Leitsatz (amtlich)
1. Auch im Vereinsregisterverfahren ist eine Vertretung möglich.
2. Ein besonderer Vertreter im Sinne des § 30 HGB kann mit dem Wirkungskreis "vereinsrechtliche Angelegenheiten" betraut werden.
Normenkette
BGB §§ 21, 30, 77 Abs. 1; FamFG § 10
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen VR 29634) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 4. März 2020 aufgehoben.
Gründe
I. Der Beteiligte ist am 10. Februar 1992 errichtet worden und seit dem 7. Juni 2010 im Vereinsregister des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Mit einer notariell beglaubigten elektronischen Erklärung vom 4. Dezember 2019 meldeten die Herren D. R. S. und T. H. B. ihre Bestellung zu Vorstandsmitgliedern, das Ausscheiden der bisherigen Vorstandsmitglieder Dr. R. und L. sowie die in einer Mitgliederversammlung vom 21. November/1. Dezember 2017 beschlossene Änderung des § 8 der Satzung durch Hinzufügung eines Absatzes 5 an. Dieser Absatz lautet dabei:
"Der Vorstand kann besondere (§ 30 BGB) Vertreter bestellen und diesen jeweils eigene Aufgabenkreise zuweisen, insbesondere die Besorgung von vereinsrechtlichen Angelegenheiten, vor allem die Anmeldung von Eintragungen in das Vereinsregister. Der Vorstand kann besondere Vertreter jederzeit abberufen."
Auf der Grundlage dieser Regelung enthielt die Erklärung vom 4. Dezember 2019 weiter die Anmeldung zur Eintragung, dass die Herren Dr. B. D. und B. F. zu besonderen Vertretern nach § 30 BGB jeweils mit der Zuweisung der Anmeldung von Eintragungen in das Vereinsregister bestellt seien. Der Anmeldung waren das Protokoll der Mitgliederversammlung und eine Neufassung der Satzung beigefügt.
Auf diese Anmeldung hin hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 7. Januar 2020 darauf hingewiesen, dass wohl eine Eintragung der besonderen Vertreter mit dem benannten Wirkungskreis in Betracht käme, bei den Anmeldungen aber jeweils wieder notariell beglaubigte Vollmachten vorgelegt werden müssten. Diesem Schreiben ist der Verfahrensbevollmächtigte mit einem Schreiben vom 28. Januar 2020 mit dem Hinweis entgegengetreten, dass auch einem besonderen Vertreter nach § 30 BGB die Anmeldung zum Register möglich sein müsste. Dieser sei im Übrigen auch Vereinsorgan, so dass es einer separaten Bevollmächtigung nicht bedürfe. In der Folge hat dann das Amtsgericht die Anmeldung vom 4. Dezember 2020, soweit die Anmeldung der Satzungsänderung und die Anmeldung der besonderen Vertreter betroffen sind, mit einem Beschluss vom 4. März 2020 zurückgewiesen. Im Übrigen hat es die Anmeldung durch Eintragung vollzogen.
Gegen diese am 9. März 2020 zugestellte Entscheidung hat der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten mit einem elektronischen Schreiben vom 7. April 2020 Beschwerde eingelegt.
Dieser Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 17. April 2020 zur Entscheidung vorgelegt.
II. 1. Die Beschwerde, die als im Namen des Beteiligten eingelegt anzusehen ist, ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdeschrift ist innerhalb der Frist von einem Monat nach § 63 Abs. 1 FamFG eingegangen und erfüllt die notwendigen Formerfordernisse nach § 64 Abs. 2 FamFG. Die Regelung des § 61 Abs. 1 FamFG greift im vorliegenden Fall nicht, weil es sich bei einer Vereinsregistersache nicht um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt, so dass es des Erreichens eines besonderen Beschwerdewertes nicht bedarf.
2. Das Rechtsmittel hat auch Erfolg. Auf die formgerechte Anmeldung vom 4. Dezember 2019 sind nunmehr auch noch die Änderung der Satzung in § 8 sowie die Herren Dr. B. D. und B. F. als besondere Vertreter mit dem angemeldeten Wirkungskreis einzutragen.
a) Der Eintragung der Satzungsänderung steht keine Unwirksamkeit entgegen. Die formalen Voraussetzungen der Satzungsänderung sind gegeben. Auch ein Verstoß gegen § 77 BGB liegt nicht vor. Allerdings sind nach Satz 1 die Anmeldungen zum Vereinsregister von den Mitgliedern des Vorstands bzw. den Liquidatoren in vertretungsberechtigter Zahl mittels öffentlich beglaubigter Erklärung abzugeben. Eine dem § 12 Abs. 1 Satz 2 HGB entsprechende Regelung findet sich jedenfalls im Bereich der vereinsrechtlichen Vorschriften nicht. Es ist aber uneingeschränkt anerkannt, dass auch in diesem Bereich eine Vertretung möglich ist (vgl. KG, Beschluss vom 5. Oktober 1903, 1 Z 1022/03, RJA 4, 32 = BeckRS 1903, 0002; Münchener Kommentar zum BGB/Leuschner, 8. Aufl., § 59 Rdn. 4; Soergel/Hadding, BGB, 13. Aufl., § 59 Rdn. 3; Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl., § 59 Rdn. 1 und § 77 Rdn. 1 Staudinger/Schwennicke, BGB, 2019, § 59 Rdn. 9). Dies ist auch gerechtfertigt, weil eine Vertretung im Verfahren, um die es sich bei einer Bevollmächtigung zur Anmeldung handelt, bereits durch die Regelung des § 10 FamFG zugelassen ist und sich auch eine abweichende Handhabung gegenüber anderen Registerverfahren nicht rechtfertigen lässt. Ein besonderer Vertreter nach § 30 BGB wä...