Leitsatz (amtlich)
Im Verfügungsverfahren entspricht der Streitwert des Aufhebungsverfahrens nach § 926 Abs. 2 ZPO zwar grundsätzlich dem des Anordnungsverfahrens. Davon sind jedoch Ausnahmen gerechtfertigt, wenn die Parteien über die Rechtmäßigkeit des Fortbestandes der einstweiligen Verfügung nicht ernsthaft streiten.
Normenkette
ZPO §§ 3, 926 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 97 O 86/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Kammer für Handelssachen 97 des LG Berlin vom 29.11.2000 geändert:
Der Wert des Aufhebungsverfahrens (betreffend den Antrag zu 1b) des Anordnungsverfahrens) wird auf 12.222,22 DM festgesetzt. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der vom LG für das Aufhebungsverfahren betreffend den Antrag zu 1b) festgesetzte Wert wird der wahren Bedeutung der Sache nicht gerecht. Vielmehr ist er auf 1/3 des Wertes des betreffenden Verfügungsantrags festzusetzen.
Maßgeblich ist zunächst, dass es sich nicht um eine Streitwertbeschwerde im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens (Anordnungsverfahrens), sondern eines Aufhebungsverfahrens nach § 926 Abs. 2 ZPO handelt. Grundsätzlich vertritt der beschließende Senat zwar die Auffassung, dass der Streitwert des Aufhebungsverfahrens mit dem Streitwert des Anordnungsverfahrens identisch ist. Die Anwendung dieses Grundsatzes entbehrt aber vorliegend der sachlichen Berechtigung. Die Parteien haben im Rahmen des Aufhebungsverfahrens nicht ernsthaft um die Berechtigung der Fortdauer der Anordnung gestritten. Vielmehr stand bei Stellung des Aufhebungsantrags durch die Schuldnerin fest, dass die Gläubigerin des Unterlassungsanspruchs und hiesige Beschwerdeführerin den hier verfahrensgegenständlichen Verfügungsantrag zu 1b) im Rahmen einer Hauptsacheklage nicht weiter verfolgen wollte, sondern den Antrag mangels fortbestehenden Rechtsschutzinteresses für erledigt hielt. In einem solchen Fall ist es geboten, den Streitwert des Aufhebungsverfahrens gem. § 926 Abs. 2 ZPO geringer zu bemessen als den Streitwert im Anordnungsverfahren, weil lediglich noch über die formale Aufhebung der insoweit erlassenen einstweiligen Verfügung wegen Nichteinhaltung der Frist zur Klageerhebung zu entscheiden ist (OLG Frankfurt JurBüro 1969, 343; OLG Bamberg JurBüro 1974, 1150; OLG Hamburg WRP 1977, 814; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 11. Aufl., § 3 Abs. 6; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 16). Der Senat hält vorliegend ein Drittel des anteiligen Streitwertes des Anordnungsverfahrens für angemessen i.S.d. § 3 ZPO.
Letzteren hat das LG allerdings ebenfalls nicht zutreffend bemessen.
Zuzustimmen ist ihm allerdings im Ansatz, dass die Streitwertangabe in der Klage-(Antrags-)schrift ein wichtiges Indiz für das gem. § 3 ZPO ausschlaggebende wahre Interesse des Klägers (Antragstellers) an dem erstrebten Rechtszustand darstellt. Die Angabe eines Gesamtstreitwertes von 500.000 DM hat aber vorliegend nur insoweit Bedeutung für die Bewertung eines einzelnen Antrags der insgesamt 4 gestellten Verfügungsanträge, als sich daraus ein gewisser Rahmen entnehmen lässt. Eine Unterteilung des angegebenen Gesamtstreitwertes mit Blick auf die einzelnen Anträge ist von der Beschwerdeführerin dagegen nicht vorgenommen worden. Diese Tatsache rechtfertigt aber sachlich nicht ohne weiteres die vom LG vorgenommene Schlussfolgerung, dass die Beschwerdeführerin damit stillschweigend eine gleichmäßige Gewichtung aller 4 Anträge zum Ausdruck habe bringen wollen, an der sie nun festzuhalten sei. Selbst wenn die vorgenommene Unterstellung zuträfe, was die Antragstellerin selbst von sich weist, obläge dem Gericht jedenfalls im Hinblick auf die von Amts wegen vorzunehmende Streitwertfestsetzung eine eigenverantwortliche Überprüfung der Angaben auf ihre Plausibilität. Vorliegend ist festzustellen, dass der dem Gericht zur Entscheidung gestellte Sachverhalt Anlass zu unterschiedlicher Gewichtung der 4 Verfügungsanträge gibt. Ausgehend von dem im Anordnungsverfahren vom Gericht festgesetzten Gesamtstreitwert von 330.000 DM, gegen den die Parteien keine Einwendungen erhoben haben, ist es gerechtfertigt, den Antrag zu 1a) als für die Beschwerdeführerin überragend bedeutsam anzusehen und ihn mit 220.000 DM zu bewerten. Nach dem erkennbaren wirtschaftlichen Interesse ging es der Antragstellerin dabei vorrangig um das Verbot der Bewerbung und Veräußerung der unter Verletzung ihrer bekannten Marke hergestellten Kleidungsstücke. Das begehrte Verbot, es generell zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Bekleidungsartikel mit dem Zeichen „B.-H.-B.” zu bewerben und zu veräußern, die nicht von der H.-B. AG selbst oder durch von dieser legitimierte Dritte hergestellt wurden, war für sie zum Schutz ihrer wertvollen Marke von ausschlaggebender Bedeutung. Bei den übrigen Anträgen, insbesondere auch dem Antrag zu 1b), handelte es sich lediglich um begleitende Unterlassungsansprüche ...