Leitsatz (amtlich)
Ein Leibgeding kann auch von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingeräumt werden, wenn sämtliche Gesellschafter in einer besonderen persönlichen Beziehung zu dem Berechtigten stehen, die auf eine soziale Motivation für die Einräumung der Rechte schließen lässt.
Normenkette
GBO § 49; EGBGB Art. 96; ZPO § 850b; EGZVG § 9
Verfahrensgang
AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 16.05.2014; Aktenzeichen 40 ST 1...-63) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, im Grundbuch von Steglitz Blatt 1...
1. das Recht in Abt. III lfd. Nr. 13 zu löschen,
2. die Eigentumsumschreibung auf die Beteiligte zu 2. gem. § 3 der notariellen Urkunde vom 17.9.2013 (UR-Nr. 2.../2...des Notars H.G.H.) vorzunehmen,
3. die in § 6 der vorbezeichneten Urkunde eingeräumten Rechte zugunsten der Beteiligten zu 1. als Leibgeding einzutragen.
Gründe
I. In notarieller Urkunde vom 17.9.2013 (UR-Nr. 2.../2...des Notars H.G.H.) ließ der inzwischen am 19.2.2014 verstorbene eingetragene Eigentümer des im Beschlusseingang bezeichneten Grundstücks dieses an die Beteiligte zu 2., eine aus seinen Söhnen als Gesellschafter bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, auf. In § 6 der Urkunde vereinbarten die Vertragsbeteiligten, dass die Beteiligte zu 2. an den Übergeber und seine Ehefrau, die Beteiligte zu 1., auf deren Lebenszeit ein Leibgeding zu erbringen habe, bestehend aus einem Wohnrecht an der im 2. OG rechts belegenen 4-Zimmer-Wohnung und einem Wohnrecht an der im Souterrain belegenen 1-Zimmer-Wohnung sowie einem monatlichen Unterhaltsbeitrag, der sich von anfänglich 1.500 EUR ab Oktober 2013 nach näherer Maßgabe auf 1.800 EUR ab 1.1.2017 steigern sollte. In § 6 Abs. 2 der Urkunde bewilligten die Beteiligten die Eintragung der Wohnrechte und der Reallast (Geldrente) im Grundbuch unter Zusammenfassung zu einem Leibgeding mit dem Zusatz, dass zur Löschung der Nachweis des Todes des Letztversterbenden genügt.
Unter dem 18.11.2013 hat der Notar die verbundenen Anträge gestellt, das Recht in Abt. III lfd. Nr. 13 zu löschen, die Eigentumsumschreibung gem. § 3 der UR-Nr. 2.../2...auf die Beteiligte zu 2. vorzunehmen und die in § 6 eingeräumten Rechte als Leibgeding einzutragen.
Das Grundbuchamt hat zunächst mit Zwischenverfügung vom 14.1.2014 darauf hingewiesen, der bei dem Leibgeding beantragte Löschungserleichterungsvermerk könne nicht eingetragen werden, weil das Wohnrecht nicht rückstandsfähig und die Reallast nicht zeitlich beschränkt sei. Außerdem seien für die Eintragung des Leibgedings formlos diejenigen Umstände und Beziehungen zu begründen, die die Eintragung als Leibgeding rechtfertigten.
Der Notar hat daraufhin eine nicht unterzeichnete Kopie des Gesellschaftsvertrages der Beteiligten zu 2. vorgelegt und für die Beteiligten vorgetragen, die Übertragung des Grundstücks diene ausschließlich der familiären Verwertung. Der Vertragsgegenstand sei mit einem Mehrfamilienhaus bebaut. Hieraus würden Mieteinnahmen erzielt, aus denen die Zahlung der vereinbarten Rente sichergestellt sei. Die Übertragung der GbR-Anteile auf Dritte und eine Kündigung des Gesellschaftsvertrages seien nach dem Vertrag ausgeschlossen, solange die Verpflichtung zur Leistung der Geldrente besteht.
Der Notar hat außerdem unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 der UR-Nr. 2.../2...klargestellt, dass die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen auf die Lebenszeit der Berechtigten beschränkt seien.
Mit Beschluss vom 16.5.2014 hat das Grundbuchamt die Anträge insgesamt zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Leibgedingsvertrag sei nicht wirksam, weil es an besonderen persönlichen Beziehungen zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem fehle. Die Beteiligte zu 2. als Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei keine Person, zu der im Sinne eines Versorgungsvertrages persönliche Beziehungen bestehen könnten. Aus dem Umstand, dass die Gesellschafter der Beteiligten zu 2. die Söhne der Berechtigten sind, ergebe sich nichts anderes, schon weil die die Übertragung der Gesellschafterstellung einschränkenden Bedingungen des Gesellschaftsvertrages jederzeit formlos geändert werden könnten.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 24.6.2014, mit der die Beteiligten geltend machen, der Erwerb in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei aus rein steuerlichen Gründen gewählt worden, diene jedoch ausschließlich der familiären Verwertung des Familiengrundstücks.
II.1. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 71 ff. GBO). Es ist dahin auszulegen, dass der Notar die Beschwerde gem. § 15 Abs. 2 GBO im Namen sämtlicher antragsberechtigten Beteiligten eingelegt hat.
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Für jeden der verbundenen Anträge liegen die Voraussetzungen für dessen Vollziehung vor.
a) Das in Abt. III lfd. Nr. 13 eingetragene Recht ist auf den Antrag (§ 13 GBO) des eingetragenen Eigentümers zu löschen, weil die Löschungsbewilligung des eingetragenen Berechtigten (§ 19 GBO) vorliegt.
b) Die Auflassung als Voraussetzung für die Eintragung des Eigentumswech...