Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung von Beweisanträgen nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO
Normenkette
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 17 O 279/07) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
2. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch aus einem Verkehrsunfall vom 25.7.2007 gegen 08.45 Uhr auf der Heerstraße in Berlin; die seitliche Kollision zwischen dem im Eigentum des Klägers stehenden, von ihm gehaltenen und von dessen Ehefrau geführten Pkw Mercedes C 200 CDI und dem vom Zweitbeklagten gehaltenen und geführten sowie bei der Erstbeklagten gegen Haftpflicht versicherten Pkw Wartburg ereignete sich im gleichgerichteten Verkehr, wobei die Parteien darüber streiten, ob das Beklagtenfahrzeug den Fahrstreifen nach links oder das Klägerfahrzeug nach rechts in den vom Zweitbeklagten befahrenen Fahrstreifen gewechselt ist.
Das LG hat die Klage nach Beweisaufnahme am 28.10.2008 (persönliche Anhörung des Zweitbeklagten sowie Zeugnis der Ehefrau des Klägers sowie deren Beifahrerin) abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Ehefrau des Klägers nach rechts gelenkt und dadurch die Kollision verursacht habe; soweit die Ehefrau als Zeugin erklärt habe, nicht sie habe nach rechts gewechselt, sondern der Zweitbeklagte sei nach links gezogen, sei ihren Angaben nicht zu folgen, weil diese vielfältig widersprüchlich gewesen seien; auch die Angaben der Beifahrerin der Ehefrau des Klägers sei nicht überzeugend gewesen. Dagegen seien die Schilderungen des Zweitbeklagten anschaulich und überzeugend gewesen, zumal es für ihn auch kein Motiv gegeben habe, nach links zu wechseln.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er dieselbe Verurteilung der Beklagten wie in erster Instanz nach einer Haftungsquote von 100 % erstrebt.
Er macht geltend: Die Beweiswürdigung des LG sei fehlerhaft; es hätte nicht den Angaben des Zweitbeklagten glauben dürfen.
Die Angaben der Ehefrau des Klägers seien nicht widersprüchlich; es sei bei einer Beweisaufnahme nach über einem Jahr nicht zu erwarten, dass exakt das gesagt werde, was in den Ermittlungsakten stehe. Auch seien Angaben von Zeugen zu Abständen und Geschwindigkeiten unzuverlässig und mit erheblicher Vorsicht zu bewerten.
Zwar sei es richtig, dass es Widersprüche in der Aussage der Ehefrau zu den polizeilichen Vermerken gäbe, dies sei jedoch kein Grund, ihr nicht zu glauben; denn in Kern sei ihre Abgabe richtig, sie habe ihren Fahrstreifen nicht verlassen. Auch sei logisch, dass die Beifahrerin wegen des Zeitablaufs keine Detailerinnerung mehr gehabt habe, sondern nur noch den Kern habe schildern können.
Dagegen seien die Angaben des Zweitbeklagten inhaltlich und technisch-physikalisch nicht nachvollziehbar (Beweis: Unfallrekonstruktionsgutachten). Durch ein solches Gutachten hätte auch problemlos bewiesen werden können, dass der klägerische Sachvortrag richtig ist, hätte das LG auf seine Rechtsansicht hingewiesen.
II. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
1. Beweiswürdigung
Die Feststellung des Sachverhalts durch das LG ist nicht zu beanstanden.
a) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.
Dies ist nicht der Fall, wenn sich das Gericht des ersten Rechtszuges bei der Tatsachenfeststellung an die Grundsätze der freien Beweiswürdigung des § 286 ZPO gehalten hat und das Berufungsgericht keinen Anlass sieht vom Ergebnis der Beweiswürdigung abzuweichen (vgl. KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02; vgl. auch KG [22. ZS], KGReport Berlin 2004, 38 = MDR 2004, 533; KG, Urt. v. 8.1.2004 - 12 U 184/02, KGReport Berlin 2004, 269; vgl. auch BGH, Urt. v. 9.3.2005 - VIII ZR 266/03, NJW 2005, 1583).
§ 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze sowie an Erfahrungssätze und ausnahmsweise gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf.
So darf er beispielsweise einer Partei mehr glauben als einem beeideten Zeugen (vgl. Thomas/Putzo, Z...