Leitsatz (amtlich)
Das Verschulden seines Verteidigers im StrEG-Verfahren muss sich der frühere Beschuldigte zurechnen lassen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 07.02.2007; Aktenzeichen 3 Wi Js 1016/04 - 519 Qs 289/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Freigesprochenen gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 7. Februar 2007 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den früheren Angeklagten durch Urteil vom 9. Januar 2006 von dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung freigesprochen und zugleich festgestellt, daß er "für den in dieser Sache erlittenen Freiheitsentzug zu entschädigen" ist. Das Urteil ist seit dem 17. Januar 2006 rechtskräftig. Im Verlaufe des Betragsverfahrens nach den §§ 10 ff StrEG machte der Freigesprochene auch Ersatzansprüche geltend, die ihm aufgrund der Befolgung von Auflagen aus dem Haftverschonungsbeschluß vom 15. September 2005 entstanden sein sollen. Nachdem die Senatsverwaltung für Justiz mit Schreiben vom 28. August 2006 darauf hingewiesen hatte, daß in dem Urteil des Amtsgerichts eine Entschädigungspflicht nur für die durch den Vollzug der Untersuchungshaft erlittenen Schäden festgestellt worden sei, beantragte der Freigesprochene am 6. September 2005 durch seinen Verteidiger, die Entschädigungsentscheidung in dem Urteil des Amtsgerichts auf die "Folgen der Auflagen aus dem Haftverschonungsbeschluß" zu erweitern. Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2006 stellte der Verteidiger auf Anfrage des Landgerichts klar, daß der Antrag "auch als Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts vom 9.1.2006 verstanden werden soll". Das Landgericht hat infolge dessen das Rechtsmittel als sofortige Beschwerde behandelt, den Verteidiger am 13. November 2006 auf die Nichteinhaltung der Wochenfrist des § 311 Abs. 2 StPO hingewiesen und mit dieser Begründung die sofortige Beschwerde durch Beschluß vom 20. November 2006 als unzulässig verworfen. Den am 24. November 2006 eingegangenen Antrag des Freigesprochenen, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren, hat das Landgericht durch Beschluß vom 7. Februar 2007 als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde des Freigesprochenen bleibt ohne Erfolg.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zu Recht als unzulässig angesehen.
Der Freigesprochene hat schon nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, wann der Grund weggefallen war, der ihn an der rechtzeitigen Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die Entschädigungsentscheidung des Amtsgerichts gehindert hatte. Das wäre jedoch erforderlich gewesen, da entsprechende Angaben jedenfalls in den Fällen zur formgerechten Anbringung eines Wiedereinsetzungsgesuchs gehören, in denen die Wahrung der Frist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO nach Aktenlage nicht offensichtlich ist (vgl. BGH NStZ 2006, 54; Senat, Beschluß vom 10. Mai 2007 - 1 Ws 54/07 -). So liegt es hier. Der Beschwerdeführer hätte daher mitteilen müssen, zu welchem Zeitpunkt er davon erfahren hat, daß die mit dem Haftverschonungsbeschluß angeordneten Maßnahmen von der Entschädigungsentscheidung des Amtsgerichts nicht erfaßt waren und zu ihrer Ergänzung ein an keine Frist gebundener Antrag nach § 8 Abs. 1 Satz 2 StrEG nicht ausreichte, sondern es ihrer Anfechtung mit der sofortigen Beschwerde bedurfte. Dazu bestand vor allem deshalb Anlaß, weil bereits durch das an den Verteidiger gerichtete Schreiben der Senatsverwaltung für Justiz vom 28. August 2006 eine Klarstellung über den Umfang der gerichtlichen Entscheidung erfolgt war und ihn das Landgericht am 13. November 2006 auf die Unzulässigkeit einer Ergänzung durch das Amtsgericht sowie auf die Verspätung der sofortigen Beschwerde hingewiesen hatte. Welche Umstände den Freigesprochenen daran gehindert haben, spätestens ab diesem Zeitpunkt binnen Wochenfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, erschließt sich seinem Vorbringen nicht. Soweit der Verteidiger meint, ein Wiedereinsetzungsgesuch sei bereits in seinem Schriftsatz vom 6. September 2006 zu sehen, läßt sich dem ein solcher Inhalt nicht entnehmen.
Ungeachtet dessen hat der Beschwerdeführer keinen Sachverhalt dargelegt und glaubhaft gemacht, der sein Verschulden an der Versäumung der Beschwerdefrist ausschließt. Ein Irrtum über die Tragweite der angefochtenen Entscheidung geht zu seinen Lasten. Soweit die Fristversäumung auf einer Fehleinschätzung seines Verteidigers beruhte, muß er sich dessen Verschulden im Verfahren nach dem StrEG zurechnen lassen (vgl. KG JR 1979, 128).
Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, daß der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht entgegen § 35a Satz 1 StPO nicht über die Möglichkeit belehrt worden ist, die Entschädigungsentscheidung mit der sofortigen Beschwerde anzufechten. Denn eine unterbliebene Rechtsmittelbelehrung schließt nach § 44 Satz 2 StPO nur das Verschulden an der Fristversäumung aus. Es muß aber zwischen dem Belehrungsman...