Leitsatz (amtlich)
1. Ein Rechtsmittel gegen die Ablehnung einer Prozesstrennung nach § 145 ZPO ist grundsätzlich nicht gegeben.
2. Auch wenn ausnahmsweise analog § 252 ZPO eine sofortige Beschwerde in Betracht käme, fehlte es im Fall der Insolvenz eines (einfachen) Streitgenossen (auf Beklagtenseite) i.d.R. im Hinblick auf die schon durch § 240 ZPO bewirkte Verfahrensaufteilung an einer aussetzungsgleichen Wirkung für den Kläger ggü. den übrigen Beklagten.
3. Auch der Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung steht dem nicht entgegen, wenn der Kläger ein rechtzeitiges Interesse an einer Teilkostenentscheidung hat.
4. § 240 ZPO untersagt die Anordnung einer Prozesstrennung nach § 145 ZPO, wenn diese – wie i.d.R. – auf Interessen des insolventen Streitgenossen beruht.
Normenkette
ZPO §§ 145, 240, 252, 567 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 01.10.2002; Aktenzeichen 16 O 64/01) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 16 des LG Berlin vom 1.10.2002 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 5.000 Euro zu tragen.
Gründe
I. Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, § 567 Abs. 1 ZPO.
1. Ein Rechtsmittel gegen die Anordnung oder Ablehnung einer Prozesstrennung nach § 145 ZPO ist grundsätzlich nicht gegeben (OLG München v. 15.6.1984 – 25 W 1873/84, MDR 1984, 946 = NJW 1984, 2227; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 145 Rz. 69; Baumbach/Albers, ZPO, 60. Aufl., § 567 Rz. 4).
a) Das Gesetz hat insoweit eine ausdrückliche Bestimmung nicht getroffen, § 567 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO.
b) Es ist auch keine (ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückweisende) Entscheidung i.S.d. § 567 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO gegeben.
Denn davon nicht erfasst werden Ablehnungen von Anordnungen betreffend das Verfahren, wenn diese imfreien Ermessen des Gerichts stehen und einen Antrag nicht erfordern (Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, § 567 Rz. 16; Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 567 Rz. 35), jedenfalls soweit nur Fragen der zweckmäßigen Verfahrensführung berührt sind.
Über eine Prozesstrennung nach § 143 ZPO entscheidet das Gericht nach freiem (dienstpflichtgebundenem) Ermessen von Amts wegen. Ein förmliches Antragsrecht sieht § 145 ZPO nicht vor; die Parteien können die von Amts wegen zu treffende Entscheidung des Gerichts nur anregen (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 145 Rz. 6). Diese Entscheidung unterliegt i.d.R. auch bloßen verfahrensrechtlichen Zweckmäßigkeitsüberlegungen.
2. Die sofortige Beschwerde könnte möglicherweise in Betracht kommen, wenn die Ablehnung einer Prozesstrennung i.E. auf eine Aussetzung hinauslaufen würde (dafür Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 145 Rz. 5) oder auf einen Stillstand des Verfahrens, § 252 ZPO in analoger Anwendung (Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 252 Rz. 1).
Vorliegend fehlt es aber schon an einem solchen Verfahrensstillstand oder einer aussetzungsgleichen Wirkung.
a) Dass die Insolvenz der Beklagten zu 3) gem. § 240 ZPO zur Unterbrechung des Verfahrens dieser ggü. geführt hat, stellt die Klägerin nicht in Abrede und insoweit begehrt sie – ggü. dem Verfahren bezüglich der Beklagten zu 3) – auch keine Besserstellung durch eine Prozessabtrennung. Hinsichtlich der Beklagten zu 3) bleibt der Klägerin ein Vorgehen nach den Vorschriften des Insolvenzverfahrens, § 240 ZPO.
b) Da die Unterbrechung nach § 240 ZPO – mangels notwendiger Streitgenossenschaft – nur ggü. der Beklagten zu 3) wirkt (OLG Schleswig SchlHA 1985, 155; Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 240 Rz. 8; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rz. 7), kann das Verfahren gegen die übrigen Beklagten weiter betrieben werden.
Soweit im vorliegenden Verfahren nach den vorangegangenen Teilurteilen nur noch eine Kostenschlussentscheidung zu treffen sein sollte, steht einer Kostenteilentscheidung bezüglich der Beklagten zu 1) und 2) der Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung bei einer Streitgenossenschaft nicht zwingend entgegen.
Dieser Grundsatz gilt nicht ausnahmslos. So kann bei einem berechtigten Interesse des Klägers, das er darzulegen hat (BGH AnwBl. 1991, 53; OLG Zweibrücken, JurBüro, 1983, 1881; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 100 Rz. 2), ausnahmsweise eine vorgezogene Teilkostenentscheidung geboten sein, etwa bei einer drohenden Verarmung des Zahlungspflichtigen (BGH NJW 1960, 484; OLG München NJW 1969, 1123; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 100 Rz. 2) oder – weiter gehend – soweit die Teilkostenentscheidung vom Ausgang des Rechtsstreits unabhängig ist (BGH v. 25.1.2001 – V ZR 22/00, MDR 2001, 596 = BGHReport 2001, 441 = NJW-RR 2001, 642; Baumbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 301 Rz. 19), Beides kommt hier nach dem Vortrag der Klägerin in Betracht. Auch die Klägerin sieht dies so.
c) Eine Kostenteilentscheidung bedarf hier auch keiner vorherigen Prozesstrennung nach § 145 ZPO.
aa) Gegenüber der Beklagten zu 1) folgt dies schon daraus, dass mit dem gegen sie erlassenen Teilurteil vom 31.7.2001 eine Aufteilung des Rechtsstreits – in der Hauptsache und im Verhältni...