Entscheidungsstichwort (Thema)
Modernisierende Instandsetzung. Wohnungseigentumssache betreffend die Wohnanlage
Leitsatz (amtlich)
Auch eine zwar aufwendigere, aber wirtschaftlich vernünftige, technisch modernere Reparatur kann eine ordnungsmäßige Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums sein und damit von den Wohnungseigentümern mit bloßer Mehrheit beschlossen werden.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2
Beteiligte
der Wohnungseigentümer zu 1. – 60. wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 20. Juli 1988 – 191 T 214/87 (WEG) ersichtlich |
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 458/86 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 191 T 214/87 (WEG)) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen, die auch über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden hat.
Außergerichtliche Kosten dritter Instanz sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert beträgt 50.000,– DM.
Gründe
Durch Eigentümerbeschluß vom 23. Mai 1986 zu TOP I 4 ist der Verwalter beauftragt worden, Kostenangebote hinsichtlich der Reparatur der Flachdächer über den Gewerberäumen einzuholen und einen Architekten mit der Ausschreibung der Instandsetzung der Dachflächen zu beauftragen. In seiner Stellungnahme vom 10. Oktober 1986 schlägt der Architekt Diplom-Ingenieur G. vor, das vorhandene Umkehrdach, bei dem die Dachabdichtung unter der Wärmedämmung liegt und die Dichtungsbahnen nicht kontrolliert werden können, so daß bei Undichtigkeiten der gesamte Aufbau entfernt werden muß, gänzlich abzureißen und durch eine übliche Flachdachkonstruktion mit Gefälle zu den Dacheinläufen zu ersetzen, wodurch die Dachdichtung auf der Oberseite des Daches liegt und damit jederzeit kontrollierbar ist sowie eine statisch unzulässige Mehrbelastung der Dachdecke beseitigt wird. Durch Eigentümerbeschluß vom 21. November 1986 zu TOP I 1 ist bei 102 Ja-Stimmen, 7 Nein-Stimmen und 1 Stimmenthaltung die Instandsetzung der betreffenden Dachflächen nach Maßgabe der Stellungnahme des Architekten in einer Höhe von 100.000,– DM sowie eine entsprechende Sonderumlage beschlossen worden. Die Arbeiten sind inzwischen ausgeführt worden.
Durch Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 25. August 1987 ist der Antrag der Antragsteller, den Eigentümerbeschluß vom 21. November 1986 für ungültig zu erklären, mit der Begründung zurückgewiesen worden, die geplante Dachsanierung erscheine dem Gericht die vernünftigste Instandsetzungsmaßnahme zu sein und könne daher mit Stimmenmehrheit beschlossen werden. Auf die zulässigen sofortigen Beschwerden der Antragsteller hat das Landgericht Berlin durch den angefochtenen Beschluß die amtsgerichtliche Entscheidung geändert und den Eigentümerbeschluß vom 21. November 1986 zu TOP I 1 für ungültig erklärt. Hiergegen richtet sich die frist- und formgerecht für die Erstbeschwerdegegner eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Verwalters.
Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Es kann dahinstehen, ob dem Verwalter durch Teilungserklärung oder Verwaltervertrag die Ermächtigung zur Rechtsmitteleinlegung eingeräumt ist. Denn im vorliegenden Beschlußanfechtungsverfahren kann der Verwalter schon nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG die drittinstanzliche Entscheidung herbeiführen. Sein für die Eigentümergemeinschaft eingelegtes Rechtsmittel führt zur Zurückverweisung an das Landgericht Berlin. Der angefochtene Beschluß ist nicht frei von Rechts- und Verfahrensfehlern (§ 27 FGG).
Allerdings geht das Landgericht ohne Rechtsirrtum davon aus, daß das Beschlußanfechtungsverfahren durch die zwischenzeitliche Ausführung der Arbeiten nicht gegenstandslos geworden ist. Eine eventuelle Ungültigkeit des Eigentümerbeschlusses kann rechtliche Konsequenzen haben, weshalb das Anfechtungsverfahren fortzuführen ist. Die Entscheidung über den Beschluß vom 21. November 1986 ist ferner nicht präjudiziert durch den einstimmigen Eigentümerbeschluß vom 23. Mai 1986, wonach Kostenangebote einzuholen und eine Ausschreibung über einen Architekten zu veranlassen ist. Dieser Eigentümerbeschluß legt nur grundsätzlich fest, daß die Reparatur der Dachflächen über den Gewerberäumen begonnen werden soll, während die Art der Ausführung damals noch nicht bestimmt worden ist. Das ist erst durch den jetzt angefochtenen Eigentümerbeschluß vom 21. November 1986 geschehen.
Der angefochtene Beschluß des Landgerichts führt aus: Die am 21. November 1986 beschlossene Maßnahme stelle eine bauliche Veränderung des Daches im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG dar und habe daher nur einstimmig gefaßt werden können, woran es fehle. Eine mehrheitsbeschlußfähige Instandsetzung nach § 21 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 2 WEG sei grundsätzlich nur die Wiederherstellung des einmal vorhanden gewesenen ordnungsmäßigen Zustandes,wohingegen die beschlossene Maßnahme eine Veränderung der Dachkonstruktion enthalte. Selbst wenn das jetzige Dach statisch unzulässig sei, umfasse die Instandsetzung l...