Normenkette

§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, § 22 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

1. Die Sanierung eines im Zeitpunkt der Bildung des Wohnungseigentums (1973) vorhandenen Flachdachs durch Wiederherstellung der ursprünglichen Walmdachkonstruktion (Baujahr des Hauses etwa 1900) kann sich im Rahmen ordnungsgemäßer Instandsetzung halten und damit nicht als nachteilige bauliche Veränderung gewertet werden, wenn diese Maßnahme zur dauerhaften Beseitigung der augenblicklichen Dachkonstruktion technisch geboten ist und nach Durchführung einer Kosten-Nutzen-Analyse wirtschaftlich sinnvoll erscheint und nicht lediglich aus ästhetischen oder städtebaulichen Gründen der Wiederherstellung des Vorkriegszustandes des Daches oder der Angleichung des Hauses an die Nachbargebäude dient (im Anschluß an BayObLGZ 1990, 28).

2. Im vorliegenden Verfahren wurde mehrheitlich im Anschluß an ein Privatgutachten die teure Wiederherstellung des ursprünglichen Walmdaches, allerdings einschl. einer Erneuerung der Fassaden bei gleichzeitiger Schaffung von Wohnräumen durch Dachraumausbau beschlossen. Auf die Anfechtung eines Miteigentümers hin wies der Senat die Sache unter Aufhebung der Vorentscheidung an das Landgericht zurück, da das Landgericht das eingeholte u. vorgelegte Privatgutachten nicht völlig außer Acht hätte lassen dürfen, sondern unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung durch Einholung eines gerichtlichen Gutachtens hätte klären müssen, ob die im Krieg anstelle des ursprünglichen Krüppelwalmdaches im rechten Dachbereich erstellte Flachdachkonstruktion zur erforderlichen Sanierung des gesamten Daches ohnehin vollständig beseitigt hätte werden müssen und ob es bei der Abwägung der Interessen aller Eigentümer und nach Durchführung einer Kosten-Nutzen-Analyse zur dauerhaften Schadensbeseitigung wirtschaftlich und technisch sinnvoll erscheine, die ursprüngliche Dachkonstruktion mit bisher begutachteter doppelter Lebensdauer wieder herzustellen, auch wenn sich dadurch Sanierungskosten nicht unbeträchtlich erhöhen sollten.

3. Eine Instandsetzung kann auch nach absolut h. R. M. über die bloße Reproduktion des bisherigen Zustandes hinausgehen, wenn sie die technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung ist. Insoweit müssen bei erforderlichen Reparaturen auch neue Erfahrungen der technischen Entwicklung berücksichtigt werden, ebenso erprobte und bewährte Techniken im Rahmen einer vernünftigen Kosten-Nutzen-Analyse.

Von einer baulichen Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG ist allein dann auszugehen, wenn es darum geht, aus ästhetischen und städtebaulichen Gründen den Vorkriegszustand eines Daches wieder herzustellen und das Haus an die Nachbargebäude anzugleichen (vgl. Beschluss des Senats vom 6. 4. 1992, 24 W 2742/91).

Bei der Schaffung neuen Sondereigentums nach Ausbau eines Daches handelt es sich allerdings nicht mehr um eine Instandsetzungsmaßnahme, so dass insoweit zumindest eine teilweise Ungültigkeit des angefochtenen Beschlusses in Betracht kommen könne.

4. Keine Gerichtskostenentscheidung (über die das Landgericht nach Zurückverweisung auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu befinden habe), allerdings keine außergerichtliche Kostenerstattung für das Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 70.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 22.12.1993, 24 W 914/93).

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

Anmerkung:

Auch diese Entscheidung entspricht der herrschenden Rechtsmeinung im Konfliktfeld sog. modernisierender Instandsetzungen und baulicher Veränderungen und stellt zu Recht auf technische und wirtschaftliche Kriterien ab. Ob allerdings insoweit bei einem Gesamtsanierungs- und Finanzierungsbeschluss aufgrund sicher nicht möglicher neuerlicher Sondereigentums-Begründung im Rahmen einer erforderlichen Dachsanierung von einem "teilbaren Beschluss" gesprochen werden kann und damit u. U. auch von einer Teilungültigkeit eines solchen angefochtenen Beschlusses, möchte ich doch bezweifeln, wenn Eigentümer bei der Beschlussfassung willentlich eine sich wechselseitig bedingende Gesamtregelung treffen wollten, was auch im vorliegenden Fall zum zitierten Sanierungs- und Finanzierungsbeschluss als "Regelungseinheit" m. E. bejaht werden kann.

Bei Teilungültigkeit eines grundsätzlich unteilbaren Beschlusses dürfte es kaum bezogen auf die gesamte Geschäftsgrundlage einer solchen Beschlussregelung dem Willen der Eigentümermehrheit nach wie vor entsprechen, auch bei Teilungültigkeit des Beschlusses den restlichen Beschlussteil aufrecht zu erhalten (erhebliche Finanzierungsänderung); in solchen und ähnlichen Fällen sollten Verwalter das gesamte Beschlussthema möglichst rasch nochmals unter Berücksichtigung einer rechtskräftigen gerichtlichen Meinung zu Disposition stellen, da mit "Teilgültigkeiten" eines Beschlusses in der Regel nicht den Interessen der Eigentümergemeinschaft (der Mehrheit der Eigentümer) Rechnung getragen ist.

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