Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 20.02.2019; Aktenzeichen 301 OWi 1200/18)

 

Tenor

1. Dem Betroffenen wird auf seinen Antrag vom 7. Mai 2019 wegen der Versäumung der Frist zur Begründung des Antrages auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 20. Februar 2019 gemäß § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. §§ 44, 45 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 20. Februar 2019 wird verworfen.

3. Der Betroffene hat die Kosten der Wiedereinsetzung und seiner nach § 80 Abs. 4 Satz 4 OWiG als zurückgenommen geltenden Rechtsbeschwerde zu tragen (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 473 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 StPO).

 

Gründe

I.

Der Polizeipräsident in Berlin hat gegen den Betroffenen durch Bußgeldbescheid vom 26. Juli 2018 wegen des fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 28 km/h eine Geldbuße von 130 Euro verhängt. Auf seinen Einspruch hat ihn das Amtsgericht Tiergarten am 20. Februar 2019 zu einer Geldbuße in der zuvor genannten Höhe verurteilt.

Gegen das Urteil hat der Betroffene über seinen Verteidiger mit Schriftsatz vom 26. Februar 2019 - eingegangen bei Gericht am Folgetag - "Rechtsbeschwerde" einlegen lassen. Die schriftlichen Urteilsgründe sind dem Verteidiger am 7. März 2019 zugestellt worden. Die Begründungsschrift vom 15. April 2019, die am gleichen Tag bei Gericht eingegangen ist, hat das Amtsgericht als verspätet angesehen und den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde mit Beschluss vom 25. April 2019 als unzulässig verworfen sowie dem Betroffenen die Kosten des Rechtsmittels auferlegt. Gegen diesen, dem Verteidiger am 2. Mai 2019 zugestellten Beschluss hat der Betroffene mit am 7. Mai 2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tage die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Frist zur Begründung des Antrages auf Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages lässt der Betroffene vortragen, in einem Telefonat mit seinem Verteidiger, in welchem dieser ihn über das Ergebnis des Hauptverhandlungstermins vom 20. Februar 2019 unterrichtet habe, habe er ihn mit der "Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens" beauftragt. Bei Zustellung des Urteils am 7. März 2019 habe der Verteidiger jedoch aus Unachtsamkeit das Fristende für die Begründung des Rechtsmittels auf den 15. April 2019 im Fristenkalender notiert, weshalb die Begründungsschrift erst an diesem Tage gefertigt und an das Amtsgericht übermittelt worden sei. Dem Betroffenen sei dieser Vorgang erst am 7. Mai 2019 durch den Verteidiger telefonisch mitgeteilt worden.

II.

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumnis der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, über den der Senat gemäß §§ 46 Abs. 1 StPO, 80 Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 OWiG zu entscheiden hatte, ist zulässig und begründet.

a) Der Betroffene hat die Frist zur Begründung des Antrages auf Zulassung der Rechtsbeschwerde - anders als die Generalstaatsanwaltschaft meint - versäumt.

Die Frist von einem Monat zur Begründung des Antrages auf Zulassung der Rechtsbeschwerde beginnt gemäß §§ 80 Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO grundsätzlich am ersten Tag nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Zulassungsantrages. Der Zulassungsantrag seinerseits ist binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils (§§ 80 Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG i.V.m. § 341 Abs. 1 StPO) bzw. - wenn dieses in Abwesenheit des Betroffenen verkündet wurde und dieser nicht durch einen nach § 73 Abs. 3 OWiG schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten worden ist - nach Zustellung des Urteils (§§ 80 Abs. 3 Satz 1, 79 Abs. 4 OWiG) einzulegen.

Die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde wurde hier bereits mit der Urteilsverkündung am 20. Februar 2019 in Lauf gesetzt, da der von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen entbundene Betroffene in der Hauptverhandlung durch eine nach § 73 Abs. 3 OWiG schriftlich bevollmächtigte Verteidigerin vertreten worden war. Die erst am 15. April 2019 bei Gericht eingegangene Antragsbegründung ist daher nicht fristgemäß eingereicht worden.

Entgegen der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft ist der Betroffene durch die Terminsvertreterin in der Hauptverhandlung wirksam vertreten worden. Die vom Verteidiger zu den Akten gereichte - und der Terminsvollmacht zugrunde liegende -Vollmacht genügte den Anforderungen, die an eine Vertretungsvollmacht nach § 73 Abs. 3 OWiG zu stellen sind.

(1) Nach dieser Vorschrift kann sich der von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbundene Betroffene von einem mit nachgewiesener Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen. Die Vertretungsvollmacht ermächtigt zur Vertretung in der Erklärung und im Willen, sodass der Vertreter für den Betroffenen mit bindender Wirkung Erk...

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