Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Notar den Widerruf einer Anweisung gemäß § 54c Abs. 1 BeurkG zu beachten hat.

Die Unbeachtlichkeit des Widerrufes einer Anweisung setzt das Bestehen einer Amtspflicht gegenüber einem Dritten (im Sinne einer vom bzw. von den Anweisenden verschiedenen Person) voraus, die der Notar bei Beachtung des Widerrufes verletzen würde.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 23.07.2009; Aktenzeichen 84 T 119/09)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des LG Berlin vom 23.7.2009 (Az.: 84 T 119/09) abgeändert und der Notar A. G. in B.unter Aufhebung des Vorbescheides vom 3.11.2008 angewiesen, den bei ihm auf Notaranderkonto zugunsten des Beschwerdeführers geführten Betrag von 20.000 EUR zzgl. aufgelaufener Zinsen an den Beschwerdeführer auszuzahlen.

Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 20.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer verkaufte mit von dem hier beteiligten Notar beurkundeten Vertrag vom 2.7.2008 an die Beschwerdegegnerin ein in I. gelegenes, mit Wohngebäuden bebautes Grundstück. Der über Anderkonto des Notars abgewickelte Kaufpreis wurde nach Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen bis auf einen Restbetrag von 20.000 EUR an den Beschwerdeführer ausgekehrt.

Nachdem die Gemeinde I. vom Beschwerdeführer die Schlussabnahme von im Jahre 1991 erfolgten Baumaßnahmen zur Umstellung der Entwässerungsanlage des Kaufgrundstückes sowie die Durchführung hierfür erforderlicher Restarbeiten forderte, wies der Beschwerdeführer - nach weiterem Schriftverkehr mit dem Beschwerdegegner - den Notar unter dem 30.7.2008 an, für noch auszuführende Schlussarbeiten eine Sicherheit von 20.000 EUR von dem auszukehrenden Kaufpreisteil einzubehalten und davon Rechnungen der beauftragten Firma zu begleichen. Nach Vorlage der Schlussabnahme bzw. Erledigung der Umstellung der Entwässerung sollte der Betrag an den Beschwerdeführer ausgekehrt werden. Der Notar vermerkte die Annahme des Treuhandauftrages und informierte hierüber die Beteiligten.

Nachdem die Gemeinde nach Eigentumsumschreibung mit ihrem Verlangen nach der Schlussabnahme der Entwässerungsanlage nunmehr an die Beschwerdegegnerin herangetreten ist und sich herausstellte, dass die Gemeinde die Durchführung umfangreicher Restarbeiten forderte, verlangte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 1.10.2008 sowie 22.10.2008 Auszahlung der restlichen 20.000 EUR und widerrief die Erklärung vom 30.7.2008 ggü. dem Notar. Die Beschwerdegegnerin trat dem Auszahlungsbegehren entgegen. Der Notar kündigte mit Vorbescheid vom 3.11.2008 an, dass er dem Auszahlungsbegehren nicht entsprechen werde.

Wegen der Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung des LG Berlin vom 23.7.2009 Bezug genommen.

Das LG Berlin hat die Beschwerde des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner weiteren Beschwerde.

II. Die zulässige weitere Beschwerde ist begründet.

1. Die weitere Beschwerde ist gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO, §§ 27, 29 FGG zulässig.

Vorliegend ist gem. Art. 111 FGG-Reformgesetz das FGG anzuwenden, weil die Beschwerde vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetz am 1.9.2009 erhoben worden ist.

Soweit die Beschwerdegegnerin die Einhaltung einer Beschwerdefrist in Zweifel zieht, ist dies unerheblich. Die Rechtsbeschwerde ist vorliegend nicht an eine Frist gebunden (§ 15 Abs. 2 BNotO i.V.m. §§ 27, 29 FGG). Gemäß § 29 Abs. 2 FGG unterläge die Entscheidung des LG nur dann der sofortigen weiteren Beschwerde, wenn auch die Notarbeschwerde mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar wäre. Die Notarbeschwerde gem. § 15 Abs. 2 BNotO ist jedoch nicht fristgebunden.

2. Die landgerichtliche Entscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 54 Abs. 2 BeurkG, § 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).

Der Notar ist im vorliegenden Fall zur Auszahlung des restlichen, ursprünglich als Kaufpreis hinterlegten Teilbetrages i.H.v. 20.000 EUR nebst aufgelaufener Zinsen an den Beschwerdeführer verpflichtet, weil insoweit ein Verwahrungsverhältnis nicht mehr besteht (a) und der Notar weder gem. § 54c Abs. 1 BeurkG (b) noch aus § 54d BeurkG (c) zum Absehen von der Auszahlung berechtigt war. Der Notar war daher unter Abänderung der Entscheidung des LG zur Auszahlung anzuweisen.

a) Besteht ein Verwahrungsverhältnis nicht mehr, weil dieses infolge Erledigung erloschen ist, ist der Notar grundsätzlich zur Auszahlung des hinterlegten Betrages an den Berechtigten verpflichtet.

aa) Das ursprünglich zur Abwicklung des Kaufpreises bestehende Verwahrungsverhältnis auf der Grundlage der im Kaufvertrag vom 2.7.2008 an den Notar erteilten Verwahrungsanweisung ist beendet.

Die Auszahlungsvoraussetzungen aus dieser gemeinsamen Verwahrungsanweisung der Beteiligten im Kaufvertrag sind erfüllt. Dies steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Mit Eintritt der Auszahlungsreife war dieses mehrseitige Verwahrungsverhältnis beendet und der hinterlegte Kaufpreisbetrag wurde nur noc...

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