Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung gegen Streitgenossen; nur eine Verfahrensgebühr für den Prozessbevollmächtigten der beklagten Aktiengesellschaft in nachträglich verbundenen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Kostenfestsetzung gegen Streitgenossen, die nach Kopfteilen haften, sind die Beträge, die jeder einzelne Streitgenosse zu erstatten hat, auch einzeln festzusetzen.
2. In - nach Rechtshängigkeit verbundenen - aktienrechtlichen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen (betr. denselben Hauptversammlungsbeschluss) ist für die obsiegende beklagte Aktiengesellschaft nur eine Verfahrensgebühr ihres Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 100 Abs. 1; RVG § 15 Abs. 1; AktG §§ 246, 249
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 29.06.2007; Aktenzeichen 90 O 79/06) |
Tenor
I. Auf die sofortigen Beschwerden der Kläger zu 1) bis 3) wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Berlin vom 29.6.2007 - 90 O 79/06 - teilweise geändert:
Die nach dem Beschluss des LG Berlin vom 8.1.2007 zu erstattenden Kosten werden wie folgt festgesetzt:
1. Von der Klägerin zu 1) an die Beklagte 1.435 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.1.2007,
2. von dem Kläger zu 2) an die Beklagte 1.435 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.1.2007,
3. von der Klägerin zu 3) an die Beklagte 1.435 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.1.2007,
4. von der Klägerin zu 4) an die Beklagte 3.680,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.1.2007.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
IV. Der Wert der Beschwerdeverfahren beträgt 14.974,20 EUR, wobei auf die sofortigen Beschwerden der Kläger zu 1) bis 3) jeweils 2.245,80 EUR und auf die sofortige Beschwerde der Beklagten 8.236,60 EUR entfallen.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist nach § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig, aber nicht begründet, § 91 Abs. 1 ZPO.
1. Bezüglich der von der Beklagten geforderten (weiteren) Terminsgebühr (Wert 10.000 EUR) ist die sofortige Beschwerde unbegründet. Denn nach der - nicht nur vorübergehenden (vgl. hierzu OLG München MDR 1990, 345, 346) - Verbindung der Verfahren kommt für die nachfolgend entstandene Terminsgebühr nur noch eine - nach dem neuen Wert - in Betracht. Jedenfalls mit der Verbindung sind die Verfahren eine Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG geworden (vgl. OLG Bamberg, JurBüro 1986, 219, 220; OLG Koblenz, JurBüro 1986, 1523, 1524).
2. Die Terminsgebühr ist hier nicht nach dem zusammengerechneten Wert der verbundenen Verfahren zu berechnen (Hilfsantrag der Beklagten). Auch insoweit ist die sofortige Beschwerde unbegründet, weil die Kostenfestsetzungsinstanzen an die erfolgte Wertfestsetzung gebunden sind. Der Wert der verbundenen Verfahren ist hier mit Beschluss vom 8.1.2007 auf 300.000 EUR festgesetzt worden.
II. Die sofortigen Beschwerden der Kläger zu 1) bis 3) gegen die Festsetzung von drei weiteren Verfahrensgebühren nebst Auslagenpauschalen sind begründet, § 91 Abs. 1 ZPO. Dabei kann hier dahingestellt bleiben, dass die vorliegend verbundenen Anfechtungsklagen vor ihrer Verbindung jeweils Teil weitergehender Klagen waren und sie zuvor dort abgetrennt worden sind, die hier abzurechnenden Verfahrensgebühren daher ohnehin nur anteilig (degressiv) angefallen wären.
1. Im Ergebnis zutreffend rügen die Kläger zu 1) bis 3), dass der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss nur den Gesamtbetrag der von allen Klägern zu erstattenden Kosten angibt, nicht aber den einzelnen Anteil, der auf jeden Kläger entfällt. Dies ist aus Gründen der Rechtsklarheit geboten (KG, OLGE 31, 29; LG Berlin, Rpfleger 1978, 422 m.w.N.). Allerdings sind die Kläger zu 1) bis 3) insoweit materiell nicht beschwert, weil sich ihre anteilige Haftung auch aus dem Gesetz ergibt, § 100 Abs. 1 ZPO.
2. Das LG hat im hier angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.6.2007 drei weitere Verhandlungsgebühren nebst Auslagenpauschalen festgesetzt, weil zugunsten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten schon vor der Verbindung der vier aktienrechtlichen Anfechtungsklagen (§ 246 Abs. 3 Satz 3 AktG) vier Verhandlungsgebühren nebst Auslagenpauschalen (in den gesondert erhobenen Anfechtungsklageverfahren der vier Kläger) entstanden seien.
Dem ist hier nicht zu folgen.
a) Es ist schon zweifelhaft, ob die vier Anfechtungsklagen (betr. denselben Beschlussgegenstand) für den Prozessbevollmächtigten der Beklagten vier Angelegenheiten darstellten, § 15 Abs. 1 RVG.
aa) Der Begriff "Angelegenheit" dient gebührenrechtlich zur Abgrenzung desjenigen zusammengehörenden anwaltlichen Tätigkeitsbereichs, den eine Pauschalgebühr abgelten soll (Hartmann, KostenG, 37. Aufl., § 15 RVG Rz. 10). Maßgeblich ist ein innerer Zusammenhang der einzelnen Tätigkeiten, der auch bei zeitlich nachfolgenden Aufträgen vorliegen kann (OLG Frankfurt,...