Entscheidungsstichwort (Thema)
Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 17.07.2008; Aktenzeichen 21 O 351/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 22.7.2008 wird der Beschluss des LG Berlin vom 17.7.2008 - 21 O 351/02 - dahingehend abgeändert, dass der Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren auf bis zu 440.000 EUR festgesetzt wird.
Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beklagte wendet sich mit der sofortigen Beschwerde vom 22.7.2008, beim LG am gleichen Tag eingegangen, gegen den Beschluss des LG vom 17.7.2008. Auf den Antrag des Klägers hat das LG mit diesem Beschluss den Wert für die Rechtsanwaltsgebühren auf bis zu 700.000 EUR festgesetzt. Die Beklagte rügt, dass das LG den Wert für die Anwaltsgebühren bereits mit Beschluss vom 5.6.2008 festgesetzt habe; eine erneute, anderweitige Festsetzung komme deshalb nicht in Betracht. Auch in der Sache sei der Beschluss unzutreffend; der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit decke sich mit dem Wert des gerichtlichen Verfahrens.
II.1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren. Gegen eine derartige Gebührenfestsetzung ist die sofortige Beschwerde statthaft (§ 33 Abs. 3 RVG); die Beschwerdeführerin als die erstattungspflichtige Gegnerin ist insoweit auch beschwerdebefugt (§ 33 Abs. 2, 3 RVG). Die sofortige Beschwerde wurde innerhalb der Zwei-Wochen-Frist (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG) eingelegt. Zwar ist der landgerichtliche Beschluss entgegen §§ 329 Abs. 2 Satz 2, 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO den Parteien nicht förmlich zugestellt (vgl. Hartmann, Kostengesetzte [38. Aufl. 2008], § 33 RVG Rz. 18), sondern nur formlos übersandt worden. Aber die sofortige Beschwerde ist bereits fünf Tage nach Erlass des angegriffenen Beschlusses beim LG (§ 33 Abs. 7 Satz 3 RVG) eingegangen, so dass die Beschwerdefrist damit in jedem Fall gewahrt ist.
2. Die Beschwerde ist auch begründet.
(a) Mit der Rüge, über den Antrag auf Festsetzung des Werts der Rechtsanwaltsgebühren habe das LG bereits mit Beschluss vom 5.6.2008 endgültig entschieden, dringt die Beschwerdeführerin allerdings nicht durch. Das LG hat in der Nichtabhilfeentscheidung vom 21.8.2008 ausführlich dargelegt, dass der Antrag der Beklagten vom 15.8.2008, den Streitwert für die anwaltliche Gebührenabrechnung festzusetzen, missverstanden worden sei; der Antrag wurde nicht als Antrag nach § 33 RVG, sondern als Antrag nach § 63 GKG, also auf Festsetzung des Werts der Gerichtsgebühren, aufgefasst. Das ergibt sich auch aus dem Festsetzungsbeschluss vom 5.6.2008, dem Nichtabhilfebeschluss vom 16.6.2008 und der Beschwerdeentscheidung des KG vom 27.6.2008 (7 W 44/08). In allen Entscheidungen kommt deutlich zum Ausdruck, dass jeweils nur eine Wertfestsetzung nach dem GKG, nicht jedoch nach dem RVG gewollt war. Erst nach Erlass der Beschwerdeentscheidung vom 27.6.2008 hat sich das Missverständnis aufgeklärt. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 17.6.2008 ist deshalb die (ursprünglich begehrte) Festsetzung erstmalig erfolgt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liegt also keine zweimalige Wertfestsetzung nach dem RVG vor, sondern auf den entsprechenden Antrag wurde irrtümlich zunächst der Wert der Gerichtsgebühren und sodann in einem weiteren Beschluss antragsgemäß der Wert der anwaltlichen Tätigkeit festgesetzt.
(b) Indessen verhilft die weitere Rüge, der Wert der anwaltlichen Tätigkeit sei nicht gesondert festzusetzen, weil sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit mit dem Wert des gerichtlichen Verfahrens decke, der Beschwerde zum Erfolg.
(aa) In der Sache geht es um eine Forderung i.H.v. 234.958,20 EUR, die von der Streithelferin der Beklagten in das Verfahren eingeführt wurde; die Streithelferin hat diese Forderung gegen die Klageansprüche aufgerechnet. Im Teil- und Grundurteil vom 4.1.2007 wurde über diese Forderung nicht entschieden. Nachdem sich die Parteien am 10.4.2008 verglichen hatten, hat das LG den Streitwert für das gerichtliche Verfahren auf bis zu 440.000 EUR festgesetzt. Die Aufrechnung durch die Streithelferin i.H.v. 234.958,20 EUR wurde dabei nicht werterhöhend berücksichtigt.
(bb) Nach § 33 Abs. 1 RVG - gleichlautend auch schon § 10 Abs. 1 BRAGO - ist der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit vom Gericht des ersten Rechtszugs selbständig festzusetzen, wenn sich die anwaltlichen Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder wenn es an einem solchen Wert fehlt. Beides ist hier nicht der Fall. Die Anwaltsgebühren richten sich nach den Gerichtsgebühren und es fehlt auch nicht an einem Wert, an dem sich die anwaltliche Gebührenberechnung ausrichten könnte; das LG hat diesen mit Beschluss vom 5.6.2008 bereits auf bis zu 440.000 EUR festgesetzt.
(cc) Die Frage, wie im Hinblick auf die Festsetzung der anwaltlichen Gebühren zu verfahren ist, w...