Leitsatz (amtlich)
Ein eingetragener Verein, dessen wesentlicher Vereinszweck in der "Bildung einer Religionsgesellschaft" zur Pflege und Förderung seiner religiösen Anliegen und Ziele, auch durch Betreiben von Gebetsstätten, besteht, hat zur Finanzierung der Rechtsverteidigung gegen eine Klage seines Vermieters sein Vermögen einzusetzen.
Die behauptete Gemeinnützigkeit eines beklagten Vereins begründet noch kein "allgemeines Interesse" an der Rechtsverteidigung (§ 116 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) gegen die Klage des Vermieters.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 34 O 662/03) |
Tenor
Die Gegenvorstellung des Antragstellers vom 18.3.2006 gegen den Beschluss des Senats vom 16.3.2006 sowie der Antrag vom 21.3.2006 werden zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Senat hat den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten vom 13.3.2006 mit Beschluss vom 16.3.2006, dem Beklagten zugegangen jedenfalls bis zum 18.3.2006, zurückgewiesen. Mit einer als "Gegenvorstellung" bezeichneten Eingabe vom 18.3.2006 zum Aktenzeichen 12 U 182/04, per Telefax eingegangen am 18.3.2006, 10.05 Uhr, wendet sich der Beklagte gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Rechtsverteidigung gegen die Berufung der Klägerin sowie zur Verfolgung einer eigenen Berufung.
Er rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs: Der Beschluss habe sich nicht mit dem beigefügten Gutachten des A.V. zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gemeinnützige Vereine sowie mit den Beschlüssen des 26. Zivilsenats des KG und des LG Berlin vom 30.12.2005 auseinandergesetzt. Da dieselbe Rechtsfrage von verschiedenen Senaten unterschiedlich beurteilt werde, werde angeregt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Mit weiterem Schreiben vom 21.3.2006, eingegangen an diesem Tag, beantragt der Beklagte, "dringend Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt Holger R. beizuordnen".
II. Die Gegenvorstellung vom 18.3.2006 ist als außergesetzlicher formloser Rechtsbehelf zulässig (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rz. 862 ff. m.w.N.). Da das Schreiben des Beklagten vom 21.3.2006 vor Bescheidung der gleichfalls auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerichteten Gegenvorstellung eingereicht worden ist, stellt es keinen eigenständigen Prozesskostenhilfeantrag dar, sondern ist als Bekräftigung des mit der Gegenvorstellung verfolgten Anliegens zu verstehen.
Die zulässige Gegenvorstellung des Beklagten führt nicht zur Änderung des Beschlusses vom 16.3.2006.
1. Der Senat hat im Beschluss vom 16.3.2006 ausgeführt, es könne auf sich beruhen, ob die eigene Berufung des Beklagten die nach § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht habe. Jedenfalls habe er nicht - wie nach § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO geboten - hinreichend dargelegt, dass er außerstande sei, die Kosten des Berufungsverfahrens aufzubringen, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde und dass er gemeinnützig sei. Die Auffassung des Senats zur Erforderlichkeit dieser Darlegungen war dem Beklagten - wie im Prozesskostenhilfebeschluss hervorgehoben - aus dem Parallelverfahren 12 U 249/04 bekannt.
Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Gegenvorstellung fest.
a) Die in dem Gutachten des A.V. genannten Argumente führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Der Beklagte hat dieses Gutachten in diesem Verfahren erstmals mit der Gegenvorstellung eingereicht.
aa) Zu Recht geht dieses Gutachten auf S. 4 unter IV.1. davon aus, dass die Unfähigkeit einer juristischen Person, die Prozesskosten aufzubringen, im Einzelfall zu prüfen ist und dass es Sache des Antragstellers ist, die erforderlichen Unterlagen hierfür zur Verfügung zu stellen. Entsprechend gelangt es unter IV.1.c) auch für den Fall, dass es sich bei dem Antragsteller um einen gemeinnützigen Verein handelt, zu dem richtigen Ergebnis, es seien bei der Antragstellung regelmäßig auch die Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des jeweiligen Vereins einzureichen, um erfolgreich mit dem Antrag durchzudringen.
Dennoch hat der Beklagte, der sich selbst auf dieses Gutachten beruft, keinerlei Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht und keine Unterlagen hierzu vorgelegt. Gleiches gilt für das "allgemeine Interesse" an der Durchführung des Rechtsstreits sowie zur Gemeinnützigkeit.
bb) Selbst wenn aber nach der Satzung des Beklagten eine dessen Gemeinnützigkeit nach §§ 51, 52 AO unterstellt würde, ändert dies an der Entscheidung vom 16.3.2006 nichts.
Der Senat folgt nämlich nicht der im Gutachten auf S. 4 ff. vertretenen Auffassung, dass die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse bei gemeinnützigen Vereinen grundsätzlich entfällt und dass deswegen der Antragsteller hierzu keine Darlegungen machen muss.
Aus der Entscheidung des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 5.5.1994 - 2 UF 261/93, FamRZ 1995, 373) ist hierzu nichts herzuleiten. Der dort entschiedene Fall betraf eine spezifisch familienrechtliche Konstellation: Das OLG Düsseldorf hat ausgeführt, dass es aus rechts...