Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 05.07.2021; Aktenzeichen 168 F 3187/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Vaters wird der Beschluss des Amtsgerichts Kreuzberg (Familiengericht) vom 5. Juli 2021 - Az. 168 F 3187/21 - abgeändert und Ziff. 1 des Tenors wie folgt neu gefasst:
Der Antrag der Mutter auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts innerhalb B. für das gemeinsame Kind T., geboren am ... 2017, auf sich allein wird zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens (Gebühren und Auslagen) tragen die Eltern je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern des am ... 2017 geborenen Kindes T. streiten über dessen Betreuungssituation.
Ursprünglich hat die Mutter mit dem das Verfahren einleitenden Antrag die Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich allein begehrt, weil sie gemeinsam mit T. nach Ö. umziehen wollte. Der Vater hat die Zurückweisung des Antrags sowie seinerseits die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich alleine begehrt.
Das Amtsgericht (Familiengericht) hat mit dem angefochtenen Beschluss das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter allein übertragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten bezüglich des erstinstanzlichen Sachverhalts sowie der Entscheidungsgründe verweist der Senat auf den angefochtenen Beschluss.
Gegen diese - seiner Verfahrensbevollmächtigten am 10. Juli 2021 zugestellte - Entscheidung hat der Vater mit Anwaltsschriftsatz vom 15. Juli 2021, eingegangen beim Amtsgericht (Familiengericht) am selben Tag, Beschwerde eingelegt und beantragt, die Vollziehung des angefochtenen Beschlusses vorläufig auszusetzen. Mit Beschluss vom 22. Juli 2021 hat der Senat die Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig ausgesetzt. Nachdem die Mutter mit Schriftsatz vom 3. August 2021 mitgeteilt hatte, auf der Grundlage des erstinstanzlichen Beschlusses den Umzug mit T. nach Ö. bereits realisiert zu haben, hat der Senat mit Beschluss vom 30. August 2021 antragsgemäß das Aufenthaltsbestimmungsrecht vorläufig auf den Vater übertragen und die Mutter verpflichtet, das Kind an den Vater herauszugeben. Am 7. September 2021 ist die Mutter mit T. nach B. zurückgekehrt. In dem beim Amtsgericht Kreuzberg (Familiengericht) geführten Umgangsverfahren - Az. 168 F 8020/21 - erzielten die Eltern im Termin am 14. September 2021 Einvernehmen über den Umgang des Kindes und schlossen einen durch das Amtsgericht gerichtlich gebilligten Umgangsvergleich, der eine annährend gleiche zeitliche Betreuung des Kindes mit einem Übergewicht der Betreuungszeiten des Vaters vorsieht. Weiterhin regelten die Eltern den Umgang in den Kita-Schließzeiten und zu Feiertagen sowie an den Geburtstagen des Kindes. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Terminsvermerk vom 14. September 2021 auf Bl. 61 f. der Beiakten 168 F 8020/21 verwiesen.
In dem Erörterungs- und Anhörungstermin des Senats am 30. November 2022 hat die Mutter erklärt, dass sie nicht mehr beabsichtigt, nach Ö. umzuziehen und nunmehr das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht in B. ausüben möchte und den weitergehenden Antrag zurücknimmt. Sie begründet dies mit Kindeswohlgesichtspunkten und strebt weiterhin an, dass T. seinen Lebensmittelpunkt bei ihr hat und überwiegend von ihr betreut wird. Im Übrigen verteidigt sie den angefochtenen Beschluss.
Die Mutter beantragt,
ihr unter Zurückweisung der Beschwerde des Vaters das Aufenthaltsbestimmungsrecht innerhalb B. allein zu übertragen.
Der Vater beantragt,
den Antrag der Mutter zurückzuweisen.
In dem Erörterungs- und Anhörungstermin des Senats am 30. November 2022 hat er ebenso wie der Verfahrensbeistand der Antragsteilrücknahme der Mutter zugestimmt. Er begehrt die Fortsetzung des seit September 2021 umgesetzten Betreuungsmodells und - nachdem die Mutter von ihren Umzugsplänen Abstand genommen hat - die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts insgesamt, also auch des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Seinen eigenen Antrag auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts hat er mit Zustimmung der Mutter zurückgenommen. Er ist der Meinung, die bestehende Umgangsvereinbarung habe weiterhin Gültigkeit.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens. Die Sachverständige, Frau Diplom-Psychologin W., hat ihr schriftliches Gutachten vom 26. Januar 2022 im Termin am 30. November 2022 mündlich erläutert und die Fragen des Senats und der Beteiligten beantwortet. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf den Terminsvermerk vom 30. November 2022 (Bd. V Bl. 20 ff. d.A.) verwiesen. Der Senat hat T. und die Eltern persönlich angehört. Er hat die Sach- und Rechtslage in zwei Terminen mit den Beteiligten und dem Jugendamt erörtert. In dem Termin am 30. November 2022 hat er die Beteiligten darauf hingewiesen, dass aufgrund der geänderten Antragslage zu prüfen sein...