Entscheidungsstichwort (Thema)
Technisch und wirtschaftlich gebotene Dachrekonstruktion keine bauliche Veränderung. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
Die Sanierung eines im Zeitpunkt der Bildung des Wohnungseigentums vorhandenen Flachdachs durch Wiederherstellung der ursprünglichen Walmdachkonstruktion kann sich im Rahmen ordnungsmäßiger Instandsetzung halten, wenn diese Maßnahme zur dauerhaften Schadensbeseitigung technisch geboten ist und nach Durchführung einer Kosten-Nutzen-Analyse wirtschaftlich sinnvoll erscheint und nicht lediglich aus ästhetischen oder städtebaulichen Gründen der Wiederherstellung des Vorkriegszustandes des Daches oder der Angleichung des Hauses an die Nachbargebäude dient (im Anschluß an BayObLGZ 1990, 28).
Normenkette
WEG § 21 Abs. 3, 5 Nr. 2, § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 257/91 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 82/92 (WEG)) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Berlin zurückverwiesen, das auch über die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden hat.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 70.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Aus dem Inhalt der Akten ergibt sich der folgende unstreitige, vom Landgericht nicht im einzelnen dargestellte Sachverhalt:
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum bezeichneten Wohnungseigentumsanlage, die mit Teilungserklärung vom 2. Mai 1973/12. Juli 1973 geschaffen worden ist und aus 7 Wohneinheiten und 2 Teileigentumseinheiten (Garagen) besteht.
Unter § 7 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung heißt es wie folgt:
„Über die Ausführung großer Instandsetzungsarbeiten (z. B, Verputzen des Gebäudes, Decken des Daches, Instandsetzen des Treppenhauses) und über die Aufbringung der hierfür erforderlichen Mittel beschliessen die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit. Die Art und Weise der Ausführung dieser Arbeiten bestimmt der Verwalter.”
Bei dem um 1900 fertiggestellten Wohngebäude handelt es sich um eine mehrgeschossige Mehrfamilienhausvilla, deren Dach – wie aus den überreichten Bauplänen ersichtlich ist – ursprünglich aus einen sogenannten Krüppelwalmdach bestand. Dieses Dach ist im Kriege zerstört und danach durch eine Dachkonstruktion ersetzt worden, bei der es sich im rechten Bereich (von der Straße aus gesehen) um ein mit Dachpappe eingedecktes geneigtes Flachdach handelt. Dieses Flachdach ist im Laufe der Jahre mehrfach ausgebessert worden und nunmehr so schadhaft, daß eine grundlegende Erneuerung erforderlich ist.
Nachdem die Wohnungseigentümer bereits in den Eigentümer Versammlungen vom 9. März, 2. Juni und 22. August 1988 sowie in der Versammlung vom 10. April 1989 die Frage der Dachsanierung kontrovers diskutiert hatten und mehrere Kostenangebote, die sämtlich die Wiederherstellung des Flachdaches zum Gegenstand hatten, eingeholt worden waren, faßten die Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 24. Juni 1991 zu TOP 1.2 („Dachsanierung”) in Abwesenheit der Antragsteller folgenden Beschluß:
„Es wird einstimmig beschlossen, das Dach dergestalt zu reparieren, daß eine den heutigen Regeln der Technik und Sicherheitsbestimmungen entsprechende Dachkonstruktion erstellt wird, entsprechend der Ansicht vor dem eingetretenen Kriegsschaden. Es soll ein Architekt beauftragt werden, die Planung unter Berücksichtigung der Investitionskostenschätzung des Herrn Schubert vom 30.04.1991 vorzunehmen. Begründung: Die Eigentümer sind der Auffassung, daß es 45 Jahre nach Kriegsende an der Zeit ist, den eingetretenen Kriegsschaden zu reparieren. Darüber hinaus ist es ihnen nicht mehr zumutbar, über Jahrzehnte hinweg Flickwerk zu bezahlen, was im Ergebnis teuerer wird, als eine einmalige ordnungsgemäß ausgeführte Reparatur.”
Mit seiner Investitionskostenschätzung vom 30. April 1991 hatte der Architekt S. die durch die Sanierung des Daches anfallenden Kosten auf 278.493,60 DM veranschlagt, wobei er von einer Wiederherstellung des ursprünglichen Walmdaches ausging und vorschlug, die gesamten, einschließlich der durch die Erneuerung der Fassaden entstehenden Kosten von rund 480.000,00 DM durch einen Verkauf der Dachräume nach gleichzeitigem Ausbau in Wohnräume und Umwandlung in Sondereigentum zu finanzieren.
Auf den rechtzeitigen Anfechtungsantrag der Antragsteller hat das Amtsgericht Charlottenburg mit Beschluß vom 28. Februar 1992 den zu TOP 1.2 „Dachsanierung” gefaßten Eigentümerbeschluß vom 24. Juni 1991 aufgehoben und den Widerantrag der übrigen Wohnungseigentümer zur Verpflichtung der Antragsteller, dem Eigentümerbeschluß vom 24. Juni 1991 zu TOP 1.2 zuzustimmen, zurückgewiesen. Die dagen rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der übrigen Wohnungseigentümer hat das Landgericht durch den den übrigen Wohnungseigentümern am 8. Januar 1993 zugestellten Beschluß vom 24. November 1993 zurückgewiesen. Gegen diesen Bes...