Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 8 C 742/79) |
LG Berlin (Aktenzeichen 61 S 210/80) |
Tenor
Es ergeht folgender Rechtsentscheid:
Bei der Prüfung der Frage, ob einem Mieter die Duldung von Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Wohnräume gemäß § 541 a Abs. 2 BGB zugemutet werden kann, ist im Rahmen einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls
- die nach Durchführung der Maßnahmen in Betracht kommende Mieterhöhung zu berücksichtigen,
- zu berücksichtigen, ob die Verbesserung objektiv in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erwartenden Mieterhöhung steht.
Tatbestand
I.
Das Landgericht Berlin hat dem Kammergericht gemäß Art. III Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21. Dezember 1967 in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 5. Juni 1980 folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:
Ist bei der Prüfung der Frage, ob einem Mieter die Duldung von Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume gemäß § 541 a Abs. 2 BGB zugemutet werden kann, auch die nach Durchführung der Maßnahmen nach dem Klagevortrag auf den Mieter zukommende Mietzinserhöhung zu berücksichtigen?
Wenn ja, ist dabei von Bedeutung, um welchen Anteil die bisherige Kaltmiete sich erhöht, oder ist darauf abzustellen, ob der Mieter auch die erhöhte Miete ohne wesentliche Beeinträchtigung seines Lebenszuschnitts aufbringen kann?
Ist auch darauf abzustellen, ob die Verbesserungsmaßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu der dadurch laut Klagevortrag verursachten Mieterhöhung stehen?
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Kläger als Vermieter fordern von den Beklagten, daß diese die Verfliesung der Wände und des Fußbodens sowie den Einbau einer Fußbodenentwässerung und einer Einbauwanne in dem Badezimmer sowie die Verfliesung der Wände und des Fußbodens in der Küche ihrer Wohnung dulden. Die Küche hat Dielen-, das Bad Steinholzfußboden. Im Bad befindet sich eine freistehende Badewanne. Die Wertverbesserungszuschläge sollen gemäß Erklärung des Klägers im Termin vom 11. September 1980 zusammen etwa 250,– DM monatlich betragen.
Die monatliche Kaltmiete beträgt laut Mieterhöhungserklärung vom 14. April 1980 523,06 DM, davon entfallen rund 220,– DM auf bereits durchgeführte Wertverbesserungen (verstärkte Steigeleitung, Einbau einer zentralen Heizungsanlage, Isolierglasfenster, Klingel- und Gegensprechanlage usw.).
Die Beklagte zu 1) erhielt im Jahre 1980 ein Witwengeld vor monatlich 310,87 DM; die Beklagte zu 2), ihre Tochter, hatte ein Gehalt von monatlich 1.884,89 DM netto. Die Beklagte zu 1) ist 87 Jahre alt, die Beklagte zu 2) 58 Jahre. Die Wohnung hat drei Zimmer, Küche und Bad und ist 96 m² groß. Die Beklagten wohnen nach ihren Angaben seit mehr als 40 Jahren in der Wohnung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist zulässig.
Die Fragen sind, wie aus der Beschlußformel ersichtlich, zu beantworten.
§ 541 a BGB ist durch das Zweite Gesetz zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 14. Juli 1964 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden. Die Vorschrift geht auf § 28 a MSchG zurück, der durch das Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht vom 23. Juni 1960 in das Mieterschutzgesetz eingefügt worden war. Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Schlußtermins für den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts im Land Berlin vom 30. Oktober 1972 wurde § 28 a Abs. 2 MSchG für die Zeit ab 1. Dezember 1972 geändert. Mit Ablauf des 31. Dezember 1975 ist das Mieterschutzgesetz, das zuletzt nur noch in Berlin galt, auch hier außer Kraft getreten.
Aus den Materialien zum Zweiten Mietrechtsänderungsgesetz (BT-Drs. IV/806, IV/2195 und zu IV/2195) ergibt sich nicht, daß im Gesetzgebungsvefahren das Problem, ob die Erhöhung des Mietzinses infolge von Verbesserungsmaßnahmen bei der Prüfung der Zumutbarkeit dieser Maßnahmen zu berücksichtigen ist, gesehen worden ist. Allerdings ist der Regierungsentwurf u.a. zu § 541 a Abs. 2 Satz 1 BGB („Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Teile des Gebäudes hat der Mieter zu dulden, soweit ihm diese Maßnahmen zugemutet werden können.”) im Rechtsausschuß des Bundestages geändert worden („Maßnahmen zur Verbesserung der gemieteten Räume oder sonstiger Teile des Gebäudes hat der Mieter zu dulden, soweit ihm dies zugemutet werden kann.”) und in dieser Fassung Gesetz geworden. Dabei handelte es sich jedoch nach dem Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages (zu Drucksache IV/2195) nur um eine Änderung der Fassung aus redaktionellen Gründen.
Die Änderung der Fassung wahrend des Gesetzgebungsverfahrens könnte aber dafür sprachen, daß es bei § 541 a Abs. 2 Satz 1 BGB nicht auf die Zumutbarkeit der Maßnahmen, sondern auf die Zumutbarkeit der Duldung ankommt und in diesem Rahmen auch die finanzieller Auswirkungen der Verbesserungsmaßnahmen zu berücksichtigen s...