Entscheidungsstichwort (Thema)
gerichtliche Ersetzung der Jahresabrechnung. Wohnungseigentumssache
Leitsatz (amtlich)
1. Der Antrag eines Wohnungseigentümers, einen anderen Wohnungseigentümer zur Zustimmung zu einer auf einer Eigentümerversammlung abgelehnten Jahresabrechnung zu verpflichten, ist als Antrag auf gerichtliche Festlegung der Jahresabrechnung aufzufassen.
2. Der Antrag auf Festlegung einer Jahresabrechnung durch gerichtliche Gestaltung kann von jedem einzelnen Wohnungseigentümer gestellt werden, ist aber nur zulässig, wenn der Antragsteller zuvor im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren versucht hat, eine Entscheidung der Eigentümergemeinschaft zu erreichen.
Normenkette
WEG § 28 Abs. 5, § 43 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Aktenzeichen 70 II 62/88) |
LG Berlin (Aktenzeichen 150/191 T 63/89) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten dritter Instanz werden dem Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft auferlegt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 63.000,00 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer der Wohnanlage. Der Antragsteller ist der frühere teilende Alleineigentümer. Er wurde als Verwalter mit Eigentümerbeschluß vom 17. Juli 1987 abberufen. Seitdem ist der jetzige Verwalter tätig. In der Eigentümerversammlung vom 30. Mai 1988 stand die Genehmigung der Jahresabrechnung 1987 in Form von 2 Teilabrechnungen für die Zeit von Januar bis Juli 1987 bzw. August bis Dezember 1987 zur Abstimmung, jedoch ohne Entlastung des Antragstellers als Vorverwalters. Unter Zurückweisung der Nein-Stimmen des Antragstellers wegen § 25 Abs. 5 WEG wurden die beiden Teilabrechnungen 1987 als angenommen bezeichnet. Auf den rechtzeitigen Anfechtungsantrag des Antragstellers hat das Amtsgericht festgestellt, daß die Nein-Stimmen des Antragstellers mitzuzählen und deshalb die Teilabrechnungen 1987 abgelehnt worden seien. Auf den Widerantrag der Beteiligten zu 2) bis 11) hat das Amtsgericht gleichzeitig den Antragsteller verpflichtet, der Jahresabrechnung 1987 in der vorgelegten Form zuzustimmen. Gegen die Zustimmungsverpflichtung hat sich der Antragsteller mit der Erstbeschwerde gewandt. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Zustimmungsverpflichtung aufgehoben. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten außer dem Antragsteller.
Das gemäß §§ 27, 29 FGG zulässige Rechtsmittel ist sachlich nicht gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluß ist im Ergebnis rechtsfehlerfrei (§ 27 FGG in Verbindung mit § 563 ZPO).
Der angefochtene Beschluß führt aus: Der aufgrund der Ermächtigung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom Verwalter gegenüber dem Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zur Jahresabrechnung 1987 bestehe nicht, weil diese Abrechnung, auch nach den weiteren Erläuterungen durch den Verwalter, nicht vollständig, übersichtlich und nachprüfbar Auskunft über die wirklichen Einkünfte und Ausgaben der Gemeinschaft gebe. Dem ist rechtlich entgegenzuhalten: Verfahrensgegenstand ist der Anspruch auf gerichtliche Festlegung der Jahresabrechnung 1987 im Wege richterlicher Gestaltung. Dieser Anspruch steht nicht der Eigentümergemeinschaft, sondern den einzelnen Wohnungseigentümern zu. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Ersetzung der Jahresabrechnung besteht erst dann, wenn der Antragsteller alles ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um eine dem Gesetz entsprechende Tätigkeit des primär zuständigen Beschlußorgans Wohnungseigentümerversammlung zu erreichen. Der somit verfrüht gestellte Widerantrag ist unzulässig. Auf die Ordnungsmäßigkeit der bisherigen Abrechnung kommt es demgemäß nicht an. Im einzelnen ist hierzu folgendes auszuführen:
Die Jahresabrechnung ist nach § 28 Abs. 3 WEG vom Verwalter nach Ablauf des Kalenderjahres oder der hiervon gegebenenfalls abweichenden Wirtschaftsperiode aufzustellen. Über die Abrechnung hat gemäß § 28 Abs. 5 WEG die Wohnungseigentümerversammlung, gegebenenfalls mit den gewünschten Modifikationen, mehrheitlich zu beschließen. Kommt ein Mehrheitsbeschluß über die Jahresabrechnung nicht zustande, muß letztlich das Gericht angerufen werden können, das notfalls anstelle der Eigentümerversammlung, auch unter Inanspruchnahme von deren Ermessensspielraum, die Jahresabrechnung mit Rechtskraftwirkung für und gegen alle Mitglieder der Gemeinschaft festlegen kann. Hierbei handelt es sich nicht nur um reine Rechtsanwendung, sondern auch um eine fürsorgliche gestalterische Tätigkeit des Gerichts (§ 43 Abs. 2 WEG).
Fraglich ist die Form, in der dieser subsidiäre Anspruch auf gerichtliche Ersetzung der Jahresabrechnung geltend zu machen ist, wenn die Beschlußfassung der Eigentümergemeinschaft scheitert. In Betracht kommt einmal ein Anspruch auf Zustimmung des Wohnungseigentümers, der sich weigert einer ordnungsmäßigen Jahresabrechnung zuzustimmen, zum anderen ein Anspruch darauf, daß das Gericht anstelle der Eigent...