Leitsatz (amtlich)
Haften mehrere Gerichtskostenschuldner gemäß § 59 GKG als Gesamtschuldner, so ist der Kostenbeamte gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 der Kostenverfügung regelmäßig verpflichtet, sämtliche Kostenschuldner nach Kopfteilen in Anspruch zu nehmen, wenn ihre Haftung im Innenverhältnis zueinander nicht bekannt ist und die Sicherheit der Staatskasse keine abweichende Inanspruchnahme geboten erscheinen lässt.
Normenkette
GKG § 59; KostVfg § 8
Verfahrensgang
Tenor
Der Kostenansatz wird in Höhe des 10.631,25 DM übersteigenden Betrages aufgehoben.
Gründe
Die mit dem Ziel einer nur hälftigen Inanspruchnahme für die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3 der Kostenverfügung (KostVfg) eingelegte Erinnerung ist gem. § 5 Abs. 1 S. 1 GKG zulässig. Im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren nach § 5 GKG ist eine Nachprüfung des Kostenansatzes auch daraufhin zulässig, ob die Vorschrift des § 8 KostVfg beachtet worden ist, die die Inanspruchnahme gesamtschuldnerisch haftender Kostenschuldner näher regelt. Zwar handelt es sich bei der Kostenverfügung lediglich um eine Verwaltungsanordnung. Ihre Aufstellung und regelmäßige Anwendung bewirken jedoch eine Selbstbindung der Verwaltung, die ihr Ermessen einschränkt und sie nach dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verpflichtet, im Einzelfall diese Vorschriften zu befolgen und bei der geübten Praxis zu bleiben. Ein Abweichen hiervon kann daher einen Ermessensfehler darstellen und zur Rechtswidrigkeit des Ansatzes führen (vgl. zu Vorstehendem KG Rpfleger 1969, 262, JurBüro 1979, 735 [737]; OLG Koblenz v. 27.1.1988 – 14 W 864/87, Rpfleger 1988, 384; OLG Karlsruhe JurBüro 1981, 414 [416]; NJW-RR 2001, 1365 [1366]; OLG München v. 23.11.1999 – 11 W 3006/99, OLGReport München 2000, 57 = NJW-RR 2000, 1744; Oestreich/Winkler/Hellstab, GKG, § 5 Rz. 27, § 58 Rz. 4, jeweils m.w.N.).
Die Erinnerung ist auch begründet, da der angefochtene Kostenansatz nicht unter Beachtung von § 8 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 KostVfg ergangen ist.
Die Beteiligte zu 1) und Klägerin zu 1) sowie der Kläger zu 2) waren als solche im Ausgangsprozess Streitgenossen. Zwischen ihnen bestand mit Rücksicht auf die Regelung des § 248 Abs. 1 AktG sogar notwendige Streitgenossenschaft (vgl. BGH v. 5.4.1993 – II ZR 238/91, BGHZ 122, 240 = AG 1993, 422 = GmbHR 1993, 446 = MDR 1993, 745 = NJW 1993, 1976 [1983]). Da ihnen durch das Urteil des BGH vom 29.1.2001 die Kosten der Rechtsmittelverfahren auferlegt worden sind, haften sie für die Kosten des Berufungsverfahrens als Entscheidungsschuldner (§ 54 Nr. 1 GKG), und zwar nach der gesetzlichen Regelung des § 59 Abs. 1 S. 1 GKG als Gesamtschuldner, weil es an einer anderen Verteilung dieser Kosten durch gerichtliche Entscheidung gem. § 59 Abs. 1 S. 2 GKG fehlt.
Die Inanspruchnahme gesamtschuldnerisch haftender Kostenschuldner ist in § 8 KostVfg näher geregelt. Gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 KostVfg bestimmt der Kostenbeamte in allen sonstigen Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung, in denen – wie hier – die Voraussetzungen der § 8 Abs. 1 und 2 KostVfg nicht gegeben sind, nach pflichtgemäßem Ermessen, ob der geschuldete Betrag von einem Kostenschuldner ganz oder von mehreren nach Kopfteilen angefordert werden soll. Soweit die Sicherheit der Staatskasse keine andere Art der Inanspruchnahme geboten erscheinen lässt, sollen die Kosten regelmäßig in der in § 8 Abs. 3 S. 2 Nrn. 1–3 KostVfg bestimmten Reihenfolge angefordert werden. Vorliegend sind weder die Voraussetzungen der Nr. 1 (Auferlegung durch gerichtliche Entscheidung auf bzw. Übernahme durch einen der Gesamtschuldner) gegeben, noch sind aus den Akten die Voraussetzungen der Nr. 2 (endgültige Kostentragungspflicht durch einen der Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander) ersichtlich. Maßgebend ist daher die Regelung des § 8 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 KostVfg, wonach die Kosten regelmäßig von sämtlichen Kostenschuldnern nach Kopfteilen angefordert werden sollen, wenn ihr Innenverhältnis dem Kostenbeamten nicht bekannt ist oder wenn sie auch im Verhältnis zueinander gleichmäßig haften. Dies ist hier der Fall, da die Akten zur endgültigen Kostentragungspflicht der beiden Kläger im Innenverhältnis keine Angaben enthalten und Umstände, die aus Gründen der Sicherheit der Staatskasse eine andere Art der Inanspruchnahme geboten erscheinen ließen, nicht ersichtlich sind.
Die sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ergebende Ermessensbindung der Verwaltung gilt auch hinsichtlich der Beachtung des § 8 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 KostVfg. Sofern dessen Voraussetzungen vorliegen, ist der Kostenbeamte daher nach wohl herrschender Auffassung regelmäßig verpflichtet, die Kosten zunächst von allen Gesamtschuldnern nach Kopfteilen anzufordern (vgl. OLG Koblenz v. 27.1.1988 – 14 W 864/87, Rpfleger 1988, 384; OLG München v. 23.11.1999 – 11 W 3006/99, OLGReport München 2000, 57 = NJW-RR 2000, 1744; FinG Berlin v. 15.3.1990 – VII 599/89, EFG 1990, 597; FinG...