Leitsatz (amtlich)
Der Antragsteller, der einen sich abzeichnenden Rechtsstreit erkennt und dennoch sich nicht darauf einstellt und nicht sein Vermögen zusammenhält, muss sich die weggegebenen Vermögenswerte als fiktives Vermögen bei Beurteilung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse i.S.d. § 114 ZPO anrechnen lassen (hier: Ausgeben des Kaufpreises für einen unfallgeschädigten Pkw, für dessen Beschädigung Schadensersatz eingeklagt wird).
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 06.11.2006; Aktenzeichen 24 O 365/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Berlin vom 6.11.2006 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 7.5.2007 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde war zurückzuweisen, da die Voraussetzungen, unter denen einer Partei nach § 114 ZPO Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, nicht vorliegen.
Dabei kann es dahinstehen, ob mit dem LG davon ausgegangen werden kann, dass die Antragstellerin aktuell über ein Kontoguthaben verfügt, welches sie im Rahmen der Rechtsverfolgung einzusetzen hat und dafür ein Guthaben i.H.v. knapp 600 EUR ausreichend ist.
Die Antragstellerin hat nach ihrem jetzigen Vorbringen den Pkw BMW 318i, für dessen Beschädigung im Rahmen des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls sie Schadenersatz begehrt, zu einem Zeitpunkt verkauft, als ihr Prozessbevollmächtigter mit Schreiben vom 30.6.2005 - Anlage K 4 - an den Beklagten, vertreten durch die Senatsverwaltung für Finanzen, bereits herangetreten war und Zahlung i.H.v. 1.433,43 EUR bis zum 14.7.2005 begehrt hatte. Im Hinblick auf den nachfolgenden Schriftwechsel mit Schriftsätzen vom 8. und 27.7.2005, 16.8.2005, 12. und 20.10.2005 musste die Antragstellerin damit rechnen, dass ein einvernehmlicher Ausgleich des gesamten von ihr geltend gemachten Schadens nicht erfolgen wird. Wenn sie zu diesem Zeitpunkt, nämlich nach dem von ihr jetzt behaupteten Verkauf des Fahrzeuges im Juli oder August 2005 den Verkaufserlös von ca. 1.700 EUR ausgibt und nicht zur Finanzierung eines sich bereits abzeichnenden Rechtsstreits behält, so hat sie sich vorsätzlich außer Stande gesetzt, ihr vorhandenes Vermögen zur Prozessführung einzusetzen (Zöller/Philippi, 26. Aufl., § 115 ZPO Rz. 72 ff.; vgl. auch KG, Beschl. v. 26.11.2003 - 12 W 272/03). Wenn der Antragsteller die Notwendigkeit eines Prozesses erkennt, hat er sich darauf einzustellen und sein Vermögen zusammenzuhalten; tut er dies nicht, so sind die weggegebenen Vermögenswerte als fiktives Vermögen einzusetzen (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rz. 353).
Ob die beabsichtigte Klage daneben keine hinreichende Erfolgsaussicht hat, weil die Antragstellerin auch unter Berücksichtigung ihres jetzigen Vorbringens, sie habe den Pkw BMW zu einem nicht mehr bekannten Zeitpunkt im April oder Mai 2005 von einer namentlich nicht bekannten jugoslawischen Privatperson zu einem nicht mehr genau bekannten Preis erworben, wobei sie nicht mehr im Besitz eines schriftlichen Kaufvertrages sei, nicht ausreichend zu ihrer Aktivlegitimation vorgetragen hat, kann ebenso unentschieden bleiben wie die Frage, ob dem LG darin gefolgt werden kann, dass die Rechtsverfolgung in der Sache nicht Erfolg versprechend ist.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 127 Abs. 4 ZPO. Die von dem Beschwerdeführer zu tragende Gerichtsgebühr ergibt sich unmittelbar aus Ziff. 1811 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.
Fundstellen
NZV 2008, 253 |
VRS 2008, 17 |
VersR 2008, 803 |
OLGR-Ost 2008, 444 |