Leitsatz (amtlich)
Die Anfechtungsmöglichkeit jedes Verfahrensbeteiligten gegen Urteile des Jugendgerichts und des Jugendschöffengerichts ist nach § 55 Abs. 2 JGG in der Regel auf ein Rechtsmittel beschränkt. Daher kann der Angeklagte, der gegen ein ihn wegen Schuldunfähigkeit freisprechendes und zugleich seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnendes erstinstanzliches Urteil Berufung eingelegt hat, gegen das Berufungsurteil, das auf gleichzeitige Berufung der Staatsanwaltschaft unter Aufhebung des Freispruchs den Angeklagten wegen derselben Taten neben der Unterbringung zu einer Jugendstrafe verurteilt, keine Revision einlegen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 03.09.2008) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3. September 2008 wird als unzulässig verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Von einer Anwendung des § 74 JGG wird abgesehen.
Gründe
Die Staatsanwaltschaft Berlin hat dem Angeklagten zur Last gelegt
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mit Anklage vom 13. August 2007 - 47 Js 728/07 - am 30. Januar 2007 einen schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fall 1), am 11. April 2007 einen versuchten Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fall 2) sowie einen Raub (Fall 3) und am 13. April 2007 eine Nötigung (Fall 4), eine gefährliche Körperverletzung (Fall 5) und eine räuberische Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fall 6) begangen zu haben;
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mit Anklage vom 7. August 2007 - 14 Ju Js 1311/07 - am 9. und 13. Mai 2007 jeweils eine Bedrohung begangen zu haben und
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mit Anklage vom 29. November 2007 - 47 Js 1218/07 - am 29. Mai 2007 durch drei selbständige Handlungen eine versuchte gemeinschädliche Sachbeschädigung, eine Beleidigung und eine gefährliche Körperverletzung begangen zu haben.
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin - Jugendschöffengericht - hat nach Verbindung der drei Verfahren den Angeklagten am 7. Januar 2008 freigesprochen und zugleich seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ( §§ 7 Abs. 1 JGG, 63 StGB) angeordnet. Der Freispruch ist aus tatsächlichen Gründen erfolgt hinsichtlich der beiden Tatvorwürfe aus der Anklage vom 7. August 2007 und hinsichtlich der dem Angeklagten in den Fällen 2 und 3 der Anklage vom 13. August 2007 zur Last gelegten Taten, da nach Ansicht des Amtsgerichts in diesen Fällen ein Tatnachweis nicht zu führen gewesen sei. Hinsichtlich der übrigen Tatvorwürfe aus der Anklage vom 13. August 2007 (Fälle 1 und 4 bis 6) sowie der drei Tatvorwürfe aus der Anklage vom 29. November 2007 hat ihn das Amtsgericht aus rechtlichen Gründen freigesprochen, da ein Tatnachweis zwar erbracht worden, der Angeklagte bei Begehung dieser Taten aber schuldunfähig gewesen sei. Zugleich hat es wegen dieser Taten seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Berufung und der Angeklagte ein auch nachfolgend nicht näher bezeichnetes "Rechtsmittel" eingelegt. In der daraufhin durchgeführten Berufungshauptverhandlung hat die Staatsanwaltschaft ihre Berufung zurückgenommen, soweit der Angeklagte aus tatsächlichen Gründen freigesprochen worden ist. Mit Urteil vom 3. September 2008 hat das Landgericht Berlin die Berufung des Angeklagten verworfen und auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das Urteil des Amtsgerichts dahin abgeändert, dass der Angeklagte der Nötigung sowie der räuberischen Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist und im Übrigen freigesprochen wird. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus hat es aufrechterhalten. Anders als das Amtsgericht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten nur in den drei Fällen aus der Anklage vom 29. November 2007 und in den Fällen 1 und 5 aus der Anklage vom 13. August 2007 nicht ausschließbar aufgehoben gewesen sei, so dass es nur insoweit bei dem Freispruch verblieben ist. In den Fällen 4 und 6 aus der Anklage vom 13. August 2007 sei die Schuldfähigkeit des Angeklagten dagegen nur erheblich eingeschränkt gewesen im Sinne des § 21 StGB, weshalb insoweit ein Schuldspruch ergangen sei.
Die Revision des Angeklagten ist nach § 55 Abs. 2 Satz 1 JGG unzulässig.
Der Angeklagte war bei Begehung der ihm vorgeworfenen Taten Jugendlicher im Sinne des § 1 Abs. 2 JGG, so dass das Jugendgerichtsgesetz auf ihn anzuwenden ist ( § 1 Abs. 1 JGG).
Der Angeklagte hat gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 7. Januar 2008 mit bei Gericht am 10. Januar 2008 und mithin rechtzeitig eingegangenem Schreiben "Rechtsmittel" eingelegt. Eine solche unbestimmte Anfechtung des Urteils, bei der der Beschwerdeführer offen lässt, ob er Berufung oder (Sprung-) Revision einlegt, ist zulässig (BGHSt 40, 395; OLG Dresden wistra 2005, 318; Meyer-Goßner, StPO 51. A., § 335 Rdnr. 2 m.w.N.). Da der Angeklagte bis zu dem für die Bestimmung des Rechtsmittels maßgeblichen Ablauf der Re...