Leitsatz (amtlich)
Die folgende Vertragsstrafenregelung hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand und ist daher in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam:
"Überschreitet der AN die Vertragstermine (Zwischen- und Endtermine) schuldhaft, ist eine Vertragsstrafe von 0,3 % der Nettoabrechnungssumme jedoch mindestens 520,- EUR je Werktag und nicht fertig gestellter WE vereinbart, höchstens jedoch 5 % der Nettoauftragssumme."
Die Regelung stellt nicht sicher, dass der Tagessatz der Vertragsstrafe nicht die in der Rechtsprechung anerkannte Höchstgrenze von 0,3 % der Nettoabrechnungssumme überschreitet.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 19.10.2016; Aktenzeichen 35 O 173/15) |
Tenor
Der Senat sieht keine Erfolgsaussichten für die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Berlin vom 19.10.2016. Es ist daher beabsichtigt, das Rechtsmittel gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
I. Die Beklagte ließ an einem Bauvorhaben in C., das mehrere Gebäude und mehrere Wohneinheiten umfasste, Bauarbeiten durchführen.
Am 22.7.2013 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit dem Gewerk Schlosserarbeiten zu einer Gesamtvergütung von netto 109.500,- EUR (Anlage K 1). Dabei nahm die die Beklagte Bezug auf ein Verhandlungsprotokoll vom 17.7.2013, das Vertreter beider Parteien an diesem Tag unterzeichnet hatten (Anlage K 2). Dieses Verhandlungsprotokoll weist auf den als Anlage K 2 übergebenen Seiten 1 bis 10 den Briefkopf der Beklagten auf. Auf S. 3 bis 10 enthält es vorgedruckte Vertragsbestimmungen. Unter Ziff. 2 "Ausführungsfristen" werden unter Ziff. 2.3. für die Fertigstellung von Haus 9, Haus 10 und die Briefkastenanlage diverse "Zwischentermine" als "Vertragstermine (§ 5(1) 2 VOB/B)" vereinbart. In Ziff. 2.4 heißt es:
"Als Termin der Fertigstellung der kompletten Vertragsleistungen wird der ... vereinbart."
In den vorgegebenen Leerraum ist handschriftlich das Datum 24.09.2013 eingetragen.
Unter Ziff. 3 "Vertragsstrafe" heißt es in Punkt 3.1, wobei die Klägerin als "AN" bezeichnet wird:
"Überschreitet der AN die Vertragstermine (Zwischen- und Endtermine) schuldhaft, ist eine Vertragsstrafe von 0,3 % der Nettoabrechnungssumme jedoch mindestens 520,- EUR je Werktag und nicht fertig gestellter WE vereinbart, höchstens jedoch 5 % der Nettoauftragssumme.".
Die Beklagte erteilte der Klägerin Zusatzaufträge, sodass sich nach Abschluss der Arbeiten ein Werklohn von insgesamt 154.390,- EUR ergab. Diesen Betrag bezahlte die Beklagte vollständig bis auf einen Teilbetrag von 7.719,50 EUR, was 5 % der Nettoauftragssumme entspricht. Die Beklagte ist der Ansicht, in dieser Höhe sei der Werklohnanspruch erloschen. Die Klägerin habe aufgrund der verspäteten Fertigstellung der Werkleistung die vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe des Maximalbetrags verwirkt. Mit diesem Betrag rechne die Beklagte gegen die Vergütgungsforderung auf.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin die Zahlung ihrer Restvergütung geltend. Sie hält den Abzug der Vertragsstrafe für unberechtigt. Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
II. Die Berufung ist zwar zulässig, der Senat sieht in der Sache aber keine Erfolgsaussichten für das Rechtsmittel. Der Werklohnanspruch der Klägerin ist nicht - auch nicht teilweise - durch Aufrechnung erloschen. Denn die Beklagte hat keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Zahlung einer Vertragsstrafe. Hierfür gibt es keine Rechtsgrundlage. Die Regelung in Ziff. 3.1 des Verhandlungsprotokolls dürfte gemäß § 306 Abs. 1 BGB unwirksam sein.
Es handelt sich bei ihr schon nach dem äußeren Erscheinungsbild um eine allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten. Als solche hält sie der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.
1. Es kann dahinstehen, ob dies aus einer Intransparenz der Klausel folgt, die darin besteht, dass ihr Tagessatz an die Nettoabrechnungssumme, der Höchstbetrag jedoch an der Nettoauftragssumme anknüpft. Mit der Berufung erscheint dies auch dem Senat zweifelhaft (trotz BGH, Urteil vom 6.12.2007, VII ZR 28/07, Rz 12 ff). Es spricht Einiges dafür, dass etwaige Unklarheiten bei der maßgeblichen Bezugsgröße - wenn sie hier überhaupt bestehen - nach dem Gesetz dadurch zu lösen sind, dass im Zweifel der geringere Betrag herangezogen wird (§ 305c Abs. 2 BGB).
2. Die Klausel ist als Pönalisierung des Gesamtfertigstellungstermins auch nicht deshalb unwirksam, weil sie sich auf vereinbarte Zwischentermine bezieht, dies aber aufgrund der Rechtsprechung des BGH unwirksam sein dürfte (vgl. BGH, Urteil vom 6.12.2012, VII ZR 133/11). Die Nichtigkeitsfolge dieser Regelung tangiert die Vertragsstrafe für die Nichteinhaltung des Gesamtfertigstellungstermins nicht (BGH, Urteil vom 27.11.2013, VII ZR 371/12).
3. Allerdings ist die Vertragsstrafe deshalb insgesamt unwirksam, weil sie zu hohe Tagessätze vorsieht. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe in allgemeinen Geschäftsbedingungen, deren Höhe sich nach einem bestimmten Prozentsatz der Auftragssumme je Arb...