Leitsatz (amtlich)
1. Die Auslieferung an die Türkei (jedenfalls) zum Zwecke der Strafvollstreckung der wegen einer Straftat der Allgemeinkriminalität verhängten Strafe ist in der Regel zulässig, wenn die Türkei völkerrechtlich verbindlich zusichert, dass der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung während der Strafhaft in einer Haftanstalt untergebracht wird, deren Bedingungen Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen - Empfehlung des Europarates REC(2006)2 - entsprechen, dass er keiner Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK unterworfen wird und dass der zuständigen deutschen Auslandsvertretung die Möglichkeit eingeräumt wird, den Verfolgten durch einen Mitarbeiter zu besuchen und sich vor Ort über die bestehenden Verhältnisse zu informieren.
2. An seinen weitergehenden, erstmals im Beschluss vom 17. Januar 2017, (4) 151 AuslA 11/16 (10/17), juris = StraFo 2017, 70 = NJ 2017, 114 = StV 2017, 249 [LS] formulierten Anforderungen hält der Senat für diesen Fall nicht mehr fest.
Tenor
1. Die Auslieferung des Verfolgten an die Türkische Republik zum Zwecke der Vollstreckung der in dem Urteil des Schwurgerichts in Kirklareli vom 17. September 2013 (Aktenzeichen 2013/19, Urteilsnummer 2013/261) rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe wird für zulässig erklärt
2. Der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin auf (erneute) Anordnung der Auslieferungshaft wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die türkischen Behörden hatten zunächst über die internationale kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) um die Festnahme und Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung ersucht. Der Verfolgte wurde am 31. Mai 2016 gemäß § 19 IRG vorläufig festgenommen. Bei seiner am folgenden Tag nach § 22 IRG vorgenommenen Anhörung erhob er Einwendungen gegen seine Auslieferung und erklärte sich mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41 IRG) nicht einverstanden. Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin ordnete der Senat am 6. Juni 2016 gegen den Verfolgten die vorläufige Auslieferungshaft nach den §§ 16 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG i.V. mit Art. 16 Abs. 1 EuAlÜbk an, hob diese Anordnung jedoch mit Beschluss vom 8. Juli 2016 wieder auf, da die förmlichen Auslieferungsunterlagen nicht rechtzeitig eingetroffen waren.
Nachdem das Auslieferungsersuchen zwischenzeitlich auf diplomatischem Weg mit Verbalnote der Botschaft der Republik Türkei vom 8. Juli 2016 - 2016/36481099-Berlin BE/11149831 - übermittelt worden war, wurde der Verfolgte am 12. Juli 2016 erneut gemäß § 19 IRG vorläufig festgenommen. Bei seinen am Folgetag (nur) nach § 22 IRG und am 28. Juli 2016 nach § 28 IRG durchgeführten richterlichen Anhörungen erhob er wiederum Einwendungen gegen seine Auslieferung, erklärte sich mit der vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden und verzichtete nicht auf die Einhaltung des Spezialitätsgrundsatzes (Art. 14 EuAlÜbk).
Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft ordnete der Senat mit Beschluss vom 19. Juli 2016 die Auslieferungshaft gegen den Verfolgten an (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG) und erklärte mit Beschluss vom 10. Oktober 2016 die Auslieferung des Verfolgten für zulässig (§ 29 Abs. 1 IRG). Hiergegen hat der Beistand des Verfolgten sich mit Schriftsatz vom 2. November 2016 gewandt und nach § 33 IRG die erneute Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung beantragt. Zur Begründung hat er sich auf den Beschluss des OLG Schleswig vom 22. September 2016 - 1 Ausl (A) 45/15 (41/15) - (juris = SchlHA 2016, 395 = DRiZ 2016, 386 = NStZ 2017, 50) bezogen, wonach aufgrund der Haftbedingungen in der Republik Türkei eine Auslieferung zurzeit unzulässig sei.
Im Anschluss an den Beschluss des Senats vom 10. Oktober 2016 hat das Bundesamt für Justiz mit Verbalnote der deutschen Botschaft in Ankara vom 28. Oktober 2016 die zuständigen türkischen Stellen um ausdrückliche und auf den Einzelfall bezogene Zusicherungen gebeten, dass der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung für die Dauer seiner Inhaftierung in einem Gefängnis inhaftiert wird, das den Anforderungen des Art. 3 EMRK und den in den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen festgelegten Mindeststandards entspricht, dass der Verfolgte keiner Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK unterworfen wird und dass der für den Ort der Inhaftierung zuständigen deutschen Auslandsvertretung jederzeit die Möglichkeit eingeräumt wird, den Verfolgten durch einen Mitarbeiter zu besuchen und sich vor Ort über die bestehenden Verhältnisse zu informieren. Im Hinblick auf Verzögerungen bei der Beantwortung dieser Anforderung und insbesondere (zunächst) unzureichende Erklärungen in Bezug auf die Möglichkeit von Besuchen deutscher Konsulatsvertreter bei dem Verfolgten hat der Senat mit Beschluss vom 25. Januar 2017 seinen Auslieferungshaftbefehl und mit weiterem Beschluss vom 14. Juli 2017 auch die Entscheidung vom 10. Oktober 2016 über die Zulässigkeit der Auslieferung...