Leitsatz (amtlich)
1. Der Umstand, dass sich die Schadenshöhe eines Vermögensdelikts noch nicht exakt beziffern lässt, steht der Annahme eines dringenden Tatverdachts nicht entgegen. Es muss lediglich mit der gebotenen hohen Wahrscheinlichkeit feststehen, dass (neben den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des Vermögensdelikts) ein Vermögensschaden vorliegt, wobei sich diese Einschätzung nach dem jeweiligen Stand der Ermittlungen richtet.
2. Hat der Beschuldigte seinen Wohnsitz im Ausland, begründet dies für sich allein keine Fluchtgefahr, kann aber bei der erforderlichen Gesamtwürdigung mitberücksichtigt werden. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn dies als Anhaltspunkt für die Fluchtgefahr gewertet wird.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 08.07.2014; Aktenzeichen 519 Qs 19/14) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 8. Juli 2014 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Gegen den Beschuldigten besteht der auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützte Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 4. April 2014 - (351 Gs) 243 Js 56/14 (1120/14) -. Darin wird ihm zur Last gelegt, sich im Zeitraum von April 2008 bis Januar 2011 als Mitglied einer Bande gewerbsmäßig des Betruges in sechs Fällen und des vorsätzlichen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften in fünf Fällen schuldig gemacht zu haben. Er soll mit mehreren Mitbeschuldigten übereingekommen sein, einer Vielzahl geschäftlich unerfahrener Personen überteuerte, meist fremd genutzte Immobilien als "Steuerspar-Modell" anzubieten und sie unter bewusst wahrheitswidrigen Angaben über Art und Beschaffenheit der Immobilie, den eintretenden Steuervorteil oder den monatlich aufzubringenden Eigenanteil zum Erwerb der Immobilie zu veranlassen. In den Unternehmen G. AG, P. Ltd. und V. GmbH & Co. KG, die an den Immobiliengeschäften auf Bauträgerseite beteiligt waren, soll der Beschuldigte leitende Funktionen innegehabt haben und dabei in engem Kontakt mit den Vertriebsunternehmen (C. GmbH, O. GmbH und I. GmbH) in Ausführung des Tatplanes in sechs Fällen einen deutlich überteuerten, unter anderem hohe Vermittlungsprovisionen einschließenden Kaufpreis festgelegt haben. Außerdem soll der Beschuldigte als Vorstand der G. AG in Kenntnis aller Umstände der C. GmbH Mittel für Kredite zur Verfügung gestellt haben, die diese Wohnungskäufern gewährte, ohne dass die C. GmbH über die zur Betreibung von Bankgeschäften erforderliche Erlaubnis verfügte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Haftbefehl Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat nach der Festnahme des Beschuldigten am 6. Mai 2014 die Vollziehung des Haftbefehls und mit Beschluss vom 27. Mai 2014 die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht durch den angefochtenen Beschluss verworfen. Die zulässige weitere Beschwerde des Beschuldigten hat keinen Erfolg.
1. Der Beschuldigte ist der ihm im Haftbefehl zur Last gelegten Straftaten aufgrund der dort genannten Beweismittel dringend verdächtig (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
Mit Recht weist die Verteidigung darauf hin, dass es nicht angeht, den durch die Täuschungshandlungen bewirkten jeweiligen Vermögensschaden der Käufer, wie in dem Haftbefehl geschehen, mit dem jeweiligen Kaufpreis gleichzusetzen (Beispiel: Fall 1 [Geschädigter: T.]: der Haftbefehl bemisst den Schaden bei einem Kaufpreis von 190.000,- Euro auf 190.000,- Euro). Ein Schaden im Sinne des § 263 StGB tritt nach ständiger Rechtsprechung ein, wenn die Vermögensverfügung unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BGHSt 16, 220, 221). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung. Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für den Tatbestand ohne Belang (vgl. BGHSt 30, 388, 389 f.); dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGHSt 51, 10, 17). Danach ist hier in allen Fällen dem vereinbarten Kaufpreis jeweils der Verkehrswert der Immobilie im Zeitpunkt des Verkaufs gegenüberzustellen. Grundsätzlich erleidet, wie in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, ein durch Täuschung zum Kaufabschluss bewogener Kunde nur dann einen Schaden, wenn die Sache objektiv den vereinbarten Preis nicht wert ist (vgl. auch BGH NStZ 2014, 318, 320f mit Ausführungen zum sog. "persönlichen Schadenseinschlag").
Derzeit werden die Verkehrswerte der verkauften Immobilien durch Gutachten ermittelt, die die Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben hat. Da die Ergebnisse dieser Ermittlungen noch ausstehen, lässt sich die jeweilige Schadenshöhe gegenwärtig nicht exakt beziffern. Dies steht der Annahme des dringenden Tatverdachts jedoch nicht entgegen. Im Falle der (zu erwartenden) Anklageerhebung wird es letztlic...