Leitsatz (amtlich)
Ist für einen Beschluss nach der Satzung eine "einfache Mehrheit" erforderlich, ist diese erreicht, wenn für den Beschlussgegenstand mehr Stimmen abgegeben werden als gegen ihn. Dabei kommt es auf die abgegebenen Stimmen an. Enthaltungen werden nicht mitgezählt.
Normenkette
BGB § 32 Abs. 1 S. 3, § 40
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 95 VR 17424 B) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten vom 21. August 2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 13. August 2019, Az. 95 VR 17424 B, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit notarieller Urkunde vom 11. Juli 2019 meldete der Vorstand des Beteiligten unter Vorlage des Protokolls der Mitgliederversammlung, einer brieflichen Abstimmung vom 06. April 2019, Herrn O... L... und Frau S... S... als stellvertretende Vorsitzende zur Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Charlottenburg - Registergericht an. In dem der Anmeldung beigefügten Protokoll ist u.a. festgehalten, dass Herr L... mit 79 Ja-Stimmen und Frau S... mit 74 Ja-Stimmen gewählt worden sind bei 172 stimmberechtigten Stimmen. Angaben zu Gegenstimmen oder Enthaltungen gibt es im Protokoll nicht.
Mit Verfügung vom 22. Juli 2019 wies das Registergericht darauf hin, dass bei 172 abgegebenen Stimmen für die Wahl der stellvertretenden Vorstandsmitglieder jeweils 87 Ja-Stimmen erforderlich seien, sofern es keine Stimmenthaltungen gegeben habe, da nach den Bestimmungen der Satzung in § 7 Abs. 7 S. 3 eine einfache Mehrheit erforderlich sei. Die aktuelle Satzung in der Fassung vom 15. April 2017 lautet hinsichtlich Abstimmung und Wahlen in § 7 Abs. 7 S. 3: "Die Mitgliederversammlung fasst ihre Beschlüsse mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen." Der Beteiligte wies sodann darauf hin, dass hier die Bedeutung des rechtlichen Begriffs der einfachen Mehrheit für die Vereinsmitglieder die der relativen Mehrheit sei und schlug vor, die Satzung ohne Mitgliederversammlung entsprechend zu ändern.
Mit Beschluss vom 13. August 2019, dem Notar ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 20. August 2019 zugestellt, hat das Amtsgericht die Anmeldung vom 11. Juli 2019 zurückgewiesen. Der am 21. August 2019 beim Amtsgericht Charlottenburg per Fax und am 29. August als Original eingegangenen Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde ist zulässig, sie ist nach § 58 Abs. 1, 374 Nr. 4, 382 Abs. 3 FamFG statthaft und gemäß §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Des Erreichens eines Beschwerdewertes bedarf es nicht, weil es sich um eine Vereinsangelegenheit handelt und damit um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG. Der Beteiligte, vertreten durch den einzelvertretungsberechtigten Vorsitzenden, ist durch den seinen Eintragungsantrag zurückweisenden Beschluss unmittelbar beschwert im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das Registergericht hat die Anmeldung nach § 67 Abs. 1 BGB zu Recht zurückgewiesen, die Wahl der angemeldeten stellvertretenden Vorsitzenden ist unwirksam. Aus dem eingereichten Protokoll der Mitgliederversammlung ergibt sich nicht, ob die beiden zur Eintragung als stellvertretende Vorsitzende angemeldeten Kandidaten mit der nach § 7 Abs. 7 S. 3 der Satzung notwendigen einfachen Mehrheit der Stimmen gewählt worden sind. Vorliegend lässt sich nicht feststellen, ob diejenigen Mitglieder, die nicht mit "Ja" abgestimmt haben, sich der Wahl enthalten oder aber mit "Nein" abgestimmt haben. Da nicht auszuschließen ist, dass die verbleibende Mehrheit gegen die Kandidaten gestimmt hat, kann keiner der beiden angemeldeten Personen als gewählt angesehen werden.
Die einfache Mehrheit - wie in § 7 Abs. 7 S. 3 der Satzung festgelegt - erreicht ein Beschlussantrag bzw. Wahlvorschlag dann, wenn er mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen auf sich vereinigt. Erforderlich ist, dass die Zahl der gültigen Ja-Stimmen die der gültigen Nein-Stimmen um wenigstens eine übertrifft; Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen werden bei der Festlegung des Abstimmungsergebnisses nicht mitgezählt (BGH, Urteil vom 12. Januar 1987, II ZR 152/86, juris Rn. 5; OLG München, Beschluss vom 29. Januar 2008, 31 Wx 78/07, juris Rn. 21 und Beschluss vom 19. Januar 1996, 3Z BR 233/95, juris Rn. 18; Palandt-Ellenberger, BGB, 79. Aufl., § 32 Rn. 7; Staudinger/Schwennicke, BGB, 2019, § 32 Rn. 111). Wenn anstelle der einfachen die sog. relative Mehrheit, also die Mehrheit aller abgegebenen Ja- und Neinstimmen, hätte maßgebend sein sollen, so hätte dies nach § 40 BGB einer entsprechenden Bestimmung in der Satzung bedurft (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1988, II ZR 96/88, juris Rn. 12; OLG Schleswig, Beschluss vom 12. Januar 2005, 2 W 308/04, juris Rn. 9; Palandt-Ellenberger, aaO).
Ein anderes Mehrheitserfordernis lässt sich auch nicht durch Auslegung der Satzung erzielen. Die Auslegung der Vereinssatzu...