Leitsatz (amtlich)
Ein vorläufiges Umwandlungsverbot nach § 15 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 172 Abs. 2 BauGB kann als relatives Verfügungsverbot auch noch nach (verbotswidriger) Begründung von Wohnungseigentum in die Wohnungsgrundbücher eingetragen werden.
Ist zumindest ein Wohnungseigentum an einen gutgläubigen Dritten veräußert worden, so ist die Begründung des Wohnungseigentums an dem Grundstück insgesamt auch der Gemeinde gegenüber absolut wirksam. Die Nichteintragung des Verfügungsverbots begründet dann auch auf den Grundbuchblättern der anderen Wohnungseigentumsrechte keine Grundbuchunrichtigkeit mehr.
Normenkette
BauGB §§ 15, 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2; BGB §§ 135-136, 892 Abs. 1 S. 2; GBO § 22
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
A) Das Bezirksamt Neukölln von Berlin fasste in seiner Sitzung vom 26. Februar 2019 den Beschluss für die Aufstellung einer sozialen Erhaltungsverordnung zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gemäß § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BauGB für das Gebiet GXXX, um die Erhaltungsziele bis zur Festlegung der Erhaltungsverordnung zu sichern. Dieser Beschluss wurde am 7. März 2019 im Amtsblatt von Berlin bekannt gemacht.
Mit Schreiben vom 7. März 2019 sprach das Bezirksamt gemäß § 172 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 2 BauG gegenüber der Eigentümerin des im Gebiet der geplanten Erhaltungsverordnung belegenen, im Grundbuch von Neukölln Blatt XXX eingetragenen Grundstücks die vorläufige, bis zum 7. März 2020 befristete Untersagung der Begründung von Wohn- und Teileigentum aus. Ebenfalls mit Schreiben vom 7. März 2019 informierte das Bezirksamt das Grundbuchamt über den Ausspruch der vorläufigen Untersagung.
Zu notarieller Urkunde vom 8. April 2019 erklärte die Grundstückseigentümerin die Aufteilung des Grundstücks in Wohn- und Teileigentum. Auf ihren am 9. April 2019 bei dem Grundbuchamt eingegangenen Antrag trug das Grundbuchamt am 24. Juni 2019 die Teilung ein und legte die im Beschlusseingang bezeichneten Wohnungsgrundbuchblätter an.
Mit Schreiben vom 28. Januar 2020 erhob das Bezirksamt Widerspruch gegen die Eintragung der Umwandlung des Grundstücks in Wohnungseigentum und beantragte die Löschung nach § 53 GBO. Das Grundbuchamt wertete dies als beschränkte Beschwerde gegen die Eintragungen vom 24. Juni 2019, der es unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Dezember 2019 - V ZB 145/18 - nicht abhalf. Der Senat wies die Beschwerde mit Beschluss vom 9. Juni 2020 zurück.
Nach Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt von Berlin am 3. März 2020 trat am 4. März 2020 die Erhaltungsverordnung "GXXX" in Kraft.
Mit Schreiben vom 26. November 2020 hat der Beteiligte beantragt, die am 7. März 2019 ausgesprochene vorläufige Untersagung als eine zu seinen Gunsten ergangene relative Verfügungsbeschränkung im Grundbuch einzutragen und anschließend die bereits durchgeführte Umwandlung in Wohnungseigentum zu löschen.
Das Grundbuchamt hat den Antrag mit Beschluss vom 18. Januar 2021 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Frage, ob die Anlegung von Wohnungseigentum rechtswidrig gewesen und deshalb von Amts wegen zu löschen sei, sei durch den Beschluss des Senats vom 9. Juni 2020 abschließend entschieden. Für die Eintragung des relativen Verfügungsverbots könne die vorläufige Untersagung vom 7. März 2019 keine wirksame Eintragungsgrundlage mehr darstellen, weil deren Befristung am 3. März 2020 abgelaufen sei. Nach Veröffentlichung der Erhaltungssatzung bestehe auch keine Notwendigkeit mehr, die Gutgläubigkeit potenzielle Erwerber der Einheiten zu beseitigen. Eine heutige Eintragung könne keine Rückwirkung haben.
Mit seiner Beschwerde vom 22. Februar 2021 macht der Beteiligte geltend, die Eintragung sei weiterhin erforderlich, um für folgende Verkäufe die relative Unwirksamkeit der Umwandlung im Grundbuch ersichtlich zu machen. Über die Löschungsverpflichtung habe das Grundbuchamt nicht entschieden.
B) Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 71 ff. GBO), hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Grundbuchamt hat im Ergebnis mit Recht sowohl den Antrag auf Eintragung der vorläufigen Untersagung als auch den Antrag auf Löschung der Umwandlung zurückgewiesen. Der Antrag auf Löschung ist zwar in dem Beschlusstenor nicht als eigenständiger Antrag benannt, jedoch ergibt sich aus den Gründen, dass das Grundbuchamt mit der Zurückweisung auch den Löschungsantrag beschieden hat. Beide Anträge waren gemäß § 18 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. GBO zurückzuweisen, denn ihnen standen Hindernisse entgegen, von denen nicht zu erwarten ist, dass der Beteiligte sie nach einer Zwischenverfügung beheben könnte.
I. Die Voraussetzungen für die Eintragung der vorläufigen Untersagung sind nicht nachgewiesen. Rechtsgrundlage für eine solche Eintragung wäre § 22 GBO. Die vorläufige Untersagung nach § 172 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 2 BauGB ist eine relative Verfügungsbeschränkung gemäß §§ 135, 136 BGB (BGH, Beschluss v. 19. Dezember 2019, ZfIR 2020, 239, 241). Eine solche ist grundsätzlich eintragungsfäh...