Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten der Anschlussberufung bei Zurückweisung einer Berufung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO
Normenkette
ZPO § 522 Abs. 2, § 524
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 59 O 115/08) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
I. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
1. Zu Recht geht das LG in der angefochtenen Entscheidung von einer Mithaft der Klägerin i.H.v. 50 % aus. Zu Lasten der Klägerin ist zu berücksichtigen, dass diese nicht hinreichend weit Rechts gefahren ist und dass eine mit "halber Vorfahrt" bezeichnete Situation vorlag.
a) Die Klägerin ist nicht, wie sie in ihrer Berufungsbegründungsschrift vorträgt, nur "etwas weiter links gefahren", vielmehr ist sie am äußersten linken Fahrbahnrand gefahren. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass das Fahrzeug der Beklagten nach dem Unfall nur ca. 25 cm in die Farbahn der Klägerin ragte.
b) Es ist zwar zutreffend, dass das Rechtsfahrgebot nur dem Schutz der Verkehrsteil-nehmer dient, die sich in Längsrichtung auf derselben Fahrbahn bewegen, nicht aber auch dem Schutz derer, die erst in diese Fahrbahn einbiegen wollen. Auch erstreckt sich das Vorfahrtsrecht auf die gesamte Fahrbahn der vom Vorfahrtberechtigten genutzten Vorfahrtstrasse.
Ist der Vorfahrtberechtigte nicht hinreichend weit rechts gefahren, führt dies aber zu einer erhöhten Betriebsgefahr des von ihm geführten Fahrzeugs. Diese erhöhte Betriebsgefahr führt im Rahmen der Abwägung gem. § 17 StVG zu einer Mithaftung nach einer Quote von ¼ (vgl. KG, zfs 2007, 379 = VRS 112, 328 = KGReport Berlin 2007, 676 L = NJW-Spezial 2007, 355 mit zust. Anm. = NZV 2007, 406).
c) Ist die Vorfahrt an einer Kreuzung - wie vorliegend - nicht besonders geregelt, so stellt sich für jeden Verkehrsteilnehmer, der sich dieser Kreuzung nähert, die Verkehrslage so dar, dass er zwar ggü. dem von links kommenden vorfahrtberechtigt, gegenüber Verkehrsteilnehmern von rechts aber wartepflichtig ist. Um deren Vorfahrt beachten zu können, muss er, wie § 8 Abs. 2 S. 1 StVO vorschreibt, mit mäßiger Geschwindigkeit an die Kreuzung heranfahren und sich darauf einstellen, dass er notfalls rechtzeitig anhalten kann. Diese mit "halber Vorfahrt" bezeichnete Situation (vgl. BGH, 21.5.1985 - VI ZR 201/83, NJW 1985, 2757; OLG Hamm NZV 2000, 124) dient grundsätzlich auch dem Schutz des von links kommenden Wartepflichtigen. Kommt es in dieser Situation der halben Vorfahrt zu einem Verkehrsunfall zwischen einem Vorfahrtsberechtigten und einem von links kommenden Wartepflichtigen, führt dies in aller Regel zu einer Mithaftung des Vorfahrtberechtigten mit 25 % (vgl. OLG Hamm, NZV 2003, 377). Vorliegend ist zu Lasten der Klägerin zusätzlich zu berücksichtigen, dass sie die Vorfahrt des aus Ihrer Sicht von rechts kommenden Zeugen Rubinstein verletzt hat. Die Beklagte zu 2) durfte aber damit rechnen, dass die Klägerin die Vorfahrt dieses Zeugen achtet, statt die Kreuzung mit unverminderter Geschwindigkeit und unter Erzwingung ihrer eigenen Vorfahrt zu überfahren.
2. Die vom LG in Ansatz gebrachte Schadenshöhe ist nicht zu beanstanden.
a) Die Standgebühren und die Kosten der Fahrzeugverbringung hat das LG zu Recht abgewiesen, da die Klägerin erstinstanzlich trotz des Bestreitens dieser Positionen durch die Beklagten nicht unter Beweisantritt dargelegt hat, warum ihr diese Positionen zustehen sollen. Auch hätte die Klägerin die Beklagten gem. § 254 Abs. 2 ZPO Auf das Entstehen von Standgebühren hinweisen müssen.
b) Die ohne Einzelnachweis für entsprechende Aufwendungen anzuerkennende allgemeine Unkostenpauschale beträgt 20 EUR (ständige Rechtsprechung des 12. und des 22. Zivilsenats des KG, vgl. VRS 112, 325 = KGReport Berlin 2007, 629 L = NZV 2007, 409 (12. KG) und KGReport Berlin 2008, 610 (22. Zivilsenat)).
c) Das vom LG zugesprochene Schmerzensgeld ist angemessen.
d) Die Position "Anwaltsgebühren" hat das LG zu Recht abgewiesen. Trotz des Bestreitens der Beklagten hat die Klägerin erstinstanzlich nicht unter Beweisantritt dargelegt, wann der Klägerin diese Gebühren in Rechnung gestellt worden sind und wann sie diese bezahlt hat. Der Vortrag in der Berufungsbegründung kann gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen werden.
II. Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich.
III. Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.
IV....