung im Beisein des Kindes, deren Hergang zwischen den Eltern streitig ist. Nachdem N. während ihres Aufenthalts beim Vater nicht die Vorschule der künftigen Schule besuchte, sondern weiterhin vom Vater zum bisherigen Kindergarten gebracht wurde, und es zudem Streitigkeiten um den Geburtstag von N. gab, der im Jahr 2003 in die Pfingstferien fiel, hat die Mutter am 21.5.2003 mit dem Antrag, ihr die elterliche Sorge, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht, zu übertragen, das jetzige Verfahren eingeleitet. Die Mutter hat während dieses Verfahrens beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung die Sommerferien 2003 zu regeln, der Vater hat die Herausgabe der Tochter zur Teilnahme an seinem Geburtstag im Jahr 2004 per einstweiliger Anordnung beantragt. Beide Anträge sind zurückgewiesen worden.
Das AG hat am 2.9.2004 erstmals die Parteien und das Kind an...