Leitsatz (amtlich)
Bei der Bemessung des Streitwertes für die Löschung einer Grundschuld ist nicht in jedem Fall auf den Nominalbetrag der Grundschuld abzustellen. Vielmehr ist auf die tatsächliche wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für die Parteien abzustellen (im Anschluss an BVerfG, Beschl. v. 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, NJW-RR 2000, 946),
Normenkette
ZPO § 6
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 36 O 274/02) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Streitwertbeschluss des LG Berlin vom 14.1.2003 – 36 O 274/02 – geändert:
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
Klageantrag zu 1): 23.566,47 Euro
(für die Gerichtsgebühren und die anwaltlichen Prozessgebühren) 17.764,31 Euro
(für die anwaltliche Verhandlungsgebühr)
Klageantrag zu 2a): 55.048,91 Euro
Klageantrag zu 2b): 55.048,91 Euro
Klageantrag zu 3): 147.354,41 Euro
Klageantrag zu 4): 147.354,41 Euro
Klageantrag zu 5): 6.443,62 Euro.
Der Gebührenstreitwert für die Gerichtskosten und die anwaltlichen Kosten des Klägers beträgt 232.413,41 Euro, mit Ausnahme des Gebührenstreitwertes für die anwaltliche Verhandlungsgebühr, der 226.611,25 Euro beträgt.
Der Gebührenstreitwert für die anwaltlichen Gebühren der Beklagten zu 1) beträgt 170.920,88 Euro, mit Ausnahme des Gebührenstreitwertes für die anwaltliche Verhandlungsgebühr, der 165.118,72 Euro beträgt.
Der Gebührenstreitwert für die anwaltlichen Gebühren der Beklagten zu 2) beträgt 85.058 Euro, mit Ausnahme des Gebührenstreitwertes für die anwaltliche Verhandlungsgebühr, der 79.256,84 Euro beträgt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 3.607,44 Euro festgesetzt.
Gründe
Das LG Berlin hat mit Beschluss vom 14.1.2003, der dem Kläger am 17.2.2003 zugestellt worden ist, den Streitwert für die Klageanträge zu 1) bis 5) sowie die sich insoweit ergebenden Gebührenstreitwerte für die Parteien festgesetzt. Hiergegen richtet sich die am 26.2.2003 bei dem LG Berlin per Telefax eingegangene Streitwertbeschwerde des Klägers. Das LG Berlin hat der Beschwerde gegen die Festsetzung der Streitwerte zu den Klageanträgen zu 2a) bis 4) mit Beschluss vom 1.4.2003 nicht abgeholfen.
Die Beschwerde ist zulässig, insb. form- und fristgerecht innerhalb der Frist gem. § 25 Abs. 3, Abs. 2 S. 3 GKG erhoben worden. Sie ist zum Teil begründet.
Zutreffend hat das LG die Streitwerte gem. § 3 ZPO für die Klageanträge zu 1) und 5) festgesetzt.
Hinsichtlich der Klageanträge zu 2a) und b) ist gem. § 3 ZPO von dem Interesse des Klägers an der Feststellung bzw. Freistellung von der Verbindlichkeit auszugehen. Hierbei ist nicht der Nominalbetrag des Darlehens, sondern die unstreitig zwischen den Parteien noch bestehende Restforderung aus den Darlehensverträgen zugrunde zu legen. Mehr als den unstreitigen Betrag i.H.v. 147.354,41 Euro, den der Kläger im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch Einreichung der Saldenmitteilung der Beklagten zu 1) vom 31.12.2002 nachgewiesen hat, kann die Beklagte zu 1) von diesem nicht verlangen. Auch der Freistellungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) kann über diesen Betrag nicht hinausgehen. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ist daher unter Berücksichtigung des vom Kläger „anerkannten” Darlehensbetrages i.H.v. 92.305,50 Euro, der Streitwert auf jeweils 55.048,91 Euro festzusetzten.
Für den Klageantrag zu 3) ist im vorliegenden Fall bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht von dem Nominalbetrag der Grundschuld auszugehen. Zwar ist gem. § 6 ZPO für die Bestimmung des Wertes der Wert einer Sache, wenn es auf deren Besitz, und der Betrag einer Forderung, wenn es auf deren Sicherstellung oder ein Pfandrecht ankommt, maßgebend. Die h.M., nach der es allein auf den Nominalbetrag der Grundschuld ankommt (so auch KG v. 17.4.2000 – 23 U 1888/00, KGReport Berlin 2000, 378), ist nach der Entscheidung des BVerfG (BVerfG v. 16.11.1999 – 1 BvR 1821/94, NJW-RR 2000, 947), bei der es ausdrücklich um die Löschung einer Grundschuld ging, nicht mehr aufrechtzuerhalten. Das BVerfG hat die Verletzung des Justizgewährungsanspruches der beklagten und kostenbelasteten Partei angenommen, wenn aufgrund des weit über dem wirtschaftlichen Wert des Verfahrens festgesetzten Streitwertes bereits die Kosten einer Gerichtsinstanz das wirtschaftliche Interesse des Beklagten an einer Rechtsverteidigung übersteigen. So liegt der Fall hier zwar nicht. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung jedoch klargestellt, dass es nicht allein auf den Wert der Sache bzw. den Betrag der Forderung im Rahmen der Wertfestsetzung ankommen kann, sondern dass im Einzelfall die tatsächliche wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits für die Partei bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen ist. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers ist vorliegend darauf gerichtet, die Grundschuld in der unstreitig valutierenden Höhe von 147.354,41 Euro zur Löschung zu bringen, da er der Ansicht ist, dass bereits eine Überzahlung auf die Darlehensschuld vorliege. Allein nach dem Wert dieses wirtschaft...