Leitsatz (amtlich)
1. Gegen eine Streitwertfestsetzung durch das LG als Rechtsmittelgericht ist die Beschwerde zum OLG statthaft.
2. Verfolgt ein klagender Wohnungseigentümer mit der Anfechtung der Bestellung (bzw. Beauftragung) eines WEG-Verwalters nicht finanzielle Interessen sondern wegen einer Störung des Vertrauensverhältnisses zum Verwalter allein die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwaltung der Gemeinschaft, ist das Einzelinteresse des Klägers i.S.v. § 49a Abs. 1 GKG regelmäßig mit 1.000 EUR zu bewerten, wenn konkrete, wegen der Verwaltung durch den abgelehnten Verwalter befürchtete finanzielle Nachteile, nach denen der Wert der Anfechtung der Verwalterbestellung bemessen werden könnte, nicht erkennbar sind.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 07.12.2010; Aktenzeichen 55 S 236/10 WEG) |
AG Berlin-Köpenick (Aktenzeichen 70 C 85/09 WEG) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Wert des Berufungsverfahrens in Abänderung des Beschlusses des LG Berlin - 55 S 236/10 WEG - vom 7.12.2010 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen auf 11.320,30 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin ist Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie war mit der Verwalterin, der Beigeladenen, unzufrieden und wehrte sich gegen deren Bestellung zur Verwalterin und Beauftragung mit den Verwalterleistungen.
Im Einzelnen wurden folgende WEG-Beschlüsse angefochten.
TOP 2 vom 8.12.2009
(Beschluss über Bestellung des Verwalters für 2010)
TOP 3 vom 8.12.2009
(Beschluss über Abschluss des Verwaltervertrages)
TOP 4 vom 8.12.2009
(Beschluss über Abschluss des Verwaltervertrages vom 4.11.2009 bis zum 31.12.2009)
TOP 4 vom 3.11.2009
(Beschluss über Bestellung des Verwalters vom 4.11.2009 bis zum 31.12.2009)
Die Klägerin hat zunächst allein den letzten Beschluss mit Klageschrift vom 3.12.2009 angefochten und nach Ablauf des Verwaltungszeitraums Ende 2009 den Rechtsstreit im Schriftsatz vom 8.1.2010 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich nicht angeschlossen. Mit gesonderter Klage hat die Klägerin dann die übrigen Beschlüsse angefochten. Das AG hat beide Verfahren verbunden und die angefochtenen Beschlüsse antragsgemäß für ungültig erklärt sowie im Übrigen die Hauptsachenerledigung festgestellt. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Klage abgewiesen und den Wert des Berufungsverfahrens wie folgt festgesetzt.
Antrag zu 1) 1.297,80 EUR
Antrag zu 2) 1.297,80 EUR
Antrag zu 3) 216,30 EUR
Feststellungsantrag (HSE) 38,68 EUR
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin.
II. Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Die von den Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin aus eigenem Recht gegen die Wertfestsetzung des LG in dem Beschluss vom 7.12.2010 eingelegte Beschwerde ist gem. §§ 68 Abs. 1 GKG, 32 Abs. 2 RVG zulässig.
Gegen eine Streitwertfestsetzung durch das LG als Rechtsmittelgericht ist die Beschwerde zum OLG statthaft (KG - 8 W 91/09 - Beschl. v. 12.11.2009 - juris; OLG Zweibrücken ZMR 2010, 141; OLG Köln MDR 2009, 1408; OLG Schleswig MDR 2009, 1355; OLGReport München 2009, 533; OLG Düsseldorf MDR 2007, 605; OLGReport Rostock 2006, 1004).
Maßgeblich für Rechtsmittel gegen die Wertfestsetzung sind allein die Regelungen im Gerichtskostengesetz. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG findet gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist, die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR übersteigt, was vorliegend der Fall ist. Die Beschwerde ist gem. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 2 GKG beim nächsthöheren Gericht einzulegen. Nächsthöheres Gericht in diesem Sinne ist im vorliegenden Fall der Wertfestsetzung in der Berufungsinstanz durch das LG das OLG (bzw. in Berlin das KG). Die Regelung führt zwar dazu, dass die Streitwertfestsetzung einer weitergehenden Überprüfung unterliegt als die Hauptsacheentscheidung. Dies entspricht aber dem Gesetzeswortlaut und ergibt sich aus dem insoweit eindeutigen Willen des Gesetzgebers, wonach die Beschwerde anders als nach § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F. auch dann zulässig sein soll, wenn das Rechtsmittelgericht die Entscheidung erlassen hat (BT-Drucks. 15/1971, 158). § 567 Abs. 1 ZPO, der vorsieht, dass die Beschwerde nur gegen Entscheidungen des LG stattfindet, die dieses im ersten Rechtszug erlässt, ist daher nicht (auch nicht analog) anwendbar.
2. Die Beschwerde ist teilweise begründet
Der Wert des Berufungsverfahrens beträgt 11.320,30 EUR.
a) Gemäß § 49a Abs. 1 GKG ist der Streitwert auf 50 Prozent des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen; er darf jedoch das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das Fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten.
aa) Nach dieser Vorschrift ist für die Wertfestsetzung als Ausgangswert zunächst der Betrag von 50 Prozent des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung maßgebl...