Leitsatz (amtlich)

Ein im Eigentum des Antragstellers stehender Personenkraftwagen ist bei Beurteilung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe als einzusetzendes Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 2 ZPO anzusehen, soweit nicht Anhaltspunkte für dessen Unverwertbarkeit nach § 90 Abs. 2, 3 SGB XII vorliegen oder eine Verwertung aus anderen Gründen unzumutbar ist (vgl. KG, Beschl. v. 27.2.2006 - 12 W 5/06, KGReport 2006, 597 = zfs 2006, 445 = VRS 110, 349 = MDR 2006, 946 = VM 2006, 66 Nr. 67 = NZV 2007, 43).

Unzumutbarkeit kann dann vorliegen, wenn der Vorwurf eines manipulierten Unfalls erhoben ist, das Fahrzeug Gegenstand eines vom Gericht angeordneten Unfallrekonstruktionsgutachtens ist und der Antragsteller wegen des ihm auferlegten Vorschusses Prozesskostenhilfe begehrt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 15.02.2007; Aktenzeichen 24 O 78/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der seinen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 4.1.2007 zurückweisenden Beschluss der Zivilkammer 24 des LG Berlin vom 15.2.2007 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 19.3.2007 aufgehoben.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat bei dem LG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, da er sich wirtschaftlich nicht in der Lage sieht, den vom LG mit Beschluss vom 23.10.2006 für die Erstellung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens erforderten Auslagenvorschuss i.H.v. 2.500 EUR zu zahlen. Das LG hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.

II. Im Ansatz zutreffend geht das LG davon aus, dass ein im Eigentum des Antragstellers stehender Personenkraftwagen bei der Beurteilung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe als einzusetzendes Vermögen i.S.d. § 115 Abs. 2 ZPO anzusehen ist, soweit nicht Anhaltspunkte für dessen Unverwertbarkeit nach § 90 Abs. 2, 3 SGB XII vorliegen oder eine Verwertung aus anderen Gründen unzumutbar ist (KG MDR 2006, 946 = KGReport Berlin 2006, 597).

Richtig ist auch, dass allein der Umstand, dass die Frage der Haftung der Beklagten für die unfallbedingte Beschädigung des Pkw Gegenstand des Rechtsstreits ist, nicht zur Unverwertbarkeit dieses Personenkraftwagens führt (Senat, a.a.O.).

Zu Unrecht geht das LG aber davon aus, dass dem Antragsteller vorliegend eine Verwertung des Personenkraftwagens zumutbar ist. Dem Antragsteller ist eine solche Verwertung seines beschädigten Personenkraftwagens schon deshalb nicht zuzumuten, weil dieses Fahrzeug Gegenstand des vom LG mit Beschluss vom 23.10.2006 angeordneten und wegen des vom Antragsteller nicht eingezahlten Vorschusses noch nicht erstellten Unfallrekonstruktionsgutachtens ist.

Durch eine Veräußerung des beschädigten Fahrzeuges würde dem mit der Erstellung des Unfallrekonstruktionsgutachtens beauftragten Sachverständigen - trotz der Existenz von Fotos des Pkw - faktisch die Möglichkeit der Inaugenscheinnahme der Unfallschäden am Fahrzeug des Antragstellers genommen. Wie sich aus ihrem Schriftsatz vom 22.1.2007 ergibt, halten auch die Beklagten, die die Beweislast für eine bewusste Herbeiführung des Unfalls tragen, eine solche Inaugenscheinnahme für erforderlich.

In ähnlich gelagerten Fällen wertet die Rechtsprechung eine (schnelle) Veräußerung des beschädigten Fahrzeuges als (ein) Indiz für die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Unfallmanipulation. Grund hierfür ist die Annahme, der Geschädigte wolle durch die (schnelle) Veräußerung eine Begutachtung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen verhindern. Wenn diese Rechtsprechung richtig ist - wovon der Senat ausgeht, dann kann im vorliegenden Sonderfall vom Antragsteller eine solche Veräußerung vor der Begutachtung durch den vom LG beauftragten Sachverständigen aber nicht verlangt werden.

Die Entscheidung über den Antrag des Antragstellers vom 4.1.2007 wird dem LG übertragen (§ 572 Abs. 3 ZPO). In diesem Zusammenhang mag auch geprüft werden, ob im Hinblick auf die Beweislast der Beklagten für die bewusste Herbeiführung des Unfalls der Vorschuss für die Erstellung des Sachverständigengutachtens hälftig auf die Parteien aufzuteilen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1855602

OLGR-Ost 2008, 173

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