Leitsatz (amtlich)
Das Gericht kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Anlehnung an § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO ablehnen, wenn das angebotene Beweismittel für die Beweisfrage ungeeignet ist.
Die Ungeeignetheit ist insbesondere dann gegeben, wenn Anknüpfungstatsachen fehlen, anhand derer ein Sachverständiger Feststellungen treffen könnte (hier: für die Frage, ob die seitliche Berührung der Fahrzeug darauf zurückzuführen ist, dass das Klägerfahrzeug nach links oder das Beklagtenfahrzeug nach rechts gelenkt wurde).
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 24 O 536/05) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
2. Die Berufungsklägerin erhält gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Gelegenheit, hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
1. Das Vorbringen der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung, das LG hätte bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigten müssen, der Beklagte zu 2) habe offenkundig falsche Angaben gemacht, rechtfertigt eine Abänderung des angefochtenen Urteils nicht.
Die Berufung meint zu Unrecht, die Angaben des Beklagten zu 2), nach dem Unfall sei der linke Außenspiegel des Klägerfahrzeugs nach innen geklappt gewesen und die Fahrzeuge hätten sich mit linkem hinteren Radkasten sowie vorderer rechter Felge berührt, seien durch die auf den vorliegenden Fotos dokumentierten Unfallspuren widerlegt.
Es ist bereits nicht ersichtlich, dass eine auf dem Foto Nr. 4, Bl. 45 der Akten, erkennbare Beschädigung des Spiegelgehäuses auf der zum Fahrer gerichteten Innenseite einem nach innen Klappen des Spiegels im weiteren Verlauf des Geschehens widersprechen sollte. Denn auf dem Foto Nr. 4 ist nicht nur eine Abschürfung an der Oberkante der Innenseite zu erkennen; vielmehr sind am äußeren nach vorne gerichteten Teil des Spiegelgehäuses links außen deutlich hervortretende Beschädigungsspuren vorhanden.
Aus dem Schadensbild am linken Außenspiegel des Mercedes der Klägerin kann daher nicht auf einen bestimmten Unfallhergang geschlossen werden. Auch lässt sich auf Grund des Vorhandenseins von zwei verschiedenen Beschädigungsspuren kein Schluss darauf herleiten, dass es ausgeschlossen sei, dass der Außenspiegel nach innen geklappt wurde.
Ob sich aus dem Schadensbild weiter folgern lässt, dass das Beklagtenfahrzeug mit einer höheren Geschwindigkeit an dem Klägerfahrzeug vorbeigestreift sein müsse, erscheint ebenfalls zweifelhaft, ist aber, worauf das LG in dem angefochtenen Urteil zutreffend hingewiesen hat, nicht entscheidungserheblich.
Das LG hat nämlich richtig ausgeführt, dass es für die Frage des Verschuldens eines der beiden Unfallteilnehmer nicht erheblich ist, wer von beiden schneller gefahren ist, oder ob das Klägerfahrzeug bereits gestanden hatte. Allein entscheidend ist, ob eines der beiden Fahrzeuge einen Fahrstreifenwechsel vorgenommen hatte bzw., zumindest teilweise, in die andere Spur hinein gefahren ist.
Dass sich für diese Frage aus der Beschädigung des Spiegels etwas herleiten lasse, zeigt auch die Berufung nicht auf.
2. Das LG hat auch zutreffend davon abgesehen, ein Sachverständigengutachten zur Unfallrekonstruktion einzuholen.
Das Gericht kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Anlehnung an § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO ablehnen, wenn das angebotene Beweismittel für die Beweisfrage ungeeignet ist (OLG Koblenz, Urt. v. 22.12.2003 - 12 U 1362/02 - NJOZ 2004, 814). Die Ungeeignetheit eines Sachverständigenbeweises ist insbesondere dann gegeben, wenn Befundtatsachen fehlen, anhand derer der Sachverständige Feststellungen treffen könnte. Dies hat das LG in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt und richtig angegeben, dass sich aus den vorhandenen Spuren keine Schlussfolgerungen dafür entnehmen lassen, welches der beiden beteiligten Fahrzeuge zum Zeitpunkt des Unfalls in die andere Spur hinübergezogen war.
Insoweit hat das LG weiter richtig ausgeführt, dass ein Sachverständiger in Ermangelung weiterer Spuren jedenfalls keine Feststellungen dazu treffen kann, wo auf der Fahrbahn sich die Fahrzeuge berührt haben.
Selbst wenn der Sachverständige herausfinden könnte, welches der Fahrzeuge das andere zuerst berührt hatte, so lässt dies immer noch keine Rückschlüsse darauf zu, wo auf der Fahrbahn diese Annäherung erfolgte.
3. Schließlich ergibt sich entgegen den Ausführungen der Berufung auch nicht, dass den Angaben des Beklagten zu 2) grundsätzlich kein Glauben zu schenken wäre.
Wie bereits oben ausgefüh...