Leitsatz (amtlich)
Ein sog. überhängender Überbau hindert die Begründung von Wohnungseigentum nicht.
Normenkette
BGB §§ 93-94; WEG § 1 Abs. 4, §§ 3, 8
Verfahrensgang
AG Berlin-Mitte (Aktenzeichen 46 MI 16090N-38) |
Nachgehend
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Die Zwischenverfügung ist nicht gem. § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO veranlasst. Das aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht. Denn ein Überbau durch Erker (hier ab dem 2. Obergeschoss) steht der Begründung von Wohnungseigentum nach §§ 3, 8 WEG in keinem Fall entgegen.
Die Grenzüberschreitung des betroffenen Gebäudes hindert die Einbeziehung des übergebauten Gebäudeteils nicht, wenn der Überbau wesentlicher Bestandteil des Stammgrundstücks ist. Dann bilden das Grundstück und das gesamte Gebäude eigentumsrechtlich eine Einheit, was für die Begründung von Wohnungseigentum genügt; ein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 WEG liegt mangels Erfassung des Eigentums am Nachbargrundstück nicht vor (Demharter, GBO, 29. Aufl., Anh. § 3 Rz. 7; Rpfleger 1983, 133, 134). Bei einem sog. überhängenden Überbau, etwa durch Erker oder Balkone, ist dessen rechtliche Zuordnung zum Stammgrundstück unabhängig davon gegeben, ob der Grenzüberbau rechtmäßig oder entschuldigt ist (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.10.2012 - 14 Wx 7/11 - juris; LG Bautzen NJW-RR 2001, 591; Erman/Grziwotz, BGB, 14. Aufl., § 1 WEG Rz. 12; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rz. 2817 a.E.; DNotI-Report 2002, 9, 10; Tersteegen, RNotZ 2006, 433, 454). Hier besteht kein Widerspruch zwischen dem Grundsatz der Gebäudeeinheit (§§ 93, 94 Abs. 2 BGB) und dem Grundsatz der Bodenakzession (§§ 94 Abs. 1 S. 1, 946 BGB). Ragen Teile eines Gebäudes nur in den Luftraum über dem Nachbargrundstück hinein, besteht keine Bodenverbindung mit diesem Grundstück i.S.v. § 94 Abs. 1 BGB; auch der vorspringende Teil gehört gem. § 94 BGB dem Eigentümer des Stammgrundstücks, von dem aus der Bau errichtet ist. Für diese Zuordnung ist es unerheblich, ob eine Duldungspflicht nach § 912 Abs. 1 BGB besteht. Das übersieht die vom Grundbuchamt herangezogene Entscheidung des LG Leipzig (NZM 2000, 393).
Fundstellen
Haufe-Index 8310467 |
MittBayNot 2016, 31 |
ZMR 2015, 882 |
ZfIR 2015, 778 |
MDR 2015, 999 |
Rpfleger 2016, 23 |
WuM 2015, 689 |
ZWE 2015, 361 |
MietRB 2015, 332 |
NotBZ 2016, 43 |
NJOZ 2015, 1833 |