Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Eintragung eines Altenteils bei Übergabe eines Mehrfamilienhauses an einen Familienangehörigen mit Vereinbarung eines Wohnungsrechtes und einer Pflegeversicherung.
Normenkette
BGB § 1093 Abs. 1; GBO § 23 Abs. 2, § 49
Verfahrensgang
AG Hanau (Verfügung vom 14.06.2011) |
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I. Der verfahrensbevollmächtigte Notar reichte mit Schreiben vom 9.6.2011 seine Urkunde UR-Nr .../2011 mit dem Antrag gem. § 15 GBO auf grundbuchamtlichen Vollzug bei dem Grundbuchamt ein.
In der Urkunde hatte die Antragstellerin zu 1) als im Grundbuch eingetragene Alleineigentümerin mit einem Übergabevertrag ihr Hausgrundstück an den Antragsteller zu 2), ihren Enkel, übertragen. Der Übergabevertrag enthält für bestimmte näher aufgeführte Tatbestände eine Rückübertragungsverpflichtung, die durch eine Rückauflassungsvormerkung gesichert werden soll. Die Antragstellerin zu 1) hat sich des Weiteren an einer näher umschriebenen Wohnung im Erdgeschoss ein Wohnungsrecht vorbehalten, wozu eine sog. Brandvormerkung eingetragen werden soll. Außerdem wird eine Pflegeverpflichtung in Form einer Reallast begründet. Nach dem Inhalt der Urkunde sollen die für die Antragstellerin zu 1) vereinbarten wiederkehrenden Leistungen nach Möglichkeit als einheitliches Altenteilsrecht/Leibgeding eingetragen werden.
Der Rechtspfleger des Grundbuchamts beanstandete mit Zwischenverfügung vom 14.6.2011 folgende Eintragungshindernisse:
(1) Die Voraussetzungen für eine Eintragung der Reallast und des so bezeichneten Wohnungsrechts als Altenteil/Leibgeding lägen nicht vor: Hierfür sei erforderlich, dass ein Beteiligter einem anderen nach Art einer vorweggenommenen Erbfolge seine wirtschaftliche Lebensgrundlage übertrage, um dafür in die persönliche Gebundenheit eines abhängigen Versorgungsverhältnisses einzutreten, während der Übernehmer eine wirtschaftlich selbständige Stellung erlange; vorliegend werde aber offenbar nur ein Wohnhaus übertragen.
(2) Es sei zu klären, ob ein Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) oder ein Wohnrecht (§ 1090 BGB) gewollt sei. Da Rückstände offenbar ausgeschlossen seien, sei die Bewilligung hinsichtlich der insoweit unzulässigen Vorlöschungsklausel ebenfalls abzuändern;
(3) Es sei unklar, ob die Vormerkung zur Sicherung des zukünftigen Anspruchs auf Einräumung eines Wohnungsrechts als Ersatz bei Zerstörung der Räumlichkeiten ebenfalls Rang nach der Rückauflassungsvormerkung haben oder insoweit ein relatives Rangverhältnis eingetragen werden solle; auch sei unklar, ob die Reallast ebenfalls Rang nach der Rückauflassungsvormerkung und dem Wohnrecht haben, die Rangfolge also entsprechend der Reihenfolge der Rechte im Vertrag eingetragen werden solle.
Die zunächst weiter erhobene Beanstandung (Klarstellung, ob die Reallast auch mit dem Tode der Berechtigten erlöschen solle) hat der Grundbuchrechtspfleger später selbst für erledigt erklärt.
Gegen die Zwischenverfügung hat der verfahrensbevollmächtigte Notar für die Antragsteller Beschwerde eingelegt, mit welcher er im Wesentlichen geltend gemacht hat, aus dem Text des Vertrags ergebe sich, dass ein Hausanwesen übertragen werden solle, in dem sich mehrere Wohnungen befänden, wobei die Übergeberin sich nicht nur ein Wohnungsrecht vorbehalten, sondern auch eine Pflege-verpflichtung erhalten habe. Damit seien die nach der Rechtsprechung für die Eintragung eines Altenteilsrechts erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Entsprechend der Überschrift des § 1093 BGB sei ausdrücklich ein Wohnungsrecht vorbehalten, so dass ein Klärungsbedarf im Verhältnis zum Wohnrecht nicht bestehe. Auch sei eine Löschungserleichterung zulässig, da das Wohnungsrecht sich nur auf einen Teil des Gesamtgrundstücks beziehe und deshalb Rückstände theoretisch möglich seien. Die Fragen nach der Rangordnung der Rechte sei unverständlich. Es sei klar bestimmt, dass das Wohnungsrecht nach der zuvor bewilligten Rückauflassungsvormerkung eingetragen werden solle und die Vormerkung zur Sicherung des Wohnungsrechts bei einer Zerstörung der Räume im Range nach dem Wohnungsrecht einzutragen sei. Auch zur Pflegeverpflichtung sei klar geregelt, dass diese nach der sog. Brandvormerkung eingetragen werden solle.
Der Rechtspfleger des Grundbuchamts half der Beschwerde mit Beschluss vom 16.9.2011, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, nicht ab und legte die Sache dem Senat zur Entscheidung vor.
II. Die gegen die Zwischenverfügung gerichtete Beschwerde, über welche nach der hier gem. §§ 72, 75 GBO erfolgten Nichtabhilfe durch den Rechtspfleger der Senat als Beschwerdegericht zu befinden hat, ist zulässig und führt auch in der Sache zum Erfolg, da die in der Zwischenverfügung aufgeführten Beanstandungen nicht berechtigt sind und deshalb der begehrten Eintragung nicht entgegen stehen.
§ 49 GBO sieht vor, dass Dienstbarkeiten und Reallasten als Leibgedinge, Leibzucht, Altenteil oder Auszug im Grundbu...